Bad Salzhausen

Das Thermalbad wird abgerissen

Von Klaus Nissen

Die Stadt Nidda wird die Therme in Bad Salzhausen am 30. September 2022 für immer schließen. Sie wird 2024 genauso wie das Hallenbad in Nidda abgerissen. Danach entstehen bis 2027 an gleicher Stelle andere Bauten: ein kleines „Vital-Gesundheits-Salzerlebniszentrum“ in Bad Salzhausen. Und die „Minimallösung“ eines Hallenbades in Nidda. An beiden Standorten baut die Stadt Blockheizkraftwerke, die Strom und Wärme liefern.

Therme Bad Salzhausen schließt für immer

Der letzte Badetag endet am Freitag, 30. September 2022 um 22 Uhr. Dann wird der Hausmeister die Justus von Liebig-Therme in Bad Salzhausen für immer schließen. Sie wird abgerissen. Die Stadt Nidda kann sie sich nicht mehr leisten.

Die Liegewiese des Thermalbades am Kurpark in Bad Salzhausen soll ab 2027 zur Terrasse eines Restaurants oder Cafés werden. Foto: Nissen

Die 1981 eröffnete Therme am Kurpark ist nämlich eine Energieschleuder. Das Sole-Wasser kommt kalt aus der Nibelungen- und der Roland-Krug-Quelle. Der Gasbrenner erwärmt es auf 33 Grad, damit sich die jährlich etwa 50 000 Besucher im Innen- und Außenbecken wohlfühlen. Obwohl es seit kurzem „nur“ noch auf 31 Grad gebracht wird, beziffert Bürgermeister Thorsten Eberhard die Energiekosten für dieses Jahr auf 400 000 Euro. Mindestens eine zusätzliche Million für Gas und Strom müsste die Stadt 2023 wegen der allgemeinen Teuerung aufbringen.

Heizkosten machen Weiterbetrieb unmöglich

Hinzu kommt das reguläre Betriebsdefizit der Therme, das laut Eberhard in diesem Jahr auf gut eine Million Euro wächst. Ab 2023 würde es auf 1,6 Millionen steigen, wenn man die Therme weiter betriebe. Zusätzlich stünde dann die Sanierung des verwinkelten Ziegel-Gebäudes mit dem metallverkleideten Dach an. Sie würde viel mehr als die zuletzt taxierten vier Millionen Euro kosten, sagte der Bürgermeister bei einem beim Treffen mit den Fraktionssprechern im Kurhaus-Hotel.

Der Ziegelbau mit dem auffälligen Metalldach und der Liegewiese am Außenbecken wurde 1981 für elf Millionen Mark gebaut. Das Land Hessen übergab die Therme 2003 an die Stadt. Nun ist das Schwimmbad den Niddaern zu teuer geworden. Foto: Nissen

Gemeinsam verkündeten sie ihr Fazit: Die Therme ist nicht mehr zu retten. Sie wird am Freitag, dem 30. September für immer geschlossen. Auch die Konkurrenz der in Bad Nauheim und Bad Vilbel entstehenden, hochmodernen Groß-Thermen würden der Liebig-Therme in Salzhausen bald den Garaus machen. Thorsten Eberhard:„Eigentlich weiß jeder, dass der Weiterbetrieb keinen Sinn mehr macht.“ Jahrelang habe man in der Stadt mit diesem Beschluss gezögert. „Es ist wie bei einem Intensivpatienten, dem man nicht mehr helfen kann. Aber keiner traut sich, den Stecker zu ziehen.“

Die Entscheidung wurde jahrelang hinausgeschoben

Nun haben sich die Politiker getraut. Seit dem Frühjahr 2022 berieten die Vertreter von CDU, SPD, Bürgerliste, den Grünen und der Linkspartei in vertraulichen Runden mit Verwaltungsleuten über Lösungen. Dass dabei nichts nach außen sickerte, beweist nach Eberhards Meinung ein neues, großes Vertrauen zwischen den Fraktionen in Nidda. Es gebe einen „unglaublichen Konsens“, lobte der CDU-Fraktionschef Hagen Puttrich.

