Kritik an Sparpolitik des Wetteraukreises
Im Wetteraukreis ist vor lauter Sparen die Sozialpolitik vergessen worden, meint das Wetterau Bündnis für Soziale Gerechtigkeit, dem 20 Organisationen angehören: Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Vereine. Auch Sozialausgaben müssen einer Analyse von Kosten und Nutzen unterzogen werden, meint der Wetterauer Sozialdezernent Helmut Betschel (Grüne).
Armut nimmt zu
Immer mehr Menschen im Kreis können nicht von ihrer Alters- oder Erwerbsminderungsrente leben. Auch die Zahl der „Aufstocker“ habe trotz wirtschaftlich guter Zeiten zugenommen, stellt das Bündnis fest. „Aufstocker“ sind Arbeitnehmer, die nicht von ihrer Arbeit leben können und auf staatliche Leistungen angewiesen sind. Im Sozialbericht des Wetteraukreises komme Armut nicht vor, kritisiert das Bündnis.
Eine falsche Entscheidung des Kreises war, die Bezirksfachstellen der Jugendhilfe in Nidda, Butzbach, Bad Nauheim und Bad Vilbel zu schließen, meint das Bündnis. Mietkosten zu sparen sei zu kurz gedacht. Eine gute Ansprechbarkeit und Präsenz vor Orte helfe den Familien und spare letztlich eine mehrfaches an Kosten.
Erziehungsberatung geschwächt
Weiter führt das Bündnis an, dass die Erziehungsberatungsstelle erheblich geschwächt wurde, weil eine halbe Stelle „Erzieherischer Jugendschutz“ einer Wiederbesetzungssperre zum Opfer gefallen sei. Es sei nicht zu erkennen, wo der Kreis die präventive Sozialpolitik besonders gefördert habe. Die Frühen Hilfen würden fast komplett aus dem Landeshaushalt finanziert. Der Ausbau der Schulsozialarbeit komme nicht voran, weil der Kreis auf einer Drittelfinanzierung von Kreis, Kommunen und Land bestehe, das Land aber kein Interesse an einer Beteiligung zeige. „Der Kreis hat sich durch seine Forderung nach einer Drittelfinanzierung selbst Handschellen angelegt“, erklärt das Bündnis.
Sozialpolitik 2016 funktioniert anders
Heutzutage reiche es nicht, dass man etwas Gutes tun wolle und dafür möglichst viel Geld in die Fläche schütte, entgegnet Sozialdezernent Betschel. „Der mühsam erreichte Haushaltsausgleich mit dreimaligem Haushaltsüberschuss in den Jahren 2013, 2014 und 2015 und einem ausgeglichenen Haushaltsentwurf 2016 kann schnell wieder in den Sand gefahren werden, wenn planlos Geld ausgegeben wird“, erklärt der Grünen-Politiker. Sozialpolitik des Jahres 2016 funktioniere anders als in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Sozialpolitik und die Ausgaben dafür müssten sich – wie Ausgaben für andere Bereiche auch – einer Analyse von Kosten und Nutzen unterziehen. Als Beispiel führt er an, dass es bei der Ausschreibung von öffentlichen Aufträgen, trotz detaillierter Leistungsverzeichnisse, eklatante Unterschiede bei der Preisgestaltung gebe. Das habe nicht selten damit zu tun, dass Bewerber um die Aufträge Verwaltungskosten mit einpreisen würden, die mit der Dienstleistung nicht zu tun hätten.
Sozialbudget ist gestiegen
Absurd sei der Vorwurf, die Sozialpolitik werde in der Wetterau kaputtgespart. Das Budget „Soziale Leistungen“ im Kreishaushalt sei von 50,3 Millionen Euro 2014 auf über 52,6 Millionen Euro vergangenen Jahr und prognostizierten 61,1 Millionen Euro im laufenden Jahr gestiegen. Bei der Kinder- und Jugendhilfe sei das Budget im selben Zeitraum von 40,3 Millionen über 44,4 Millionen auf 49,5 Millionen Euro angewachsen. Der Kreis habe sich für eine Konzentration von Außenstellen entschieden, weil die nicht nur unökonomisch, sondern oft auch nicht in der Lage gewesen seien, besondere Beratungsangebot vorzuhalten, so Betschel.
In dem Artikel reden zwei Akteure aneinander vorbei. Das Bündnis mit seiner Kritik an der Sozialpolitik und der Dezernent Betschel, der in seinen zitierten Repliken überhaupt nicht auf die Kritik des Bündnisses eingeht. Statt dessen der Vorwurf an das Bündnis „gestrig“ zu sein. Irgendetwas läuft schief!