Landbote trauert um Burkhard Steinhauer
Der engagierte Friedberger Heimatforscher Burkhard Steinhauer ist tot. Er starb überraschend im Alter von 68 Jahren. Viele Autoren des Neuen Landboten kannten ihn persönlich und erinnern hier an ihn. Er war über ein Jahrzehnt lang Vermieter der Büroräume der Lokalredaktion der Frankfurter Rundschau in Friedberg gewesen, für die einige der heutigen Landbote-Autoren gearbeitet haben.
„Hier geht etwas ganz Wichtiges zu Ende“
Von Corinna Willführ
Ich erinnere mich an den Moment, nicht den Tag, das Jahr kann man nachschlagen. Im ersten Stock der Kaiserstraße 82 saß ich in den schon verwaisten Räumen der Rundschau-Redaktion. Im ersten Stock, inmitten von Kartons, noch vor nicht leer geräumten Regalen. Wollte Texte, Bilder und damit Erinnerungen aufheben. Burkhard Steinhauer, unser langjähriger Vermieter, kam – auch wenn er gerne als solcher „den Laden“ unter Kontrolle hatte, – eher zufällig an diesem Tag in das Büro. Er stand auf den letzten Stufen zum ersten Stock. „Hier geht gerade was ganz Wichtiges zu Ende“, sagte er. Ich konnte die Kartons, die Ordner nicht weiter aussortieren. Burkhard Steinhauer hat die Dokumentationsbände der Arbeit von vielen Kollegen und Kolleginnen der FR-Redakteure in der Wetterau gerettet. Sie gehören heute zum Fundus der Stadtbibliothek in Bad Nauheim.
Und ich erinnere mich an den Besuch bei Burkhard Steinhauer im vergangenen Jahr. Mein Anliegen: Den Mann, der ein Buch über Erasmus Alberus herausgebracht hatte, zu 500 Jahren Reformation nach Luther in Friedberg zu befragen. Es war wie bei anderen Themen zur Lokal-Geschichte: Burkhard Steinhauer, den ich sonst eher als einen sich stark kontrollierenden Menschen erlebte, kam ins Plaudern, ins Erzählen, ins Schwärmen. Für den Sommer, so unser letztes Gespräch vor wenigen Tagen, hatte er vor, Exponate aus seiner Sammlung zu Luther im Saalbau Lux in Florstadt zu zeigen.
Ich hätte sie mir gerne mit ihm gemeinsam angesehen und dabei noch vieles mehr von ihm über die Lokalgeschichte erfahren.
Er war immer da
von Jutta Himmighofen-Strack
Ich lernte Burkhard Steinhauer 1995 kennen. Nachdem die Redaktion der Frankfurter Rundschau schon drei Stockwerke des Fachwerkgebäudes bezogen hatte, wurde im Erdgeschoss die erste Geschäftsstelle der FR eröffnet. Meine Kollegin Stefanie Cossmann und ich verkauften hier nicht nur Anzeigen und Abonnements, sondern durften auch zu Galeristen werden. Ein eigens dafür eingerichteter Raum gab Künstlern in der Region die Möglichkeit, ihre Kunst öffentlich zu machen. Und hier kommt Burkhard Steinhauer ins Spiel. Er war in den sieben Jahren, in der die Geschäftsstelle in der Passage am Markt (für uns blieb sie jedoch immer die Steinhauer-Passage) die FR präsentierte, viel mehr als nur ein Vermieter. Wann immer wir ihn brauchten: er war da. Brauchten wir Equipment für unsere Ausstellung, er war da. Ein schneller Handwerkereinsatz nötig – er war da. Eine Lücke im Ausstellungskalender? Kein Problem. Fragen wir doch mal Herrn Steinhauer. „Was wollt ihr denn ausstellen?“ – „Spielzeuge aus den 50er Jahren oder lieber nur Kinderbücher aus dieser Zeit. Nostalgische Leuchtkörper oder alte Kaffeeröster?“ Steinhauers Fundus schien unerschöpflich, und wenn wir ihm versicherten und bewiesen, dass wir damit sehr sorgfältig umgehen, war er sehr freigiebig und unterstützend. Auch für größere Vorhaben konnten wir ihn mit weiblicher Hartnäckigkeit gewinnen. Als er uns einmal seinen Keller in der Passage zeigte, war für uns klar: Wir wollen ein historisches Passagenfest mit geöffnetem Keller. Und so kam es auch. Der arme Herr Steinhauer schwitzte Blut und Wasser, weil damals die Treppe noch etwas behelfsmäßig war und der Ansturm enorm. Doch welche Erfahrung zog Burkhard Steinhauer damals daraus? Er baute eine Treppe ein, bei der jedem Haftpflichtversicherer das Herz aufgeht. So habe ich ihn viele Jahre erleben dürfen und noch so manches Kellerevent mit ihm auf die Beine gestellt. Diese Zeit möchte ich nicht missen. Danke Burkhard Steinhauer.
