Gauland in Büdingen: Klare Feindbilder
Die AfD wirbt fast sechs Monate vor der Bundestagswahl intensiv um Anhänger. Ihr Spitzenkandidat Alexander Gauland (Bild) sprach am 4. Mai 2017 in Büdingen. Die politischen Gegner kamen zur Mahnwache. Und am 6. Mai treffen sie sich zur Demonstration „Wetterau stark gegen Rechts“ in Friedberg.
AfD im Wahlkampf
Vor allem junge Menschen aus dem Wetteraukreis rufen für den 6. Mai 2017 um 12 Uhr zur Demonstration gegen Nationalismus, Rassismus und Sexismus auf. Man trifft sich am Friedberger Bahnhof. Grüne, Linke, Jusos, der AStA der Technischen Hochschule Mittelhessen, die Antifa BI und andere Gruppen wollen ein Zeichzen gegen das Erstarken von Rechten setzen, heißt es im Aufruf. „Auch in der Wetterau gibt es mittlerweile Hochburgen der extremen Rechten“.
In Büdingen ist die NPD aktiv. Und die AfD hat bereits Björn Höcke, Frauke Petry und am 4. Mai ihren Bundestags-Spitzenkandidaten Alexander Gauland zu Wahlkampfreden in die Stadt geholt. Präsenz zeigten dort aber auch rund 30 Mahnwachen-Teilnehmer des „Büdinger Bündnisses“. Gut 50 Meter vom Tagungslokal der AfD entfernt standen sie unter Polizei-Beobachtung auf dem geschotterten Parkplatz und hielten Transparente für eine bunte Gesellschaft in die Höhe. „Wir dürfen dieser Partei nicht die Meinungshoheit überlassen“, rief Boris Winter vom Büdinger Bündnis durch den Lautsprecher. Die AfD-Politiker bedienten unverhohlen rassistische und nationalistische Ressentiments, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Müller. Diese Partei sei „nichts anderes als eine NPD im Schafspelz“. Und der AfD-Spitzenkandidat Gauland komme nach Büdingen, „weil er weiß, dass er hier NPD-Wähler ziehen kann.“
Im Haus Sonnenberg sammelten sich derweil gut 100 AfD-Fans in den beiden großen Restaurant-Räumen. Einige Stühle blieben darin frei. Der Kreisvorsitzende Klaus Herrmann und seine Leute wirkten deutlich entspannter als beim Auftritt von Frauke Petry im vorigen Juni – Pressevertreter und Neugierige wurden diesmal nicht abgewiesen. Man fühlte sich offenbar durch die in sieben Kleinbussen angereisten Bereitschaftspolizisten geschützt. Trotzdem postierte die AfD zwei in Schwarz gekleidete Sicherheitsmänner direkt neben dem Rednerpult. Reporter des Rundfunks und regionaler Zeitungen bekamen einen eigenen Tisch in der Nähe – und später das Angebot, in der Lobby Kaffee und Kuchen zu kosten.
Die meist männlichen Zuhörer im Alter von etwa 40 bis 70 Jahren mussten lange warten, bis Alexander Gauland ans Mikro ging. Zuvor sprachen andere. Mariana Harder-Kühnel, eine jüngere Rechtsanwältín aus Gelnhausen, die das dortige Bundestags-Direktmandat ihrem ehemaligen Klassenkameraden Peter Tauber von der CDU abnehmen will. Der habe früher weit rechter gedacht als jetzt, berichtete sie. Und schilderte ihn als eine Art prinzipienlosen Wendehals ohne Kinder. Die Jungpolitikerin schickte die ersten wütenden Botschaften gegen die offenbar aus tiefstem Herzen verabscheute Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Saal. Weil sie, Tauber und und andere Unionspolitiker, nämlich die Konservativen, aus der CDU verbannt und das Land „mit der Deutschland-verrecke-Politik a la Claudia Roth zugrunde gerichtet haben.“
In dieses Horn stieß auch der aus Bayern zugereiste ehemalige CSU-Politiker David Bendels. Ein junger Mann mit scharz glänzender Frisur und bayrischem Weizenbier in Reichweite. Bendels bescheinigte seinem Ex-Vorsitzenden Horst Seehofer, er sei „Erfüllungsgehilfe der Deutschland vernichtenden Masseneinwanderung“. Der Polizei vor dem Haus dankte Bendels unter Applaus, weil sie die Versammlung vor „rotlackierten Nazihanseln da draußen“ schütze. Die Mahnwachen-Teilnehmer seien nämlich Nazis. Beifall aus dem Publikum.
Der ehemalige Kriminalpolizist und aus der CDU geworfene Fuldaer AfD-Direktkandidat Martin Hohmann arbeitete an der Ehrenrettung der Bundeswehr. In der rumore es gewaltig, so Hohmann. Weil Ursula von der Leyen mit ihrer Kritik an der Truppe deren Ehre verletzt habe. Der „etwas merkwürdige“ Oberleutnant, den man wegen Terrorverdachts verhaftet habe, sei ja vielleicht kriminell. Aber er habe den Deutschen gezeigt, dass man bei Geldknappheit nur seinen Pass wegwerfen und sich als Asylbewerber melden müsse. Dann habe man einen netten Nebenverdienst.
Diese These baute der Hauptredner Alexander Gauland später aus. Gut 240 Millionen Leute aus dem afrikanischen Islam-Gürtel wollten nach Deutschland, behauptete der alte Herr. In 30 Jahren würden 1,2 Milliarden ins Land drängen. Wenn man die alle mit dem deutschen Sozialhilfesatz beglücken wolle, müssten die Deutschen fünf Billionen Euro aufbringen. Besser sei es, wenn die Deutschen unter sich blieben. Wenn die deutschen Polizisten 2015 Merkels Befehle verweigert und keine Flüchtlinge ins Land gelassen hätten. Und wer von den türkischstämmigen Deutschen für „Erdogans Despotie“ gestimmt habe, „möge auch künftig in Anatolien wieder zu Hause sein.“ Aus dem Publikum lauter Beifall.
Nach zwei Stunden durften einige Zuhörer Fragen stellen. Die Klima-Rettung sei doch ein Rechtsbruch, oder nicht? wollte ein Mann wissen. Gauland schaute wieder auf einen Punkt über dem Publikum (übrigens nie in den Nachbarsaal) und meinte: Sobald sie das Sagen habe, werde die AfD das Erneuerbare Energien-Gesetz ersatzlos streichen. Man wolle an den traditionellen Energien festhalten. Einen weiteren Zuhörer plagte ein anderes Problem: „Was macht man, damit die Frauen früher Kinder bekommen? So, wie in den Siebziger und Achtziger Jahren, als sie noch zwei bis drei Kinder hatten.“ Da musste selbst Alexander Gauland passen. Er meinte: Dieses Problem könne man wohl politisch nicht lösen.
Schon für den 5. Mai 2017 rief die Wetterauer AfD zur nächsten Wahlveranstaltung auf. Sie soll ab 19 Uhr im Bürgerhaus von Okarben stattfinden. Klaus Maier werde die Vorstellungen der Partei zur Energiepolitik erläutern.
Ein Gedanke zu „AfD im Wahlkampf“