Fachkräftemangel

Personalsuche mit „Interamt“

Von Klaus Nissen

Es fehlen junge Fachkräfte. In den Kitas und Amtsstuben der Kommunen bleiben deshalb viele Arbeitsplätze leer. Bis 2028 wird die Zahl der Anfänger in den Wetterauer Verwaltungen um weitere sechs bis neun Prozent schrumpfen, unkt das Hessische Sozialministerium. Wie ist die Lage jetzt – und was kann man dagegen tun? fragte der Neue Landbote in Nidda, Büdingen und Friedberg.

Fachkräftemangel macht kreativ

Leiden müssen in Büdingen vor allem die jungen Eltern. Sie haben so viele Kinder auf die Warteliste für einen Kita-Platz gesetzt, dass man mit ihnen einen kompletten Kindergarten füllen könnte. Wenn es ihn denn gäbe. Und vor allem das nötige Personal. „Momentan würden wir 20 Erzieherinnen und Erzieher vom Fleck weg einstellen“, sagt Bürgermeister Benjamin Harris. Doch er findet sie nur vereinzelt. Viele Kinder müssen deshalb abgewiesen werden. Und es helfe den Eltern in Orleshausen nicht weiter, wenn die Kita in Wolferborn einen freien Platz meldet.

Der Spielplatz eines Kindergartens während der Corona-Pandemie. Inzwischen sind die Kinder wieder draußen. Doch das Kita-Personal ist knapp.

Besonders groß ist der Fachkräftemangel in den Städten und Gemeinden des Wetteraukreises vor allem bei der Kinderbetreuung. Nicht alle Bürgermeister können oder wollen wie etwa in Bad Vilbel Gehaltszuschläge zahlen, damit sich Bewerber finden.

Büdingen sucht Organisationstalente

Die Büdinger Stadtverwaltung sucht auch Leute mit Projektleiterqualitäten, berichtet Benjamin Harris. Beispielsweise Klimaschutzmanager, Wirtschaftsförderer und Projektleiter für den Büdinger Beitrag zur geplanten Landesgartenschau. Bei der Suche hilft es Harris ein wenig, dass aus der der 360köpfigen Stadtverwaltung weniger Leute als in früheren Jahren auf andere Stellen abwandern. Das Betriebsklima hält er für gut.

Anstehen vor der Ausländerbehörde in Friedberg: Inzwischen löst sich der Bearbeitungsstau auf, sagt der stellvertretende Personalchef. Und die Akten der für rund 40 000 Menschen zuständigen Behörde werden nach und nach digitalisiert. Foto: Nissen

„Die Stadt Nidda ist als Arbeitgeber glücklicherweise recht attraktiv“, meint auch ihr Sprecher Uwe Bonarius. „So dass wir bis heute unsere Stellen beinahe alle besetzen können. Natürlich bemerken wir stellenmarktüblich deutlich geringere Bewerberzahlen bei qualifizierten technischen Berufen. Tief- und Hochbauingenieure sind gefragt und die Vergütungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst begrenzt. Da kommt es dann manchmal auf andere Aspekte an – die Nähe des Wohnortes zum Arbeitsplatz oder besonders interessante Bauprojekte, von denen Nidda momentan einige zu bieten hat.“

Schwierig sei in Nidda die Situation in den Pflegeberufen, so Bonarius. „Da haben wir aktuell eine halbe Stelle unbesetzt und konnten im letzten Ausschreibungsverfahren niemanden finden.“

Pro Jahr sind im Kreishaus rund 280 Stellen zu besetzen

Bei der Kreisverwaltung in Friedberg und Büdingen sind etwa 80 der 1580 Personalstellen unbesetzt, berichtet der stellvertretende Personal-Fachdienststellenleiter Michael Kipper. Übers Jahr muss seine Abteilung gut 280 neue Leute rekrutieren. Gesucht werden Bedienstete „quer durch die Verwaltung“. Kaum Probleme gebe es beim Nachwuchs für die Hausmeister und bei den Handwerkern in der Kreisverwaltung. Die wechselten gern von Firmen in den Öffentlichen Dienst, so Kipper – “da ist die Arbeitszeit der schlagende Faktor“.

Den Fachkräftemangel in der Ausländerbehörde des Kreises mussten jahrelang auch die fast 40 000 Klienten ohne deutschen Pass ausbaden. Der Stressfaktor für die Beschäftigten ist da hoch. „Es reicht nicht, ein gutes Salär zu bieten“, sagt der Personalchef dazu. Die Rekrutierung von Quereinsteigern, ein verbessertes Betriebsklima und die beginnende Digitalisierung hülfen nun jedoch, die Bearbeitungsrückstände zu verringern.

Die gewaltigen Papierberge der Ausländerbehörde werden gerade eingescannt. Pro Woche werden so bis 2000 Akten digitalisiert, die man dann auch endlich für Sprechstunden im Büdinger Landratsamt zur Verfügung hat. Die Personalverwaltung soll danach drankommen. Auch wenn der Aufwand für das Scannen zuerst groß sei, werde das Arbeiten mit elektronischen Akten für die Bediensteten in Zukunft effektiver – manche Abteilungen können laut Michael Kipper dann auch leichter im Homeoffice bleiben. In Büdingen kann man sich laut Benjamin Harris bald für alle Ämter online Termine holen – mitsamt Hinweisen, welche Dokumente mitzubringen sind.

So lockt man Leute ins Amt

„Nur eine Stellenanzeige zu schalten, reicht heute nicht.“ Das sagt Michael Kipper von der Personalstelle des Kreises. Um für Angestellte attraktiv zu werden, bietet er ihnen ein Jobticket. Und genau wie die Stadt Büdingen können die eigenen Leute günstig Elektro-Fahrräder leasen. Büdinger Bedienstete kommen über eine Rabattplattform zudem günstiger an Tickets und Waren. Für die Kreisverwaltung sucht eine eigene „Headhunterin“ auf den Plattformen Xing und LinkedIn nach passendem Nachwuchs und spricht ihn direkt an.

Auf interamt.de, dem Karriereportal des Öffentlichen Dienstes, bietet der Kreis aktuell 17 Stellen mit genauer Beschreibung und Gehaltsangabe an. Die Stadt Büdingen offeriert dort bundesweit die stellvertretende Leitung der Kita „Farbenklecks“. Die Stadt ermöglicht den eigenen Leuten auch das zusätzliche Studium und bildet selbst aus. Der Aufwand lohne sich, sagt Bürgermeister Harris. Und die Landesgartenschau und die Tourismuswerbung hält er für wichtig, um jungen Leuten aus dem Frankfurter Raum zu zeigen, dass man in und um Büdingen gut leben und arbeiten kann.

Die Verwaltung in Nidda schlägt in dieselbe Kerbe. Uwe Bonarius: „Wir haben unser Bewerbungsverfahren mittlerweile digitalisiert und ihm einen ansprechenderen modernen Style verpasst. In Kürze werden wir einen Imagetrailer machen, der im Internet, aber auch als Kinowerbung für uns als Arbeitgeber werben soll.“ kni

Ein Gedanke zu „Fachkräftemangel“

  1. Der Hund beißt sich in den Schwanz, kein Kitaplatz und zu wenig Lehrer/Inn heißt,in Zukunft noch weniger Fachkräfte ob in den Verwaltungen oder der Industrie.
    Die Kommunalvertreter in bei den Tarifverhandlungen müssen endlich begreifen, dass nur attraktive und gut bezahlte Arbeitsplätze ein Teil der Problemlösung sind.

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