Bahnstreik abgesagt

Gericht drängt auf Vergleich

Von Dietrich Jörn Weder

Den für Montag und Dienstag angekündigten, exzessiv langen Warnstreik bei der Deutschen Bahn hat die Eisenbahn und Verkehrsgewerkschaft (EVG) gerade noch rechtzeitig abgesagt. Das von der Bahn angerufene Frankfurter Arbeitsgericht hat die Tarifparteien zu einem verpflichtenden Vergleich gedrängt. Es wird berichtet, dass die Richterin Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Streiks zum Ausdruck gebracht haben soll.

Tarifauseinandersetzung beinahe entgleist

Die Gewerkschaft und der Arbeitgeber Deutsche Bahn haben zugesagt, ihre zeitweilig stockenden Tarifverhandlungen zügig zu einem Ergebnis bringen zu wollen. Vorab hat die Bahn zugesagt, den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde in alle Tariftabellen hineinschreiben zu wollen. Ob das nur für wenige gering bezahlte Kräfte, oder indirekt auch für alle Bahnbeschäftigten von Bedeutung ist, kann ein außenstehender Beobachter im Augenblick nur schwer abschätzen.

Die Gewerkschaft hat aber wohl im letzten Moment eingesehen, dass sie sich im Mittel ihrer Wahl vergriffen hat. Mit der Androhung eines 50stündigen Streiks hatte die EVG die Auseinandersetzung mit der Bahn voreilig auf die Spitze getrieben, ohne die Chancen für eine gütliche Einigung auszuschöpfen. Die Empörung der Bahnkunden über dieses mutwillig erscheinende Vorgehen war offensichtlich zu groß.

Vor Gericht hatte die EVG deshalb wohl auch keine allzu guten Karten. Werden die Hersteller von Katzenfutter bestreikt, bleibt das wohl ohne großes Echo. Wer aber Millionen Bahnkunden zwei Tage lang daran hindert, zur Arbeit zu kommen, der ruft die öffentliche Meinung auf den Plan. Die aufgeheizte und beinahe entgleiste Tarifauseinandersetzung bei der Bahn sollte ein Anlass sein, über eine verpflichtende Schlichtung für die öffentlichen Verkehrsmittel nachzudenken, die jedem Streik vorangehen sollte. – Aber zuerst dürfen sich alle Betroffenen über die späte Wendung der Dinge zum Guten freuen.

Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten

Titelbild: Die Züge dürfen rollen, nachdem das Frankfurter Arbeitsgericht die Tarifparteien zum einem Vergleich drängte. (Archivbild)

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