Ideen für die Biotoplandschaft
Wasservögel, Insekten, seltene Pflanzen: Das Landschaftsschutzgebiet Auenverbund Wetterau ist ein hessenweit bedeutendes Biotop. Dieser Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen erstreckt es sich über die Landkreise Gießen, Wetterau und Main-Kinzig. In einem Workshop in Hungen wurden jetzt Ideen zu Naturschutz und Nutzung gesammelt.Zusammenarbeit über die Kreisgrenzen
„Wie können unterschiedliche Interessen von Naturschutz, Landwirtschaft und Tourismus in Einklang gebracht werden? Welche Ansprüche gibt es? Vor allem darum drehte sich die Diskussion während der ersten von zwei Veranstaltungen zum Auenverbund Wetterau in der Stadthalle in Hungen“, berichtet der Landkreis Gießen in einer Pressemitteilung. Zu der Veranstaltung, zu der über 100 Besucher gekommen waren, hatten die drei Kreise Wetterau, Gießen und Main-Kinzig eingeladen. Neben Hungens Bürgermeister Rainer Wengorsch begrüßte die Erste Kreisbeigeordnete und Naturschutzdezernentin des Kreises Gießen Dr. Christiane Schmahl die Anwesenden und führte in die Thematik ein. Das Projekt Auenverbund soll in die nächste Phase geführt werden. Die Zusammenarbeit über die Kreisgrenzen hinweg soll vor allem dem Schutz der Artenvielfalt in den Auen entlang von Wetter, Horloff und Seenbach dienen, den Auenverbund fortführen und weiterentwickeln. „Ich möchte, dass auch meine Enkelkinder noch diese wundervolle Naturlandschaft vorfinden“, betonte Schmahl. „Deshalb wollen wir das Erreichte auf dem hohen Niveau erhalten, verstetigen und das Bewusstsein für diese Schätze vergrößern.“
Christian Sperling, Fachbereichsleiter für Regionalentwicklung und Naturschutz des Wetteraukreises, erläuterte die Gebietskulisse, die bis zu den Oberläufen von Wetter und Horloff erweitert wurde. Er stellte den bestehenden Auenverbund Wetterau vor und schilderte die Visionen für die Fortführung und Weiterentwicklung des Auenverbundes für das Jahr 2025. Wolfgang Wagner vom Büro Planwerk stellte die möglichen Fördertöpfe vor und erläuterte sein Vorgehen, um Schwerpunkte des Projektes festzulegen. Auch konkrete Vorhaben in den fünf Bereichen Naturschutz, Landwirtschaft, Bürger, Regionalentwicklung und Wasser stellte er beispielhaft vor.
Ein reger Austausch fand im Anschluss an fünf Thementischen statt. Moderator Frank Uwe Pfuhl vom Büro „Landkonzepte“ bat um Ideen, Anregungen und Kritik. Dabei wurde rasch deutlich, wie unterschiedlich Sichtweisen und Interessen der Teilnehmer sind – und wo die Suche nach gemeinsamen Lösungen und Kompromissen nötig ist.
Unterschiedliche Interessen
Zum Beispiel beim Thema Naherholung: Während viele Spaziergänger die Auen nutzen, kritisieren vor allem Landwirte eine zunehmende Zahl freilaufender Hunde. Deren Hinterlassenschaften verschmutzen Wiesen, die eigentlich wertvolles Heu liefern sollen. Freilaufende Hunde sind auch eine Gefahr für Bodenbrüter – womit die Diskussion beim Naturschutz ankam: Naturschützer legen Wert auf die Schaffung und Bewahrung von Lebensräumen für bedrohte Tiere und Pflanzen. Dazu gehört zum Beispiel die Rückkehr des Bibers, der die Flusslandschaft nachhaltig verändert. Viele Landwirte sehen aber genau das skeptisch: Aus ihren Reihen wurde der Wunsch nach einem finanziellen Ausgleich laut, wenn Wiesenflächen nass fallen. Diskussionsbedarf gibt es auch, wenn es um eingewanderte und eingeschleppte Pflanzen geht: Wie soll man umgehen mit afrikanischen Nilgänsen oder dem indischen Springkraut?
Weiterer Aspekt: Die Entwicklung des Tourismus in der Region. So wurde der Wunsch geäußert, das Gebiet mit Radwegen zu erschließen und an die vorhandenen Tourismusregionen Lahntal und Vogelsberg anzuschließen. Andere wiederum befürchten, dass die letzten ungestörten Winkel damit zugänglich würden.
Doch nicht nur verschiedene Nutzerinteressen, sondern auch Perspektiven für den Auenverbund insgesamt waren Thema. Wie können Bürger informiert und mitgenommen werden? Welche Fördermöglichkeiten gibt es? Wie kann eine dauerhafte Unterstützung der Politik erreicht werden?
Die Fachleute der Landkreise werden nun die Ideen, Kritikpunkte und Fragen auswerten und die Ergebnisse in den weiteren Prozess einbeziehen, teilt der Kreis Gießen mit.