Ausländerbehörde

Bessere Verwaltung und weniger Kunden

Von Klaus Nissen

Bis Ende März 2025 will das Land Hessen keine neuen Flüchtlinge in die Obhut des Wetteraukreises geben. Mehrere Gemeinschaftsunterkünfte stehen leer, werden vorerst aber nicht aufgelöst. Parallel ändert sich für Geflüchtete und Jobcenter-Kunden eine Menge im Umgang mit den Behörden.

Digitalrevolution in Ausländerbehörde

Es klingt zunächst erschreckend: „Das Jobcenter Wetterau stellt ab 01.01.2025 die Kommunikation per E-Mail mit Kundinnen und Kunden ein.“ Das steht auf der Homepage der für Sozialhilfe und Arbeitsvermittlung zuständigen Behörde des Wetteraukreises und der Arbeitsagentur. Es betrifft unter anderem die 1225 Wetterauer Haushalte, die im Kreis Hilfe zum laufenden Lebensunterhalt beziehen. Die Kunden können nicht mehr einfach in die Behörde kommen oder ihr Anliegen per Mail vorbringen.

Solche Warteschlangen wie hier im Sommer 2021 soll es in der Ausländerbehörde nicht mehr geben. Künftig laden sie vorher ihre Anträge ins System, lassen sich maschinell identifizieren und werden und bekommen feste Ansprechpartner. Foto: Nissen

Dafür muss man nun eine Jobcenter App auf sein Smartphone laden oder auf der Homepage jobcenter.digital einen QR-Code scannen und dann ein digitales Postfach beim Jobcenter einrichten. Das soll die Abläufe vereinfachen. Wer damit überfordert ist, bekommt noch eine persönliche Hilfestellung, schreibt die Digitalisierungsbeauftragte Nadine Knaupe. Dafür könne man unter der Nummer 06031 / 6849100 einen Termin vereinbaren. Doch die analogen Zeiten gehen zuende.

Ausländerbehörde hat die Akten digitalisiert

Schon volldigital arbeitet die Verwaltung der Wetterauer ohne deutschen Pass. Hier war der Handlungsdruck besonders groß, denn die überlastete Ausländerbehörde zeigte im vorigen Jahrzehnt bedrohliche Ausfallerscheinungen. Weil Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse nur nach langer Wartezeit zu bekommen waren, gab es Gedränge und Nervenzusammenbrüche in der Behörde. Im März 2018 entlud sich der Protest bei einer Demonstration vor dem Friedberger Kreishaus.

Nun gehört das Amt zu den ersten komplett digitalisierten Behörden. Nutznießer sind 55 063 Menschen. So viele Amerikaner, Türken, Afghaner, Syrer und Menschen aus anderen Nationen leben aktuell im Wetteraukreis, ohne einen deutschen Pass zu haben. Im letzten Halbjahr stieg die Zahl der ausländischen Bevölkerung um 221 Köpfe.

Ein Platz zum Leben in einer schönen, sicheren Landschaft – so zeichnete ein Kind aus der Friedberger Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete seinen Traum. Es entstand bei der Interkulturellen Woche im vorigen September und hängt mit weiteren Bildern noch bis Ende Februar im Foyer des Friedberger Kreishauses. Foto: Nissen

Aus der vom Krieg geplagten Ukraine wohnen laut Deliah Werkmeister vom Kreis-Pressedienst aktuell 4355 Menschen im Wetteraukreis. Ihre Aufenthaltserlaubnisse sind gerade pauschal bis zum 4. März 2026 verlängert worden. Egal, was in den persönlichen Dokumenten steht. Man müsse sich den Eintrag im Pass nicht persönlich ändern lassen, teilt der Fachdienst Ordnungsrecht des Kreises mit..

Behörde hat 55 000 Kundinnen und Kunden

Überhaupt tut die gut 30-köpfige Ausländerbehörde viel dafür, dass es kein Gedränge mehr in der früheren Sparkassen-Kundenhalle am Friedberger Europaplatz gibt. Wer einen Aufenthaltstitel braucht, kam bisher spontan oder buchte einen Termin – bekam aber wenig Rückmeldung und wusste nicht genau, welche Unterlagen mitzubringen sind. „Wir müssen jeden Montag etwa 200 Doppelbuchungen aus dem System löschen“, berichtete der Ordnungsrechts-Fachdienstleiter Christian Keim bei einer Zoom-Konferenz mit der Wettauer Arbeitsgemeinschaft Flüchtlingshilfe.

Ab Februar soll sich die Bearbeitungszeit in der Ausländerbehörde auf etwa zwei Monate halbieren. Im neuen System „Valesko“ füllen die 55 000 Kunden ihre Anträge digital aus, laden die nötigen Dokumente hoch und bekommen dann einen Termin zur Vorsprache. Dabei sollen sie sich im Kreishaus identifizieren. Ein neues Gerät macht von ihnen Passfotos und nimmt Fingerabdrücke in die jeweilige Akte auf.

Ein Bild aus vergangenen Zeiten: der damalige Chef der Ausländerbehörde in Friedberg vor einem von vielen Aktenregalen in seinem Amt. Sie wurden inzwischen gescannt. Foto: Nissen

Neu ist laut Keim auch, dass die Sachbearbeiter künftig nicht mehr nach dem Zufallsprinzip und oft nur einmalig dem Antragsteller zugeordnet sind. Nun werden „Bearbeitungsgruppen“ gebildet. Das helfe den Sachbearbeitern dabei, Hintergrundwissen für zu den jeweiligen Klienten zu sammeln. Zwei „Valesko-Paten“ sollen helfen, wenn Kunden das ab Mai in den Regelbetrieb gehenden System nicht so schnell verstehen. Es gebe dann Ansprechpartner und viel weniger Wartezeit im Amt.

„Christian Keim und Peter Müller (der Chef der Ausländerbehörde) machen einen guten Job“, sagt Johannes Hartmann auf Anfrage. Der ehrenamtliche Koordinator der AG Flüchtlingshilfe erhebt stets seine kritische Stimme, wenn es beim Umgang der Behörden mit migrantischen Antragstellern zu Problemen kommt. Sein Lob kann also als eine Art Ritterschlag für die Ausländerbehörde verstanden werden.

Keine neuen Geflüchteten

Rund 1500 Geflüchteten gaben der Wetteraukreis und die 25 Städte und Gemeinden im vorigen Jahr Obdach. 2023 waren es mit 2600 Menschen noch deutlich mehr. Seit Anfang 2020 kamen insgesamt rund 9000 Geflüchtete, berichtet die Kreis-Specherin Deliah Werkmeister.

Weil der Kreis seine Aufnahmequote im vorigen Quartal freiwillig um 180 Personen überschritt, folgt nun eine Art Belohnung. Bis Ende März wolle das Land Hessen dem Kreis keine weiteren Geflüchteten zuweisen, so Werkmeister. Aus Erfahrung rechne man im Kreishaus aber damit, dass etwa 40 trotzdem in die Wetterau kommen, weil ihre Angehörigen schon hier leben. Davon würden 20 Personen in Unterkünfte der Kommunen kommen. Der Kreis selber hält momentan vier Gemeinschaftsunterkünfte in Bereischaft. Das Fluchtgeschehen sei schwer vorherzusagen, so die Kreis-Sprecherin.„Insbesondere ist nicht absehbar, wie sich die Zahlen der ukrainischen Geflüchteten im Laufe des Winters entwickeln werden.“

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