Szenario für eine glückliche Zukunft
Eine Welt mit zehn Milliarden Einwohnern und heftigen Verteilungskämpfen wird uns in 25 Jahren erwarten. Den Vorgeschmack erleben wir jetzt. Das Rhein Main-Gebiet hat trotzdem eine goldene Zukunft, wenn gute Ideen nicht blockiert werden. Ein Szenario.
Die Wetterau anno 2040
Etwas gruselig ist in der Mitte des 21. Jahrhunderts die Rückschau auf das Jahr 2015: Die meisten Menschen in Rhein-Main hatten zwar Arbeit, aber die war in Frankfurt. Allein aus der Wetterau machten sich täglich 30 000 Pendler auf den Weg. Und blieben in der überlasteten Bahn und auf der Autobahn stecken. Home office war schwierig: In Niddatal konnte man selbst 2020 noch nicht mal einen HD-Film aus dem Internet ohne Ruckeln ansehen. Junge Leute wanderten aus den Randzonen in die großen Städte, während sich in den Turnhallen und Bürgerhäusern traumatisierte Flüchtlinge drängten. 40 000 bezahlbare Wohnungen fehlten in der Region. Als die Flüchtlinge kamen, fehlten plötzlich 80 000 Bleiben.
Treffend beschrieben Lisa Gnadl, Rouven Kötter und Bernd-Uwe Domes dieses traurige Szenario schon am 29. Oktober 2015. Damals hatte die Friedrich Ebert-Stiftung die SPD-Landtagsabgeordnete, den Wölfersheimer Bürgermeister und den Geschäftsführer der Wetterauer Wirtschaftsförderung um Lösungsvorschläge gebeten. In der Friedberger Tagungsvilla der Sparkasse Oberhessen skizzierten sie mit Gästen den Weg in eine glücklichere Zukunft. Lars-Henning Metz vom Hessischen Rundfunk moderierte das Brainstorming. Und siehe da: auf wundersame Weise wandelten sich alle Vorschläge bis 2040 in Realität.
So ist sie nun, die Goldene Wetterau. Die 80 000 günstigen Mietwohnungen sind längst gebaut. Sie wurden meist aus Holz errichtet. Sogar Fachwerkbauten mit Flechtwerk-Gefachen aus Weidenruten und Lehm entstanden wie in ganz alten Zeiten – nur viel komfortabler. Die Häuser wuchsen entlang der Bahnstrecken und mitten in den Dörfern, wo nicht mehr sanierbare Altbauten abgerissen sind. Nach der Kommunalwahl 2016 hatten die Kreistagsfraktionen unter dem Druck der akuten Wohnungsnot die kommunalen Baugesellschaften von Friedberg, Bad Nauheim und anderen Städten zu einer Fusion verdonnert. Sie konzentrierten ihr Know-How, warben Kapital von den wohlhabenderen Wetterauern ein. Das wurde stets ein halbes Prozent höher verzinst als auf den Tagesgeldkonten der Banken. 2019 schlossen in der Wetterau die letzten Notquartiere.. Vor allem die jungen Syrer integrierten sich schnell. Wie früher die Türken gründeten sie Firmen und machen auch anderswo Karriere. Seit 2030 hat Karben einen Bürgermeister mit arabischen Wurzeln. Das Abendland ist trotzdem nicht untergegangen. Auch das christliche nicht, denn das Engagement vieler Christen in den Krisenjahren bis 2019 wurde später nicht vergessen.
Nachbarn haben wieder Kontakt miteinander
Das isolierte Nebeneinander-Her-Leben auch in den Dörfern ist Geschichte. Das Projekt „Zukunft Heimat“, brachte Dorfläden, Helferkreise und viele Arbeitsplätze. Alte Geschäfte mussten zwar schließen, weil sie keine Lieferdienste und Service anboten, wie die Konkurrenten von Amazon. Doch junge Unternehmer siedelten sich mit Kombinationen aus Webshop und Laden wieder an.
