Kalbitz bewegt auch Wetterauer AfD
Von Klaus Nissen
„Der Kreisverband steht an der Seite von Andreas Kalbitz“. Diese Botschaft erschien am 16. Mai 2020 Woche auf der Facebookseite der Wetterauer AfD, garniert mit dem Konterfei des rechtsextremen Anführers der brandenburgischen AfD-Landtagsfraktion. Kurz zuvor hatte der Parteivorstand mit knapper Mehrheit die Parteizugehörigkeit von Kalbitz annulliert. Nun streitet die Partei auch in der Wetterau darüber, wie rechts sie sein will. Auf ihrer Facebookseite waren alle 130 Mitglieder des Kreisverbandes kurzerhand zu Sympathisanten der „Flügel“-Galionsfigur Kalbitz erklärt worden. Wer den Beitrag verfasste, ist unklar. Inhaltlich verantwortlich für die Seite ist der AfD-Kreissprecher und Landtagsabgeordnete Andreas Lichert. Doch es gab Widerspruch.Richtungsstreit bei AfD
In der Kommentarspalte forderte der Bad Vilbeler Michael Kuger die Löschung des Pro-Kalbitz-Beitrags. Der Vorsitzende der zehnköpfigen AfD-Kreistagsfraktion merkte an: Es habe keinen Beschluss gegeben, die Wetterauer AfD auf die Seite des rechten Parteirandes zu stellen. Inhaltlich kritisierte Kuger in seinem Kommentar den „Flügel“-Mann Kalbitz – weil er „mutwillig und sogar systematisch in der AfD und in ihrem Umfeld darauf hinarbeitet und Gründe liefert, um die Partei leichtfertig als rechtsextreme Organisation abstempeln zu können.“
Es gibt noch keine Position des Kreisverbandes in Sachen Kalbitz-Rauswurf, teilte Andreas Lichert gestern auf Anfrage mit. Deshalb sei der Beitrag auch wie von Kuger gefordert gelöscht worden. Licherts persönliche Meinung zum Streit um Kalbitz: „Internes Gezänk lenkt immer vom politischen Gegner ab und bindet Energie und Ressourcen, die wir an anderer Stelle dringend brauchen.“ Zum Beispiel, um das Bundesverfassungsgericht gegen Angriffe von EU-Politikern zu verteidigen. Das höchste Gericht hatte die Europäische Zentralbank aufgefordert, ihre Legitimation für die lockere Geldpolitik erläutern. Lichert: „Dass sich in dieser Situation Teile der Parteispitze lieber mit internen Machtkämpfen beschäftigen oder einer Gefallsucht bei Medien und politischem Establishment erliegen, enttäuscht mich und viele Mitglieder sehr.“
So kommt von Lichert keinerlei Kritik am rechtsextremen Kurs seines gefeuerten Ex-Parteifreundes Andreas Kalbitz. Auch der ebenfalls im Landtag sitzende AfD-Landessprecher Klaus Herrmann aus Butzbach sagt auf Anfrage nichts über seine Haltung zum rechten Rand der Partei. Auf der Facebookseite des Kreisverbands steht seit Tagen ein Video des Kalbitz-Gesinnungsfreundes und Thüringer AfD-Führers Björn Höcke. Darin wirft er der Parteiführung um Jörg Meuthen vor, sie wolle den rechten Flügel abstoßen, um die AfD zur „Mehrheitsbeschafferin“ für die CDU zu machen. Ernst blickend sagt Höcke in die Kamera: „Die Spaltung und Zerstörung unserer Partei werde ich nicht zulassen.“
Die Wetterauer AfD hatte Björn Höcke schon 2016 einen Auftritt in Büdingen ermöglicht, erinnert Andreas Balser vom Verein der Antifaschistischen Bildungsinitiative (Antifa-BI). Und der AfD-Kreissprecher Lichert sei auch als Führungsfigur im neurechten „Institut für Staatspolitik“ zum Gesicht der extremen Rechten geworden. Am Ende werden Lichert und seine Gesinnungsfreunde den Richtungsstreit innerhalb der AfD gewinnen, glaubt Balser. Von der NPD sei die AfD „in vielen Punkten nicht mehr unterscheidbar.“