SPD sieht Postengeschacher
Im Vorfeld der konstituierenden Sitzung des Bad Nauheimer Parlaments am Donnerstag, 28. April 2016 (19.30 Uhr, Trinkkuranlage), gibt es Reibereien um vermeintliches Postengeschacher. Die SPD ist verärgert, wie die neue Koalition aus FW/UWG und CDU die Legislaturperiode eröffnet: Sie verkleinere die parlamentarischen Ausschüsse, was ausschließlich zu Lasten der Opposition gehe, und vergrößere gleichzeitig den Magistrat, um die Christdemokraten mit Stadtratsposten zu versorgen. Die Bürger komme das teuer. „Völliger Quatsch“, entgegnet die CDU.
Bemerkenswerter Paukenschlag
Axel Bertrand, Fraktionschef der SPD, und Stadtverordneter Sinan Sert bezeichnen das Vorgehen von FW/UWG und CDU als „bemerkenswerten Paukenschlag“. Bertrand: „Auf Kosten der Demokratie richtet man sich auf kommodes Regieren ein.“ Laut Sert will die Koalition alle Ausschüsse verkleinern – von bislang elf, beziehungsweise dreizehn Personen auf zehn Mitglieder. Auf den ersten Blick könne dieser Schritt als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung gesehen werden, faktisch beschränke sich die Ersparnis aber nur auf wenige tausend Euro jährlich. „Es geht dabei offensichtlich um mehr“, ist Sert überzeugt. Die Balance der Mehrheitsverhältnisse verschöbe sich durch die Verkleinerung klar zugunsten der Koalition, „die Opposition verlöre deutlich an Einfluss“, sieht auch Sert ein Streben nach „bequemem Durchregieren“. Sehr bedenklich sei ferner die Schaffung eines zusätzlichen Magistratspostens, der der CDU zufallen soll. Wie Eingeweihte wüssten, schwele unter den Christdemokraten seit geraumer Zeit ein Streit um diese Posten – nun solle wohl jeder bekommen, was er sich wünscht. „Eine Ohrfeige für die Bürger“, beziffert der Sozialdemokrat das „Postengeschacher“ auf mehrere tausend Euro pro anno, die der Steuerzahler tragen müsse.
Postengeschacher um Parlamentsvorsitz
Wie dem Neuen Landboten aus informierten Kreisen zugetragen wurde, hat die FW/UWG der CDU den zusätzlichen Stadtratsposten zugestanden, damit die Freien Wähler mit Gerhard Hahn aus dem Rosendorf Steinfurth den Parlamentschef stellen dürfen. Das sei nicht nachvollziehbar, findet unser Gesprächspartner, denn es stehe der FW/UWG als stärkster Fraktion ohnehin zu. Auf Anfrage erklärt dazu der Fraktionsvorsitzende der CDU, Manfred Jordis: „In den ersten Gesprächen hat uns die FW/UWG den Stadtverordnetenvorsteher angeboten.“ Die CDU sei überrascht gewesen, habe sich intern Gedanken gemacht. Anschließend habe die FW/UWG aber einen Rückzieher gemacht und die Position nun doch für sich beansprucht. „Das ist ihr gutes Recht, sie sind die stärkste Fraktion und wir haben es anfangs nie anders gesehen. Wir unterstützen Herrn Hahn auch“, sagt Jordis. Das zusätzliche Magistratmitglied sei aus ganz anderem Grund erforderlich – damit FW/UWG und CDU mit jeweils drei Stadträten auf Augenhöhe agieren können. „Unsere Fraktionen sind fast gleich groß und stehen ebenfalls auf Augenhöhe, also ist das folgerichtig. Dass für den zusätzlichen Stadtrat mehrere tausend Euro anfallen, ist an den Haaren herbeigezogen“, versichert Jordis. Die Verkleinerung der Ausschüsse bringe vergleichsweise mehr Geld ein. Die Gremien könnten verkleinert werden, da das Bürgerbündnis 3B nicht mehr vertreten ist, für das die Ausschüsse erst vor einem Jahr vergrößert worden seien, als 3B Fraktionsstatus erlangte. „Solche Riesenausschüsse sind nicht nötig; es müssen nicht alle mit der halben Fraktion dasitzen“, betont Jordis. Eine Anpassung der Ausschüsse nach Wahlen sei etwas Normales – auch, dass sich eine Koalition dafür entscheide, mehrheitsfähig agieren zu können. Jordis: „Jede Fraktion ist vertreten, anders als in Gemeinden wie Wöllstadt – der Demokratie ist Rechnung getragen.“
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