Die meisten Leute leben nun in Nachbarschaften, die sich bei Bedarf umeinander kümmern. Jedes Dorf hat mindestens eine Gemeinschaftspraxis mit Ärzen verschiedener Fachrichtungen. Schulen und Kitas blieben geöffnet, weil die Kinder der Flüchtlinge zu betreuen waren. Zur Energieversorgung stehen nun zahlreiche kompakte Blockheizkraftwerde in den Dörfern. Strom und Wärme liefert das Holz und der billige Wind- und Solarstrom. Was nicht sofort verbraucht wird, betankt in Form von Wasserstoff die kommunalen Brennstoffzellen-Autos. Die kann man jederzeit über das Internet buchen. Der Modellversuch der Mittelhessischen Energiegenossenschaft begann 2017 und wurde mit Beginn der historischen Ölkrise im Jahr 2027 flächendeckend erweitert. Nur noch wenige alte Leute haben eine eigene Karosse vor der Haustür. Wozu auch? Die jüngere Generation begreift schon seit der Jahrtausendwende das eigene Auto nicht mehr als Statussymbol.
Im Halbstundentakt verkehren die Horlofftal- und die Niddertal-Bahn. Auch die Bahn von Nidda nach Gelnhausen. Die Regionaltangente und die S-Bahn von Frankfurt nach Gießen ist sogar jede Viertelstunde unterwegs. Die Straßen sind trotz der hohen Bevölkerungsdichte viel freier als 2015. Wer immer noch jeden Tag nach Frankfurt zur Arbeit muss und jenseits der Bahnstrecken lebt, nimmt in der Regel den Schnellbus. Der sammelt die Fahrgäste in den Dörfern auf und eilt dann auf auf reservierten Spuren in die Metropole und zurück. Selbstverständlich auch nachts. Der greise Friedberger Ex-Stadtverordnete Klaus Fischer erinnert sich: „Wir konnten damals nach Mitternacht nicht mehr von Frankfurt nach Friedberg fahren!“ „Von Hirzenhain nach Büdingen ging schon ab 20 Uhr nichts mehr“, erinnert sich die frühere Hirzenhainer Bürgermeisterin Elfriede Pfannkuche. Die 82-Jährige lotst noch immer Touristen auf leistungsstarken Elektro-Fahrrädern durch die schöne Landschaft an der Glauburger Keltenwelt. Sie lernt jetzt übrigens an der Volkshochschule Chinesisch. Denn: „Die meisten Touristen kommen ja aus Peking und Shanghai. Sie sprechen zwar alle Englisch. Aber sie freuen sich doch, wenn ich ihnen in ihrer Heimatsprache Handkäs und Musik erkläre.“
Die Touristen bringen vielen Menschen in den schönen Landschaften am Rand des Rhein Main-Gebiets Arbeit und Einkommen. Außerdem die zahlreichen „Hidden Champions“ – kleinere und mittlere Firmen, die für den Weltmarkt Software und Spezialmaschinen entwerfen. Die Steuerung von Sozialdiensten, Tourismus, Gewerbe und Infrastruktur funktioniert effektiver als früher. 2019 lief das Metropolengesetz aus. Damals schafften die Hessen ihre drei Regierungspräsidien ab und delegierten deren Aufgaben ans Land oder an die Landkreise. Der Planungsverband Rhein-Main wurde aufgelöst, weil er zu wenige Mitgliedskommunen hatte. Stattdessen erweiterte man die die parallel existierende Planungsversammlung um alle Kommunen zwischen Fulda, Marburg, Aschaffenburg, Darmstadt und Wiesbaden.
Musik und Theater auch in Ortenberg
Mehr staatliche Zuweisungen bekamen seitdem Kommunen wie Büdingen, die große Flächen, aber wenige Einwohner haben. So konnten auch die mehr in Kultur, Soziales und Freizeitangebote investieren. In Ortenberg zum Beispiel ist der Fresche Keller längst zur etablierten Kleinkunstbühne mit umfangreichem Programm und gut bezahlten Theatermachern geworden.
Das ist doch mal eine gute Perspektive für die Wetterau. Jetzt braucht es doch nur beherzte Politiker/innen und andere Akteure, um das Stück für Stück umzusetzen und immer mal wieder, im Interesse aller, Menschen und Natur, fort zu schreiben.
Den Landboten finde ich gut, weiter so!
Ein Herz für die Wetterau!
Gila Gertz
Ich lach mich schepp. Bald herrscht hier offener Bürgerkrieg und die Sozis haben Fieberphantasien. Besonders lustig ist die Formulierung „Krisenjahre bis 2019“. Und die Syrer integrieren sich schnell…Ja, nee, ist schon klar. Wahrscheinlich hat die SPD 2040 auch die absolute Mehrheit und die Kickers sind Meister