Märchenhafter Abend

Geheimnisvolle Geschichten

Von Jörg-Peter Schmidt

Es war ein Abend zum Träumen und Innehalten: Nicht alltägliche spannende, geheimnisvolle und auch witzige Geschichten erzählten  die Schriftstellerin, Illustratorin, Fotografin und Filmemacherin Hanna Rut Neidhardt (Frankfurt/Main) sowie der Journalist und Buchautor Vougar Aslanov, der aus Aserbaidschan stammt und in Deutschland lebt, in der Phantastischen Bibliothek Wetzlar.

Grillwurst liebt Schokobanane

Bereits zum Auftakt der Veranstaltung im Rahmen der Wetzlarer Kunst- und Kulturtage zog Hanna Rut Neidhardt die Zuhörerinnen und Zuhörer mit ihren Märchen, die sie aus dem Kopf heraus vortrug, in ihren Bann. Während sie „auf leisen Sohlen“ hin- und herlief, plauderte sie über allerlei Aufregendes, das sich auf Bauernhöfen oder in magischen Welten abspielt. In den miteinander verwobenen Geschichten tauchten einige Wesen immer wieder auf: beispielsweise eine Violine spielende Kuh. Niemals wirkte das, was die Künstlerin frei erzählte und lustig war, lächerlich: Selbst dann nicht, wenn sie über die Liebe zwischen „einer Grillwurst und einer Schokobanane“ berichtete. Neidhardt, die unter anderem für den „Kunstverein Familie Montez“ (Frankfurt/Main) publiziert, untermalte ihre Schilderungen aus dem Reich der Phantasie mit allerlei Geräuschen: etwa dem Singen und Schwingen klirrender Gläser, die sie antippte. Oder auch der zauberhaften Musik aus einer Minidrehorgel.

Hanna Rut Neidhardt untermalte ihre Märchenerzählungen mit allerlei Geräuschen, beispielsweise dem Singen und Klirren von Gläsern, die sie antippte. (Fotos: Jörg-Peter Schmidt)

Sagen aus Aserbaidschan

Vougar Aslanov las aus seinem Buch vor, in dem er Sagen und Legenden aus Aserbaidschan gesammelt hat.

Neugierig waren die Zuhörer auch auf die Sagen aus Aserbaidschan, die Vougar Aslanov gesammelt und einem Buch zusammengefasst hat. Der Schriftsteller, der sich für eine internationalem kulturellen Austausch seines Heimatlandes mit anderen Nationen (auch mit Deutschland) einsetzt, erzählte zunächst die Legende „vom Mädchenturm“. Das Gebäude gibt es tatsächlich in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans am Kaspischen Meer. Die Überlieferungen besagen, dass sich ein Schah in eine ihm zufällig begegnete wunderschöne Frau verliebte, die aussah wie seine verstorbene Gemahlin. Sie war jedoch seine Tochter, die der Herrscher einst töten lassen wollte, weil seine Ehefrau bei der Geburt des Mädchens gestorben war. Bedienstete hatten das Kind jedoch heimlich vom Hof geschmuggelt. Der Schah konnte nicht davon abgehalten werden, in seiner jetzt erwachsenen Tochter seine ehemalige Gattin „wiederzusehen“. Er war nicht davon abzubringen, die junge Frau heiraten zu wollen. Diese war schließlich so verzweifelt, dass sie sich von dem Turm am Meer zu Tode stürzte, dessen Bau sie sich von ihrem Vater gewünscht hatte. Ihre erwiderte Liebe galt einem jungen Fischer…

Vougar Aslanov hat zur Veröffentlichung diese Zeichnung von E. Kaempfer zur Verfügung gestellt, die das alte Baku im 17. Jahrhundert zeigt: Vorn der Mädchenturm, den es auch heute noch gibt.

Eher zum Schmunzeln war die zweite Geschichte: Es geht um einen Friseur, der Alexander dem Großen die Haare schneidet und dabei entdeckt, dass der berühmte Feldherr auf dem Kopf ein „Hörnchen“ hat. Das Geheimnis soll der Barbier selbstverständlich für sich behalten. Das gelingt ihm nicht ganz – aber es kommt dennoch zu einem Happy End.

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