Klimawandel

Ahrweiler und Euböa bald überall

Von Dietrich Jörn Weder

Es ist, als ob eine unsichtbare Hand auf dem Welttheater Regie führen würde. Zuerst vorher nie erlebte Wüstenglut-Temperaturen in West-Kanada, dann die viele in den Tod reißenden Sturzfluten im Ahrtal und im dritten Vorspiel die waldverzehrenden Brände auf der griechischen Insel Euböa. Dann, so vorbereitet und untermalt, der Auftritt des Welklimarats mit der Aussage, dass uns diese und ähnliche Wetter-Extreme künftig viel häufiger treffen werden und dass davon wahrscheinlich kein Winkel dieser Erde verschont bleibt.

Zehn Jahre Zeit für eine Jahrhundertaufgabe

Die Erderwärmung schreitet viel schneller voran als vor kurzem noch gedacht, so dass das in Paris vereinbarte Anderthalb-Grad-Limit für die Atmosphären-Aufheizung nicht erst 2040, sondern schon 2030 überschritten wird. Für die Jahrhundertaufgabe, den Klimawandel zu bremsen und auf diese Weise noch größeres Wetterunheil abzuwenden, blieben demnach nur noch zehn Jahre Zeit.

Nun kann man dem IPPC, dem Weltklimarat, glauben oder nicht glauben, aber die in ihm vereinigte Klimawissenschaft hat mit ihren Ein- und Abschätzungen in der Vergangenheit immer annähernd richtig gelegen. Allenfalls kann man diesem Gremium vorwerfen, dass es nicht schon viel früher „haltet den Dieb“ geschrien hat, aber da gab es Legionen von Verharmlosern, die Klimatologen zur Leisetreterei nötigten. Sie sollten jetzt Buße tun.

Tagen, tagen, nur nicht handeln!

Die Reaktion auf die frühen Warnungen der Wissenschaft ist eine Geschichte des Nicht-Wissen-Wollens und des Nicht-Einsehen-Wollens. Es ist nun nahezu dreißig Jahre her, dass die Nationen der Welt auf dem Erdgipfel in Rio – in meinem Beisein – das Weltklima zu stabilisieren beschlossen. Gehandelt wurde nicht danach. Die temperatur-bestimmenden Treibhausgas-Emissionen stiegen vielmehr seitdem Jahr für Jahr auf eine nie vorher verzeichnete Höhe. Schandbar!

Nach einer unendlichen Folge von fruchtlosen Weltklimakonferenzen, an deren Beginn wir Journalisten immer wieder falsche Hoffnungen weckten, beschloss die Weltstaatengemeinschaft schließlich 2015 in Paris, den Temperaturanstieg nach Möglichkeit auf zwei, besser noch auf anderthalb Grad Celsius zu begrenzen. Doch die Vertragsstaaten sagten nur unzureichende Emissionsminderungen zu und selbst diese hielten nicht alle ein. Der dumm-dreiste Trump besaß sogar die Frechheit, zur Freude seiner unterbelichteten Wählerschaft aus dem Weltklima-Abkommen auszusteigen.

Kein frisches Geld mehr in Kohle und Erdöl

Aber was folgt nun aus dem neuen Alarmruf des Weltklimarats? Das Versprechen der Chinesen, bis 2060 klima-neutral wirtschaften zu wollen, ist nur noch als katastrophales Hinhalten zu werten. Und auch der deutsche Plan, bis 2038 aus der Kohleverewertung auszusteigen,wird der neuen Dringlichkeit, das Klima zu schützen, nicht mehr gerecht. Das um Wählerstimmen werbende Führungsduo der Grünen mahnt mehr Erneuerbare Energie an. Schön und Gut! Wem aber war bisher jeder Piepmatz recht, um eine neue Windkraftanlage zu verhindern?

Ich rate jedem, der Geld hat, dieses nicht mehr in fossile Energie zu stecken. Banken und Versicherungen tun dies zum Teil vorsorglich auch nicht mehr. Ganz gewiss wird man das Kohlendioxyd aus dem Rauchgas aller noch arbeitender Kohlekraftwerke herausfiltern und unterirdisch lagern müssen. Doch wenn mit dem Klimaschutz allseits Ernst gemacht wird, wird er auch unseren Alltag bestimmen.

Eine jährliche Klima-Olympiade mit Siegerehrung

Was das heißt und was damit jeder von uns ausrichten kann, weiß ich auch noch nicht. Was ich aber weiß, das ist, dass wir uns jahrelang auf unbekanntem, vermintem Gebiet vorantasten müssen, um einen gangbaren Weg zu finden, der uns einige Zehntel Grad Erderwärmung erspart, ohne uns unseren erarbeiteten Wohlstand gänzlich zu rauben. Wer uns dabei hilft, den erheben wir in den Klima-Olymp!

Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Eigentlich wollte er sich in den Urlaub verabschieden. Aber: „Der neue Alarmruf des Weltklimarates hat mich, einen einigermaßen abgebrühten Umweltjournalisten, aber doch so erschreckt, dass ich Sie auf die weitreichende Bedeutung der vorgetragenen neuen Erkenntnisse hinweisen möchte, sie werden auf Jahre hinaus die Politik, aber schließlich auch unseren Alltag bestimmen, wenn wir sie Ernst nehmen. Wenn nicht, umso schlimmer!“, erklärt er. wachposten

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