Kein Geld für Besucherzentrum
Zu der Präsentation des Buches „Waldgirmes – Die Ausgrabungen in der spätaugusteischen Siedlung von Lahnau-Waldgirmes (1993-2009)“ war eingeladen worden. Doch dieses Buch – beileibe kein unwichtiges – war an diesem Abend zunächst nicht das Wichtigste.
Römer in Waldgirmes
Denn am Anfang war das Geld. Und zwar das, was es nicht gibt. Der Förderverein Römisches Forum Waldgirmes verzichtet erst einmal auf 200 000 Euro Fördergelder für das geplante Besucherzentrum am historischen Gelände in Waldgirmes. Mit dieser nicht gerade erquicklichen Botschaft begrüßte Wilfried Paeschke, der Vorsitzende des Vereins, das Publikum im Bürgerhaus in Lahnau-Dorlar. Der Verein habe gegenüber dem Lahn-Dill-Kreis erklärt, auf die EU-Fördermittel verzichten zu müssen, weil andere „eingeplante“ Förderer ihre Unterstützungszusagen bisher nicht eingelöst hätten. Damit meinte der Vorsitzende das Land Hessen. Hat er aber nicht gesagt.
Mit den Zusagen der EU-Mittel waren Fristen zur Realisierung des 600 000 Euro teuren Projekts verbunden. Diese kann der Verein nun nicht einhalten. Daher der vorläufige Verzicht und die Verschiebung des Vorhabens in das nächste Jahr. Das Besucherzentrum soll kein Museum, sondern ein Informationszentrum sein.
In seinem Auftakt bei der Buchvorstellung, zu der auch Siegmar von Schnurbein, Nestor der deutschen Archäologie, gekommen war, vergaß Vorsitzender Paeschke auch den Pferdekopf nicht. „Wir wären so glücklich ihn endlich von Angesicht zu Angesicht sehen zu können.“ Das ging auch an die Adresse des Landes. Vor dem Landgericht Limburg müssen sieben Jahre nach der Entdeckung die Eigentumsverhältnisse des Kopfes geklärt werden: zwischen dem Land Hessen und dem Grundstückseigentümer auf dessen Acker das Stück gefunden wurde.
Warum das römische Forum in Waldgirmes ein so wichtiger Ort ist, das erläuterte Kai Ruffing von der Universität Kassel in seiner Laudatio zur Erstpräsentation des Werkes von Gabriele Rasbach und Armin Becker. Die beiden Archäologen, die die Ausgrabungen leiteten, haben zusammen mit einem Dutzend Autoren auf über 500 Seiten und einem Beilagenband alle Ergebnisse und Aspekte der „Keimzelle einer römischen Stadt“ zusammengetragen. Ob es dabei um Bodenverfärbungen, Spitzgräben, Löcher von Pfosten, Metallschlacken, Keramik, Gemmen oder Kupfermünzen geht. Und natürlich auch um den vergoldeten Pferdekopf aus Bronze. Die Reiterstatue, zu der der Kopf einst gehörte, so Professor Ruffing bei seiner Würdigung, habe einen imperialen Anspruch erhoben. Das Kaiserbildnis sei ein Symbol gewesen, diesen Raum hier herrschaftstechnisch einzunehmen.
Jetzt müsste man noch die Römerstraße finden
„Die Entdeckung und Ausgrabung von Waldgirmes haben den Blick auf die römische Germanienpolitik und die römische Präsenz rechts des Rheins auf eine völlig neue Grundlage gestellt“, unterstrich der Historiker. Er attestierte der Publikation „Erkenntnisgewinn“ mit „vorsichtigen Schlussfolgerungen“ und wünschte sich für die Zukunft von Waldgirmes die Entdeckung einer römischen Brücke, einer Römerstraße oder eine römische Anlegestelle an der Lahn.
Die beiden Archäologen selbst betrachten das Buch als „wissenschaftlichen Rechenschaftsbericht“. Sie erwägen, möglicherweise auch eine populärwissenschaftliche Fassung zu erstellen.
Lahnaus Bürgermeister Eckhard Schultz hatte an diesem Abend auch einen Wunsch. Er wünscht sich mehr Begeisterung für das Römerforum von Lahnaus Bürgern. „Wenn das Interesse von außen größer ist als die Begeisterung vor Ort“, dann werde es mit Blick auf die möglichen Förderer schwierig, Unterstützung einzuwerben.
Armin Becker / Gabriele Rasbach, Waldgirmes. Die Ausgrabungen in der spätaugusteischen Siedlung von Lahnau-Waldgirmes (1993-2009). 1. Befunde und Funde. Römisch-Germanische Forschungen 71 (Darmstadt 2015).
Verlag Philipp von Zabern in Wissenschaftliche Buchgesellschaft/ ISBN: 978-3805349680/ 129 Euro