Sie stehen als Vertreter von Magistrat und dem ganzen Stadtparlament hinter dem Beschluss: Von links Bürgermeister Thorsten Eberhard, Marcus Stadler von den Grünen, Thomas Jungermann (SPD), Hagen Puttrich (CDU), die Erste Stadträtin Adelheid Spruck und Rouven Seum von der Bürgerliste. Im Hintergrund die Therme. Foto: Nissen

Bei der Pressekonferenz sprachen alle lieber über den „Neuanfang für Bad Salzhausen“ (Thorsten Eberhard) als über den Abriss-Beschluss für Therme und Hallenbad. Die Bodenplatte der Therme soll Fundament eines Wellness-Zentrums bleiben. Das spart Baukosten, so der Grüne Marcus Stadler. Auch die Sauna bleibt vom Abriss verschont und wird weiter betrieben.

Der Magistrat hat einen Planungsauftrag vergeben, berichtet der Bürgermeister. „Uns schwebt ein Vital-Gesundheits-Salzerlebniszentrum vor. Wir wollen Salz erlebbar machen“. In dem Holzbau mit Niedrigenergie-Standard könnten Kurgäste künftig in der warmen Sole und Schlammbädern sitzen. Eine Salzgrotte soll es geben und eine schöne Gastronomie, die man auch vom Kurpark aus erreichen kann.

Neues Zentrum in nachhaltiger Bauweise

Strom und Wärme soll von einem neuen Blockheizkraftwerk kommen, mit dem die Stadt auch die gut 50 Wohneinheiten im geplanten Neubaugebiet West an der Berstädter Straße in Bad Salzhausen versorgen will. 2023 soll die Bauplanung fertig werden. Für 2024 peilt die Stadt den Abriss an. Pünktlich zur Landesgartenschau anno 2027 plant sie die Eröffnung. Dieses Groß-Event lässt Thorsten Eberhard auf bis zu 50 prozentige Landeszuschüsse für die noch nicht kalkulierbaren Baukosten hoffen.

Unklar sei noch, ob und wie viele Läden im neuen Wellness-Zentrum entstehen. Und wie lange die bestehenden offen bleiben. Dass sie bald schließen müssen, wissen die Betreiber von Gottmanns Salzstubb, vom Eiscafé, vom Friseurgeschäft und vom Accessoire-Laden „Welt der schönen Dinge“. Die „Modestube am Park“ hat ihren Ausverkauf schon beendet. Die städtische Physiotherapie-Praxis in der Therme wird dauerhaft schließen, hießt es am Donnerstag. Sie sei defizitär.

31 Arbeitnehmer sind von der Schließung betroffen

Insgesamt beschäftigt die Stadt in der Therme 31 Menschen, rechnete der Personalleiter Michael Obleser vor. Man wolle möglichst vielen von ihnen Arbeitsplätze erhalten – „aber es wird nicht für alle gelingen“. Zehn Personen sind noch geringfügig und befristet in der Therme beschäftigt. Für vier Bedienstete habe man schon neue Jobs gefunden. Es werde auch möglich sein, einige Thermen-Leute in den städtischen Kitas einzusetzen. Und die Kliniken vor Ort seien an Personal mit medizinischer Qualifikation interessiert.

Neues Hallenbad für Nidda

Parallel zum Abriss-Beschluss für die Therme einigten sich die Fraktionen in Nidda auf einen Neubau des Hallenbades. Es soll ab 2027 die schon 2016 geschlossene Badehalle aus den Siebzigerjahren ersetzen.

Auf große Spaßbad-Attraktionen darf man dabei nicht hoffen. „Es soll eine zweckmäßige, eine Minimallösung sein“, so Bürgermeister Thorsten Eberhard. Schon ein bescheidenes Badehaus koste etwa 15 Millionen.

Kinder brauchen Schwimmunterricht

Nicht der Badespaß, sondern der nötige Schwimmunterricht für die Kinder auch im Winter motivierte die Fraktionen und Magistratsmitglieder, nach langem Zögern nun doch den Bau-Beschluss zu fassen. Offiziell muss er noch von den Stadtverordneten bekräftigt werden. „Wir sind ein Schulstandort“, sagt Thorsten Eberhard. „Wir wollen, dass die Schülerinnen und Schüler Angebote bekommen, schwimmen zu lernen.“

Schon im Jahr 2012 gab es eine fertige Neubauplanung, erinnert der SPD-Sprecher Thomas Jungermann. Doch angesichts der damaligen hohen Verschuldung zögerten die Stadtverordneten. Nun sind erneut Planer mit dem Projekt befasst. Details fehlen noch. Sicher ist nur, dass die Halle ein 25-Meter-Becken und eine Badezone für Nichtschwimmer bekommt.

