Coronakrise

Virus-Ausbreitung begrenzen

Abstand, Frischluft, Klinkenputzen. Jeden Morgen ist es das gleiche Ritual im Konferenzraum des Kreishauses am Riversplatz in Gießen. Seit rund einem Monat tagt hier der Verwaltungsstab des Landkreises; jeden Morgen von Montag bis Freitag, bei Bedarf auch am Wochenende. Dass dabei mindestens jeder zweite Platz frei bleibt, ist der Vorsicht vor Ansteckung geschuldet – ebenso wie regelmäßiges Stoßlüften und die gründliche Reinigung von Türgriffen und Tischen. Trotz räumlicher Distanz geht es hier um durchorganisiertes Teamwork, wird von der Pressestelle des Landratsamtes unterstrichen.

Erster bestätigter Fall am 28. Februar

Der Stab managt die Bewältigung der Coronakrise in der Kreisverwaltung. Die Aufgaben sind vielfältig: Es geht nicht nur darum, die Ausbreitung des Virus einzugrenzen oder Vorbereitungen für eine größere Zahl von Covid-19-Erkrankten zu treffen – es geht auch darum, die Kreisverwaltung arbeitsfähig zu halten. „Wir sind ein breit aufgestellter Dienstleister“, so Landrätin Anita Schneider: „Wir können nicht schließen. Wir müssen sicherstellen, dass wir gesetzliche Leistungen gewährleisten und handeln können.“

Gemeinsam im „Team Kreisverwaltung Gießen“: Seit über einem Monat ist der Verwaltungsstab des Landkreises zur Bewältigung der Coronakrise im Einsatz. Hier werden alle erforderlichen Kompetenzen der Verwaltung gebündelt, um täglich neue Aufgaben abzuarbeiten. (Foto: Landkreis Gießen)

Im Team des Stabs unter Leitung von Thorsten Becker sitzen deshalb viele wichtige Abteilungen mit am Tisch. Je nach Anlass zum Beispiel die Fachdienste Schulen oder Soziales, das Jugendamt, das Rechtsamt und die IT. Die Gefahrenabwehr und das Gesundheitsamt sind selbstverständlich immer dabei. „Am Abend des 28. Februar 2020 hatten wir den ersten bestätigen Covid-Fall im Landkreis Gießen“, blickt die Landrätin zurück und fährt fort:  „Seither sind wir nicht nur mit einer täglich wachsenden Zahl von Fällen konfrontiert worden, sondern haben auch im Rekordtempo Herausforderungen angehen müssen, die sich durch täglich neue Situationen ergeben haben.“ Praktisch übers Wochenende galt es, Details für die Notbetreuungen an Schulen zu klären oder per Allgemeinverfügung die immer weiter reichenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens umzusetzen.

Dringende Suche nach Testcenter

Auch die Suche nach einem geeigneten Standort für ein Corona-Testcenter war ein dringendes Thema. Eigentlich sind Einrichtung und Betrieb des Centers Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). „Für uns war aber von Beginn an klar, dass wir dabei unterstützen und Angebote für geeignete Räume machen müssen, um zu einer Lösung zu kommen, die für alle Beteiligten auch tragbar ist“, erklärt Schneider. Bis zur Standortwahl in der Gießener Rivers-Sporthalle prüfte der Verwaltungsstab eine Vielzahl verschiedener Optionen, die auf Machbarkeit, Kosten und rechtliche Bedingungen abgeklopft wurden, bevor sie in den Verhandlungen mit der KV angesprochen wurden.

Der aktuelle Themenstand und neue Probleme werden jeden Morgen im Verwaltungsstab besprochen, Jobs per Aufgabenliste mit Erledigungsfristen verteilt. Wie viel Schutzausstattung stellt das Land für Pflegeeinrichtungen zur Verfügung? Wie gelangt sie dorthin? Wie kann das Jugendamt sicherstellen, dass trotz geschlossener Schulen und Kitas Kindswohlgefährdungen wahrgenommen und gemeldet werden? Woher bekommen die Tierärzte des Veterinäramts Desinfektionsmittel? Dazu viele Fragen, die die Kreisverwaltung als Arbeitgeber betreffen: Wer kann im Homeoffice arbeiten? Und was bedeutet es, wenn ein Kollege im Umfeld plötzlich am Coronavirus erkrankt?

Über die Entwicklung der Fallzahlen informiert das Landratsamt auf seinen Internetseiten unter der Adresse lkgi.de
Sozialleistungen werden weiter ausgezahlt

„Bereits seit Anfang März greift der Pandemieplan des Landkreises“, resümiert Landrätin Schneider. „Dazu gehört auch, dass wir intern Vorkehrungen treffen.“ Um Infektionsrisiken in den Reihen der Verwaltung mit ihren rund 1000 Beschäftigten zu reduzieren, sind in Zeitraffer für wichtige Bereiche Home-Office-Lösungen ermöglicht worden. Arbeitszeit-Ausweitungen bis 21 Uhr und an Samstagen sowie ein Zwei-Schicht-Modell erlauben es, dass Kolleginnen und Kollegen, die sonst zu zweit oder zu dritt im Büro sitzen, einzeln arbeiten und dies falls nötig mit der Betreuung von Kindern und Angehörigen vereinbaren können. Jeden Morgen melden die Leitungen der Organisationseinheiten an den Verwaltungsstab, ob sogenannte Risikoprozesse sichergestellt werden können. Dazu zählt zum Beispiel, dass trotz der Schließung für den Publikumsverkehr Sozialleistungen ausgezahlt werden oder Lebensmittelkontrollen erfolgen. Dass das Jugendamt bei Kindswohlgefährdungen vor Ort eingreifen kann, ist sichergestellt – die Teams erhalten Schutzausstattung und stimmen sich mit dem Gesundheitsamt ab.

Teams der Resorts helfen einander

Wo es klappt, setzt der Verwaltungsstab auf schnelle und unkonventionelle Lösungen. Kolleginnen und Kollegen, die derzeit wegen eingeschränkter Dienstleistungen zur Verfügung stehen, unterstützen das rund um die Uhr tätige Gesundheitsamt, wenn es ums Ermitteln von Kontaktpersonen Infizierter geht. Allein bisher sind zwölf neue Kräfte eingestellt worden, die das Hygieneteam des Gesundheitsamts verstärken. Weitere sollen folgen. Ein Team aus den Reihen der Revision unterstützt den Fachdienst Gefahrenabwehr bei der Verteilung von Schutzausstattung an Pflegeheime und –dienste. Landrätin Schneider sagt: „Viele Kolleginnen und Kollegen, nicht nur im Gesundheitsamt, arbeiten derzeit bis über die Grenzen der Belastbarkeit. Und viele sind echt solidarisch, um einander zu helfen. Ihnen gilt ein ganz großes Dankeschön.“

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