Ein Bürgermeister der Herzen
Bernd Witzel, der frühere Bad Nauheimer Bürgermeister, ist gestorben. Das macht die Menschen in der Region traurig. Eine großartige, spannende und sehr engagierte Persönlichkeit war er, ein Schaffer und Macher. Er hatte das Herz auf dem rechten Fleck und wirkte hingebungsvoll für die Stadt. Am Sonntag starb er im Alter von 76 Jahren, er hinterlässt seine Partnerin Margrit, die Söhne Marco, Christoph und seine Enkel. Ein Nachruf.

Als Zweiten Stadtrat kennengelernt
Zum ersten Mal traf ich Bernd Witzel im Mütter- und Familienzentrum, damals war ich noch nicht für die Zeitung aktiv. Das Vorstandsteam saß mit ihm und seiner 2008 verstorbenen Frau Doris im Freien. Es ging um die Kooperation zwischen Stadt und Müfaz; Herr Witzel war seinerzeit noch Zweiter Stadtrat und städtischer Sozialdezernent. Es war ein Ressort, das ihm sehr am Herzen lag. In dieser Periode initiierte er kurz zuvor auch den Weinberg auf dem Johannisberg: Gegen Widerstände zunächst, die ihn aber nicht bremsten. Der Erfolg gab ihm recht.
Pressetermine im Rathaus
Später als Reporterin hatte ich immer wieder mit ihm zu tun, Herr Witzel war für mich als Journalistin eine prägende Figur. Ich war angetan von ihm und seiner natürlichen, authentischen und charismatischen Art. Temperament- und gefühlvoll, zugänglich und manchmal aufbrausend war er. Er war beliebt und respektiert bei den Bürgerinnen und Bürgern.
Bad Nauheim blüht auf
In seine Amtszeit als Stadtoberhaupt fiel die Landesgartenschau 2010. Es war die Zeit, in der Bad Nauheim wieder aufblühte und sich das einstige Weltbad-Flair wieder durchsetzte.

„Was halten Sie von der Baustelle?“
Er war spontan und sagte stets, was er dachte. Einmal waren Bauarbeiten in der Parkstraße und ich musste eine Umfrage unter den Einzelhändlern machen: „Was halten Sie von der Baustelle?“ Sie hielten nichts davon, zumindest während der Arbeiten. Anschließend lobten alle Menschen die wunderschöne Parkstraße. Nach meinem Bericht mit den kritischen Stimmen war Herr Witzel, der mittlerweile Bürgermeister war, nicht gut auf mich zu sprechen.
Ein versöhnlicher Typ
Man merkte ihm so etwas gleich an, aber er war auch schnell wieder versöhnt. Man sprach ihn an: „Ist irgendetwas? Habe ich Sie verärgert?“ Schon war der Groll vergessen.

Zielstrebig und talentiert
Er ließ sich nichts gefallen. In die Politik trat er ein, als die Stadt einen Supermarkt in Nieder-Mörlen genehmigte und er drei Jahre später sein Lebensmittelgeschäft deshalb schließen musste. Sein Lehrer empfahl ihn der UWG, heute die Freien Wähler: »Ich habe einen jungen, zielstrebigen und talentierten Mann. Aber Vorsicht: Er ist hitzköpfig.«
Ins Stadtparlament gewählt
Wundervoll war, als die Bürgerinnen und Bürger ihn 2016 wieder ins Stadtparlament wählten, obwohl er auf einem der hintersten Listenplätze angetreten war. Die Menschen wollten ihn und er folgte ihrem Ruf.

Ein Macher und Schaffer
Er wurde sehr krank. Im Bürgermeister-Wahlkampf 2011 war er noch fit wie ein Turnschuh gewesen, als er Marmelade kochte und sich dabei für die Wetterauer Zeitung interviewen ließ. Und auch später noch jahrelang. Immer am Werkeln, Tun und Machen. Sein Garten war eine Augenweide, er konnte Klavier spielen, interessierte sich für Geschichte und betrieb eine Kulturscheune. 2021 zog er sich von seinen politischen Ämtern zurück.
Weinfreundehaus heißt nach ihm
Im Oktober letzten Jahres benannten die Weinfreunde ihr Vereinshaus nach ihm. Es steht auf dem Johannisberg. Von dort hat man eine schöne Sicht – über die Stadt, für deren Wohl er sich so erfolgreich einsetzte.
Ruhen Sie in Frieden, Bernd Witzel.