Blockheizkraftwerke für Bad Salzhausen und Nidda

Die Heizwärme und wohl auch den Strom für den Betrieb des Hallenbades soll ein Blockheizkraftwerk liefern, das Holzschnitzel oder Biogas verbrennt. Auf dem Schwimmhallendach werden voraussichtlich Solarmodule verlegt.

Die neue Energiezentrale soll möglichst auch das Bürgerhaus, die Schulen und den Feuerwehrstützpunkt beheizen. „Je größer der Verbrauch, desto günstiger werden die Herstellungskosten für die Heizung“, meint der Grünen-Stadtverordnete Marcus Stadler. Ihm war bei der Präsentation des Projekts deutlich die Freude anzusehen, dass in Nidda nun nachhaltiger und klimafreundlicher als bisher gebaut werden soll.

Falls es wieder einmal kühle Sommer geben sollte, könnte das Kraftwerk im Sommer auch das Freibad beheizen. Damit würde man laut Bürgermeister Eberhard hoffentlich das jährliche Freibad-Defizit in Höhe von gut 500 000 Euro verringern.

Ein Gedanke zu „Bad Salzhausen“

  1. Sehr geehrter Herr Rieb,

    ich möchte als Leser der Pressemitteilungen über die Schließung des Thermalbades von Bad Salzhausen und als langjähriger Badegast wie folgt Stellung nehmen.

    1. Betriebs-und Energieausgaben

    Der Bürgermeister von Nidda führt u.a. als Argument für den Betriebsschluss und Abriss ein steigendes Defizit für den Badebetrieb und steigende Energiekosten an und nennt auch Prognosezahlen ab 2023. Woher er diese Zahlen nimmt, wird nicht belegt. Einleuchtender wäre es gewesen, konkret die Einnahmen und Ausgaben des Stadtetats für die Therme und dabei den Anteil der Einnahmen aus Eintrittsgeldern zur Deckung der Ausgaben zu nennen, um das Defizit zu erklären.

    2. Investitions-und Abrisskosten

    Es heißt, dass nach dem Abriss an gleicher Stelle ein Vital-Gesundheits-Salzerlebniszentrum und ein Blockkraftwerk und in Nidda selbst ein Hallenbad und ebenfalls ein Blockkraftwerk entstehen sollen.

    Es werden weder die voraussichtlichen Kosten für den Abriss der derzeitigen Therme noch die Investitionskosten für die neuen Projekte genannt; von der Finanzierung ganz abgesehen. Dabei wäre doch für die Öffentlichkeit, die Kur-und Badegäste sowie die örtlichen Gewerbetriebe wichtig, zu wissen, wie das geplante Salzerlebniszentrum aussehen wird, und ob die geplanten Räumlichkeiten den Bedürfnissen der Badegäste, insbesondere dem Wunsch, zu schwimmen, angepasst sein werden. Die derzeitigen Badegäste und deren Beitrag zur Finanzierung werden jedenfalls ausbleiben, weil die Hauptattraktion des Ortes fehlt.

    3. Konkurrenz Bad Vilbel und Bad Nauheim

    Als weiteres Argument wird der Bau von Großthermen in Bad Vilbel und Bad Nauheim genannt, welche dann auch das Ende der Justus-Liebig-Therme bedeuten würden.

    Wir wohnen in Bad Vilbel. Das Hallenbad und der damit verbundene Kurbetrieb wurden bereits vor Jahren entfernt, weil die Josef-Wundgruppe den Bau eines Mega-Spaßbades mit über 30 Saunen , Riesenrutschen usw. anbietet. Das Projekt wird seit mehreren Jahren diskutiert. Derzeit wird der Bauantrag geprüft. Es können also noch Jahre bis zur Fertigstellung vergehen.

