Waldbrandgefahr wächst
Von Klaus Nissen
Die waldnahen Grillplätze in der Wetterau sind seit dem 18. Juli 2022 gesperrt. Das Umweltministerium hat eine Waldbrand-Warnstufe ausgerufen. Auch das Rauchen in und neben den Wäldern ist nun tabu und mit Strafen bewehrt. Landrat Jan Weckler und Kreisbrandinspektor Lars Henrich rufen zur Vorsicht auf: „Unsere Wälder sind wertvolle Kleinode, die unbedingt geschützt werden müssen. Bitte seien Sie deshalb besonders achtsam, wenn Sie dieser Tage im Wald unterwegs sind. Wenn Sie ein Schwelfeuer oder einen Brand bemerken, informieren Sie umgehend die Feuerwehr unter der Notrufnummer 112.“Viel zu wenig Regen ist gefallen
Es ist heiß und trocken und wird vorerst so bleiben. Die Waldgebiete in der Wetterau werden verstärkt überwacht, um Waldbrände früh zu entdecken. Forstleute fahren Streife, sie sie es schon im Dürresommer von 2018 machten. Die Polizei wird besonders gefährdete Stellen sogar aus der Luft beobachten.
Im Jahr 2022 hat es laut Lars Henrich nur im Büdinger Wald einen kleinen Buschbrand gegeben, der von der Feuerwehr schnell gelöscht war. Aber jederzeit kann es wieder losgehen. In den 18 000 Hektar Wald, die Bernd Reißmann und seine Leute vom Forstamt Nidda in der Wetterau verwalten, ist das Laub vom Vorjahr auf dem Boden knochentrocken. Sobald es dort funkt, lodert der Waldboden auf.
Das dürre Laub aus dem Vorjahr wirkt wie Zunder
Gleiches gilt laut Reißmann für die Nadelwald-Schonungen, in denen eine dicke Schicht alter Nadeln auf dem Boden liegt. Sogar auf den durch Dürre und Stürme abgeräumten Windwurf-Flächen liege noch viel altes Astwerk, das bei Funkenflug auflodern könnte. Die Waldböden haben viel trockenes Material. „Das Phänomen ist neu“, stellt der Oberförster fest. Es macht ihm Sorgen.
Um Brände zu vermeiden, bittet Reißmann alle mit Autos anreisenden Ausflügler, die Wagen niemals auf Grasstreifen abzustellen. Denn die trockenen Halme könnten sich am heißen Auspuff entzünden.
Wo ist Wasser in der Nähe?
Die vielen Spaziergänger und Radfahrer in den Wetterauer Wäldern sieht der Forstmann als Verbündete. In den letzten Sommern habe es auch deshalb nicht so oft gebrannt, weil fast jeder ein Mobiltelefon dabei habe und Alarm schlagen könne, wenn er irgendwo Qualm sieht.
In der aktuellen Warnstufe gilt für das Forstamt eine Dienstbereitschaft – rund um die Uhr ist jemand erreichbar für den Fall, dass eine der 138 Einsatzabteilungen im Kreis zur Waldbrandbekämpfung ausrücken muss. Für jedes Flurstück sind „Katastrophenschutzkarten“ vorbereitet. Die zeigen den Feuerwehrleuten, wo sie in der Nähe Wasser zapfen können. Und im Brandfall rücken die Förster notfalls mit schwerem Gerät aus, wenn der Wind das Feuer auf Dickichte mit viel totem Holz hintreibt.
Fichtenschonungen wird es nicht mehr geben
Der Klimawandel wird die Waldbrandgefahr künftig in fast jedem Sommer akut machen, befürchtet Bernd Reißmann im Forstamt Nidda. „Wir müssen deshalb den Wald umbauen, damit er widerstandsfähiger wird.“ Der Fachmann setzt auf Mischwald – reine Fichtenschonungen werden nicht mehr angepflanzt.
Punktuell werde man trockenresistente Exoten wie die Libanonzeder, die türkische Tanne oder die asiatische Buche in den Wetterauer Wald pflanzen. Und dann sehen, ob sie dort gedeiht. Ansonsten wachsen vorwiegend junge Linden, Traubeneichen, Feld- und Spitzahorn in den neu aufgeforsteten Kulturen.
Junge Bäume werden gerade freigeschnitten
Im Moment sind die Waldarbeiter damit beschäftigt, die nur hüfthohen Jungbäume freizuschneiden, damit sie nicht von Brombeeren, Brennesseln und hohem Gras überwuchert werden. Das sei noch richtige Handarbeit, sagt der Forstamtsleiter. Die Arbeiter schwingen dazu die Heidesense – ein Schnittwerkzeug mit kurzer Klinge.
Andere Kollegen streifen durch den Forst auf der Suche nach erwachsenen Bäumen, die von Borken- oder Drehkäfern befallen sind. Diese kranken Gehölze werden nicht mehr mit Gift behandelt, weil das andere Insektenarten schädigen würde. Die Bäume werden stattdessen gefällt – und schnell abgeräumt, damit sie nicht als Futter für Waldbrände dienen.
Seit Wochen regnet es viel zu wenig
Doch was kann man tun, wenn es noch weitere acht Wochen heiß und trocken bleibt und die gerade freigeschnittenen Jungbäume verdursten? „Das ist nicht schön“, sagt Förster Reißmann. Man kann die Schößlinge nicht alle künstlich bewässern. Für sie müsste es im Sommer immer mal wieder ein paar Tage mit sanftem Landregen geben. „Aber den haben wir ja nicht mehr.“
Für den langen Rest des Sommers wird die Waldbrandwarnung wohl aktuell bleiben. Denn die Niederschläge blieben bisher deutlich hinter denen des halbwegs „normalen“ Sommers 2021 zurück. Aus den Messdaten des Deutschen Wetterdienstes hat der Hamburger Michael Theusner auf seiner Webseite www.mtwetter.de eine aktuelle Statistik gemacht.
Noch trockener als im Dürresommer 2018
Demnach droht der Sommer 2022 in der Wetterau noch trockener zu werden als der Dürresommer von 2018. In Gedern-Schönhausen fielen im vor vier Jahren 52,7 Millimeter Regen. In diesem Jahr kamen vom 1. bis zum 12. Juli nur 4,9 Millimeter auf den Boden – also weniger als zehn Prozent der Juli-Regenmenge im Dürrejahr. Die Messstelle auf dem Hoherodskopf verzeichnete im Juli 2018 genau 24,2 Millimeter Regen – in der aktuellen Julihälfte waren es 9,9 Millimeter. In Bad Nauheim maß der Wetterdienst vor vier Jahren 11,9 Millimeter im ganzen Juli. Die erste Julihälfte 2022 brachte erst 5,2 Millimeter Niederschlag.