CDU-Frau verlässt Partei
Paukenschlag in der Bad Nauheimer Politik: Petra Michel, einer der führenden Köpfe der Kurstadt-CDU, ist aus der Partei ausgetreten. Ihr Mandat im Stadtparlament will sie allerdings behalten. Als Grund gibt Michel Animositäten an, die ihr innerhalb des Stadtverbands und der Fraktion entgegengebracht worden seien. Die Bad Nauheimer CDU-Vorsitzende Annette Wetekam bedauert die Kündigung, will auf Einzelheiten weitestgehend aber nicht eingehen.
Ärger für Petra Michel beginnt mit Weinfest
„Es hat sich in den letzten zwei Jahren entwickelt“, sagt Petra Michel zu dieser Zeitung. Auf dem Weinfest der CDU, das Michel 2018 mit neuer Konzeption organisierte, sei es zu verschiedenen Vorfällen gekommen. Zunächst seien es wenige, allerdings tonangebende Mitglieder der Jungen Union (JU) gewesen, die gegen sie gearbeitet, sie boykottiert und behindertenfeindlichen Sprüchen ausgesetzt hätten. Wie sie nach dem Fest erfahren habe, sei ihr Einsatz in der Partei schlechtgeredet worden. „Finanzielle Absprachen hat die CDU nicht eingehalten“, schildert sie.
Wurm drin
Ab diesem Zeitpunkt sei der Wurm drin gewesen. Ton, Umgangsformen und fehlende Anerkennung hätten ihren Anforderungen an eine sinnvolle und konstruktive Diskussion widersprochen. Dies gelte für Stadtverband und Fraktion gleichermaßen.
Vorsitzenden mit verhindert
Eine Zäsur sei auch gewesen, als letztes Jahr ein neuer Vorsitz gewählt werden sollte: Gemeinsam mit einigen Parteikollegen habe sie die Wahl eines Kandidaten verhindert. Dies hätten ihr die Personen übelgenommen, die den Bewerber protegierten. „Danach hatte ich das Gefühl, dass – egal, was ich in der Fraktion gesagt habe – es nicht mehr gut aufgenommen wurde“, berichtet sie. Sie sage nicht immer „Ja und Amen“, was nicht alle Parteikollegen und -kolleginnen wertgeschätzt hätten. „So etwas entspricht nicht meiner Denkweise, denn verschiedene Meinungen sind eine Bereicherung“, unterstreicht Petra Michel. Verschiedene weitere Ereignisse hätten den Ausschlag für ihren Entschluss gegeben, den sie als „Heidenschritt“ bezeichnet. Einige Mitglieder der Bad Nauheimer CDU schätze sie nach wie vor, stehe mit ihnen in freundschaftlicher Verbindung.
„Keine schmutzige Wäsche waschen „
Da sie nach immerhin 38 Jahren die Partei verlasse, wolle sie ehrlich sein und den Konflikt nicht unter den Teppich kehren. „Schmutzige Wäsche werde ich aber nicht waschen“, betont sie. Wie es im Stadtparlament für sie weitergeht, weiß die „Sozi-Öko der CDU“ noch nicht. Petra Michel will ihr Mandat behalten, „ich wurde vom Bürger gewählt“, sagt sie. Ein Austritt aus der CDU sei in der Regel allerdings gleichbedeutend mit einem Verlassen der Fraktion. Das könnte auch bedeuten, den Vorsitz des Sozialausschusses zu verlieren. „Ich fühle mich diesem Ausschuss sehr verbunden und würde das gern weitermachen. Im Sozialbereich werde ich immer aktiv sein. Ich bin seit 20 Jahren Sozialausschuss-Vorsitzende und es täte mir schon weh, das aufgeben zu müssen.“
Petra Michel ist breit aufgestellt
Inhaltlich sieht sich Petra Michel breit aufgestellt. Neben dem sozialen Gebiet sei sie im Finanz-, Bau- und Thermalbadbereich eingearbeitet. „Wenn ich den Mund aufmache, habe ich mich vorbereitet und weiß, wovon ich rede. Ich habe immer den Haushalt gelesen und kannte ihn auswendig. Der frühere Bürgermeister Armin Häuser hat mich mal als ‚Haushalts-Taliban‘ bezeichnet“, schmunzelt sie.
Vereine treten an sie heran
Nachdem ihr Austritt bekannt wurde, habe sie viele Anrufe erhalten, darunter Vereinsvertreter, die ihr gesagt hätten: „Wir brauchen immer Leute.“ Fühler in eine andere Partei habe sie aber noch nicht ausgestreckt.
Annette Wetekam bedauert Kündigung
Vorsitzende Annette Wetekam kommentiert den Austritt auf Anfrage: „Zunächst möchte ich mein Bedauern über die Kündigung der Mitgliedschaft von Petra aus unserer Bad Nauheimer CDU zum Ausdruck bringen. Wir sind ihr für jahrzehntelanges Engagement für die Menschen und die Partei in unserer Stadt sehr dankbar.“
Letztlich sei es aber wie in jeder funktionierenden Organisation: Jedes Mitglied habe Rechte und Pflichten, um die Gemeinschaft als Ganzes dauerhaft tragfähig zu halten. Bei wiederholt anhaltender Nichteinhaltung der Pflichten wechsle das Mitglied irgendwann in den Zustand der „ruhenden Mitgliedschaft“, was automatisch zu einer Einschränkung der Rechte führe. So auch im Fall von Petra Michel.
„Mandat behält sie“
Auf Einzelheiten will Annette Wetekam nicht eingehen. „Letztlich hat sie ihre Entscheidung getroffen, die wir respektieren.“ Was die Nachbesetzung der Ämter von Michel betrifft, werde sich die CDU in der nächsten Fraktionssitzung nach den Ferien am 17.8. beraten und entscheiden. „Ihr Mandat als Stadtverordnete behält sie, da direkt gewählt.“ Die Christdemokraten wünschten Michel und ihrer Familie alles Gute auf ihrem weiteren Lebensweg, vor allem Gesundheit und Zufriedenheit.
Michel weist Vorwurf zurück
Petra Michel kontert: Die CDU schulde ihr Geld, weshalb sie sich an einen Anwalt gewandt habe. Jener habe ihr vorgeschlagen, ihren Mitgliedsbeitrag 2019/20 gegenzurechnen. „Von Nichteinhaltung meiner Pflichten kann keine Rede sein – im Gegenteil“, betont die langjährige Kommunalpolitikerin.
Zur Person Petra Michel
Petra Michel ist seit 20 Jahren Vorsitzende des städtischen Sozialausschusses, sie war Vorstandsmitglied des Stadtverbands, zudem an der Spitze des Kernstadt-Ortsverband der Christdemokraten. Beruflich ist sie medizinisch-technische Angestellte für Mikrobiologie, absolvierte kürzlich zudem ein Fernstudium für Bäderbetriebsmanagement. Sie ist Vorstandsmitglied des Fördervereins Hospiz in der Wetterau . Unlängst machte sie von sich reden, als sie gemeinsam mit Mitstreiterinnen monatelang Gesichtsmasken nähte und zugunsten des Fördervereins auf dem Markt verkaufte.