Weihnachten im Museum
Von Petra Ihm-Fahle
Burkhard Steinhauer lernte ich im März 2006 kennen. Kurz zuvor hatte seine Tochter Ann-Christin ihren Kinderkaufladen ans Wetteraumuseum gespendet, der nun ausgestellt wurde. Darüber berichtete ich für die Zeitung. Es war ein Kaufladen, wie ihn Eltern für ihre Sprösslinge Jahr für Jahr an Heiligabend hervorholen, damit sie für die Dauer der Weihnachtszeit damit spielen können. Ein besonders schönes Exemplar. Hergestellt wurde das gute Stück 1946 durch den Friedberger Maler und Modellbauer Wilhelm Doll, den Steinhauers Vater damit beauftragt hatte. Es gehörte Herrn Steinhauer als kleinem Jungen und ging später in den Besitz Ann-Christins über. Nun war sie zu groß dafür geworden und spendete den Kaufladen ans Museum. Dort fügte er sich gut ein, denn Burkhard Steinhauer hatte auch schon den antiken Kolonialwarenladen seiner Familie gestiftet, der aus der Wende 19./20. Jahrhundert stammt.

Weil ich journalistisch überwiegend in Bad Nauheim aktiv bin, war es meine einzige persönliche Begegnung mit ihm, ein sehr nettes Erlebnis, über das ich die Geschichte „Im Museum sieht’s (fast) aus wie an Weihnachten“ schrieb. Ich habe anschließend noch oft von ihm in der Zeitung gelesen und ihn als wichtige Friedberger Persönlichkeit wahrgenommen. Herr Steinhauer hat Geschichte gepflegt, bewahrt und das Leben der Kreisstadt damit bunter und interessanter gemacht.
Eine sprudelnde Geschichtsquelle
von Bruno Rieb
Es war vor eine paar Jahren, der Neue Landbote formierte noch als Wetterauer-Landbote, da bot Burkhard Steinhauer an, die Landbote-Redaktion könne in die ehemalige Friedberger Redaktion der der Frankfurter Rundschau ziehen. Die sind leider paar Nummern zu groß für unsere kleine Internetzeitung. Schade, denn das Büro in der Steinhauer-Passe war viele Jahre Schauplatz engagierten und guten Lokaljournalismus gewesen. Schüler großer Journalistenschulen in Hamburg und München hatten sich die Klinke in die Hand gegeben, um in der Redaktion zu schnuppern. Und wir konnten sie in Räumen empfangen, die sich sehen lassen konnten. Burkhard Steinhauer hatte ein Nebengebäude seines Anwesens umgebaut. Den Durchgang von der Kaiserstraße zur Stadtkirche hatte er zu einer kleinen Ladenpassage mit Büros gemacht. Abends wurde sie dicht verschlossen: Zur Kaiserstraße hin mit einem massiven Rollgitter, zur Stadtkirche mit einem stabilen Metalltor.
Im Durchgang gibt es eine Pforte in die Unterwelt: Eine Metallplatte liegt über dem Eingang zum Keller. Mit einer Leiter muss man hinabsteigen in das Gewölbe, das sich über mehrere Etagen bis weit unter die Kaiserstraße erstreckt. Hier habe er als Jugendlicher Partys gefeiert, erzählte Steinhauer. Sein Clubausweis belegt, dass er zu den ersten Mitgliedern der legendären Diskothek „Central Studio“ in der benachbarten Haagstraße gehörte.
Dann kam die Leidenschaft für die Heimatgeschichte. Kopfüber tauchte er in die Geschichte seiner Heimatstadt, suchte und forschte in jedem Winkel nach Geschichtsträchtigem und baute eine gigantische Sammlung an Material und Wissen auf. Wann immer einer aus der damaligen FR-Lokalredaktion ihn nach Geschichtlichem zum Friedberg fragte, er wurde von Steinhauer sogleich eifrig mit Material versorgt. Und wenn es dann noch um seine Spezialthemen Erasmus Alberus, Straßennamen oder Beleuchtung ging, konnte man sich kaum noch retten: Eine Geschichtsquelle sprudelte und sprudelte und sprudelte.