Bohn-Schulz: Von Quote nicht überzeugt
Am Sonntag, 14. März 2021 gehen die Bürgerinnen und Bürger zur Kommunalwahl. Auch die FW/UWG Bad Nauheim stellt sich dabei zur Wahl. Wie sieht es mit dem Frauenanteil aus? Auf den 27 Plätzen der Freie-Wähler-Liste für das Stadtparlament stehen nur sieben Bewerberinnen. Woran liegt das? Der Neue Landbote spricht mit Katja Bohn-Schulz, die auf Listenplatz 5 kandidiert. Wie die 52-Jährige schildert, konnte die FW/UWG den Frauenanteil mehr als verdoppeln.„Frauen sind zwei- und dreifach belastet“
Der Neue Landbote: Frau Bohn-Schulz, der Frauenanteil auf der Liste der FW/UWG ist mit 25,93 % (7 von 27 Plätzen) unterdurchschnittlich. (Im Bundestag ist der durchschnittliche Frauenanteil 30,7 %). Fünf der sieben Kandidatinnen kandidieren auf hinteren Plätzen. Weshalb konnten die Freien Wähler Bad Nauheim nur wenige Frauen für eine ambitionierte, aussichtsreiche Mitarbeit gewinnen?
Katja Bohn-Schulz: Meiner Meinung nach hinkt dieser Vergleich und spiegelt zudem auch nicht die Realität wider. Bei der politischen Mitarbeit in Kommunalparlamenten haben wir es mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit zu tun. Sprich, eine nicht bezahlte Arbeit, die in der Freizeit zu erledigen ist. Dies auch noch vorrangig am Abend, wenn zum Beispiel die Ausschüsse und das Stadtparlament tagen.
Somit haben wir es hier mit einer Doppel- bzw. Dreifachbelastung zu tun. Der reguläre Beruf wird ausgeübt, die Kinderbetreuung ist sicherzustellen und die freie Zeit in den Abendstunden ist auch noch zu organisieren. Wie wir alle wissen, sieht dies bei Bundestagsabgeordneten anders aus. Es handelt sich um einen Vollzeitberuf, mit Assistenten, die auch die Zuarbeit gewährleisten und natürlich auch mit einer fest geregelten monatlichen Vergütung.
Mehr Frauen dazugewonnen
Bohn-Schulz: So ist es auch zu erklären, dass wir, als FW/UWG zwar mehr Frauen für die politische Mitarbeit gewinnen konnten. Dieser Anteil hat sich von vor 5 Jahren inzwischen von 11 Prozent auf nunmehr 26 Prozent gesteigert.
Wir haben für die kommende Wahl sogar ein Plakat erstellt, auf dem alle unsere auf der Liste vertretenen Frauen abgebildet sind, ein eigenes Frauenplakat, zu dem wir auch überwältigend positive Rückmeldungen bekommen haben und was so in dieser Form wohl ein Novum zu sein scheint.
Politikbetrieb in Ruhe anschauen
Bohn-Schulz: Die weiblichen Mitglieder, die wir neu dazugewonnen haben, haben alle ausdrücklich den Wunsch geäussert, erst einmal auf den hinteren Plätzen unserer Liste zu kandidieren, um sich den Politikbetrieb zunächst einmal von aussen in Ruhe betrachten zu können und sich mit der politischen Welt langsam vertraut machen zu können.
Diesem Wunsch entsprechen wir selbstverständlich auch.
Innovative Formate entwickelt
Der Neue Landbote: Was müsste sich ändern, um die Kommunalpolitik, bzw. die FW/UWG Bad Nauheim attraktiver für Frauen zu gestalten?
Katja Bohn-Schulz: Wir haben in den letzten Jahren bereits eigene innovative neue Formate entwickelt, unsere jährlich stattfindende Sommertour ist solch ein Beispiel, unsere offenen Fraktionssitzungen ebenfalls.
Wir haben, wie es unserem politischen Verständnis und unserer Verantwortung entspricht, nämlich in allen Belangen stets nahe an den Bürgerinnen und Bürgern zu sein, bereits eine Steigerung von 11 Prozent auf 26 Prozent am Anteil der bei uns engagierten mitarbeitenden Frauen erlangt.
Von einer „Quotenregelung“ bin ich ganz persönlich nicht überzeugt.
Liegt auch in der Hand der Wählerinnen
Bohn-Schulz: So propagiert eine zur Kommunalwahl antretende Partei beispielsweise eine 50 prozentige Frauenquote, auf der Liste für die Kommunalwahl im März befinden sich allerdings nur 3 Frauen und 24 Männer. Die Zahlen sprechen für sich …
Meiner Meinung nach liegt es nun auch in der Hand der Wählerinnen, gerade uns Frauen bei der kommenden Wahl nach vorne zu kumulieren und zu panaschieren.
Viel Zuspruch erhalten
Der Neue Landbote: Als Sie fraktionslos waren, haben Sie gezeigt, dass Sie eine gute Rednerin sind. Warum sah man Sie als Freie Wählerin (ebenso Ihre Kollegin Talisa Philipp) nie am Rednerpult im Stadtparlament?
Katja Bohn-Schulz: Als ich fraktionslos war, habe ich eine, wie ich bis heute finde, und wie mir auch von vielen Seiten bestätigt wurde, sehr gute und überzeugende Rede gegen die damals geplante Wohnbebauung und die unsägliche „Ummantelung des Sprudelhofes“ gehalten. Dafür habe ich sehr viel Zuspruch und Unterstützung erhalten.
Ich muss Sie korrigieren, es ist nicht korrekt, dass man mich nach meinem Eintritt bei der FW/UWG nie am Rednerpult gesehen hat.
In einer Rede in meiner Funktion als Vorstandsmitglied des Fördervereins für ein Hospiz in der Wetterau habe ich über den Sachstand und die Fortschritte für das geplante Hospiz an der Johanneskirche im Stadtparlament berichtet.
Es gibt eine Arbeitsteilung
Bohn-Schulz: In einer Fraktion gibt es selbstverständlich auch eine Arbeitsteilung, dabei geht um Kompetenzen zu den unterschiedlichen Bereichen.
Ich persönlich würde mich beispielsweise nur ungern zu Fragen äußern, die zum Beispiel den Haupt- und Finanzausschuss betreffen, da ich meine Stärken anderweitig sehe und sehr froh bin, gerade in meiner Fraktion dazu kompetente Vertreter zu haben. Auch bin ich sicher, dass meine Kolleginnen und Kollegen gerade meine sozialen Kompetenzen und mein diesbezügliches auch kommunikatives Engagement sehr zu schätzen wissen.
Der Neue Landbote: Wir danken für das Gespräch.
Psychologie, Einsatz für Hospiz
Beruflich ist Katja Bohn-Schulz zertifizierte psychologische Beraterin, Mediatorin und Burn-Out-Beraterin. Ehrenamtlich arbeitet sie neben ihrer politischen Tätigkeit im Förderverein Hospiz Wetterau.
Sie kandidiert nicht nur für das Stadtparlament, sondern auch für den Ortsbeirat Steinfurth (Listenplatz 5) und für den Kreistag (Listenplatz 10).
Freie Wählerinnen, die für das Stadtparlament kandidieren, sind Katja Bohn-Schulz, Talisa Philipp, Valery Hardin, Katharina Deutscher, Lisa Graudenz, Carolin Weipert und Gudrun Roth.