    Wir sind seit dem Abriss des Hallenbades von Bad Vilbel nach Bad Nauheim ins Thermalbad gegangen. Als 2015 auch dort die Stilllegung drohte , hatte der Bürgermeister vorgeschlagen, nur die vom Salz angegriffene Technik zu erneuern. Mit einer Unterschriften-Aktion, an welcher wir auch teilnahmen, sollte der Bürgermeister für die Durchsetzung seines Plans unterstützt werden. Vergeblich! Die jüngere Generation will „Wellness“, nicht vorrangig die heilende Kraft des Wassers.

    Wir fahren seit der dann tatsächlichen Schließung dieses Bades nach Bad Salzhausen zur Justus-Liebig-Therme. Auch ein Pendelbus bringt Badegäste von Bad Nauheim nach Bad Salzhausen. Ich kenne auch Badegäste, die aus entfernteren Orten wie Offenbach oder dem Hintertaunus als Badegäste kommen.

    Das gemeinsame der drei Kurorte ist, dass Wasser aus Quellen des Vogelsberges eingesetzt wird. Bad Vilbel kann aber kein Solewasser einsetzen. Bad Nauheim nur mit geringerem Salzgehalt. Bad Salzhausen aber hat ein Sole-Bad mit hohem Salzgehalt bei bekannten Heilkräften zu bieten. Das ist der Trumpf von Salzhausen. Auch das kostenlose Parken im Bereich der Therme ist als Vorteil zu nennen. Das neue Bad in Bad Nauheim ist seit sieben Jahren noch nicht einmal in der Bauphase. Es soll vor Baubeginn erst noch ein Parkhaus errichtet werden. Eine Konkurrenz durch die beiden Bäder in Vilbel bzw. Nauheim ist also nicht zu befürchten. Vor allem werden die vorwiegend älteren Badegäste der Justus-Liebig-Therme nicht zu den beiden anderen Standorten ab- bzw. zurückwandern, wenn sie dann überhaupt noch leben.

    4. Die Alten und Heilung Suchenden

    Meine Frau und ich sind über 80 Jahre alt, und wie wir schätzen auch viele andere unserer Altersgruppe die heilende Wirkung des warmen Salzwassers der Justus-Liebig-Therme. Wir alle haben auch das Geld, um höhere Eintrittspreise zur Deckung der Betriebskosten zu zahlen. Wir bedauern aber noch vielmehr diejenigen, welche aufgrund ärztlicher Verordnung zur Funktionsgymnastik, zur Rheumatherapie, zur Heilung von Atemwegserkrankungen oder Herz-Kreislauf-Beschwerden usw.. nun zukünftig zum Schwimmen in einem Innen-bzw. Außenbecken keinen Platz mehr finden. Ob das geplante kleine Vital-Gesundheits-Salzerlebniszentrum dies bieten kann, mag bezweifelt werden.

    Der Bürgermeister von Nidda ist, wie in der Hessenschau gesehen, noch jüngeren Alters. Er und viele andere politische Entscheidungsträger von heute werden aber einmal in ein Alter gelangen, bei welchem sie selbst zur Gruppe derjenigen gehören, bei der altersbedingte Gebrechen auftreten können und Heilungsversuche durch warmes Solewasser ärztlich verordnet oder angeraten werden. So denken sie in ihrer derzeitigen Lebensphase wohl nicht, und schalten die Konsequenz für ältere Generationen bei ihren Entscheidungen einfach aus.

    5. Facit

    Vor allem die älteren Badegäste fragen sich: wo hin ?, wo hin ? Ich glaube auch, wie die Presseberichte der vergangenen Tage zum Ereignis in Bad Salzhausen aussagen, dass die Maßnahmen der Stadtverwaltung Nidda zu einem Rückgang der Besucher des Ortsteils Bad Salzhausen insgesamt führen werden.

    Das jetzige Sole-Bad ist vor allem im Inneren architektonisch hervorragend gestaltet, Es ist daher zu überlegen, das Hessische Amt für Denkmalschutz einzuschalten, um einen Bestandsschutz überprüfen zu lassen. So wäre zwar der Badebetrieb in diesem Gebäude nicht mehr vorhanden, aber das Gebäude könnte z.B. für kulturelle Zwecke genutzt werden.

    Hans-Peter Nagler

    Bad Vilbel

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