„Ohne Gastronomie macht es keinen Sinn“
In der Serie über den zur Landesgartenschau entstehenden Oberhessensteig hat der Neue Landbote schon über das Projekt, seinen Erfinder Peter Dubowy und den Vogelsberger Höhenclub (VHC), berichtet, der den Weitwanderweg betreut. Hier kommt Andreas Wenk vom Heimat- und Geschichtsverein Düdelsheim zu Wort. Denn einen Wanderweg auszuweisen ist das eine. Das andere ist, ihn über Jahrzehnte zu pflegen. Das übernehmen meistens Ehrenamtler. Andreas Wenk erklärt, wie man das macht. Und warum.Oberhessensteig mit Entgasungsröhren
Andreas Wenk (Jahrgang 1973) hat einen weltläufigen Beruf. Er ist Wirtschaftsprüfer für Genossenschaftsbanken und kommt so weit herum. Zugleich hat er ein starkes Heimatbewusstsein. Deshalb engagiert sich der gebürtige Düdelsheimer im 2011 gegründeten Heimat- und Bürgerverein. Als Vorsitzender pflegt er mit den Aktiven des rund 160 Mitglieder zählenden Vereins die Gemarkung des mindestens 1227 Jahre alten und 2700 Einwohner zählenden Stadtteils von Büdingen. Der Verein organisiert Veranstaltungen und dekoriert ein „Museums-Schaufenster“ an der Schulstraße. Mehr über den Verein auf www.buergerverein-duedelsheim.de
Herr Wenk, Sie kennen sich in Düdelsheim gut aus. Im Wald südlich des Dorfes liegen große, mit Löchern übersäte Steine. Was hat es damit auf sich?
Das sind Entgasungsröhren, die man vom Oberhessensteig und der Bonifatius-Route aus besichtigen kann. Die Basaltsteine entstanden vor Millionen Jahren im Vogelsberg-Vulkan. Als die Lava erkaltete, bildeten sich darin Röhren, durch die heiße Gase austraten. So eine geologische Erscheinung ist selten. Man dachte lange, Menschen hätten die Löcher in den Stein getrieben.
Mulchen, mähen, Hecken schneiden
Sie sind Vorsitzender des Heimat- und Bürgervereins, der die Attraktionen von Düdelsheim ins Licht rückt. Unter anderem pflegen Sie einen Abschnitt der von Mainz nach Fulda führenden Bonifatiusroute. Jetzt kommt noch der Oberhessensteig hinzu. Was müssen Sie da ganz praktisch tun?
Es muss alles attraktiv bleiben. Die Bonifatiusroute läuft wie der Oberhessensteig über die Steinern – den Hausberg unseres Dorfes. Dort haben wir vor einigen Jahren unter anderem die Aussichtsplattform überdacht. Mindestens einmal im Jahr wird auf dem Plateau das Gras gemäht und Hecken zurück geschnitten. An der Bonifatiusroute führen wir sechs- bis siebenmal im Jahr Pflegearbeiten gemeinsam mit Vereinsmitgliedern durch. Wir haben dafür einen Mulchmäher angeschafft, der hohes Gras mähen kann. Wir kümmern uns auch um die Ruhebänke und den guten Zustand der Aussichtspunkte.
Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld?
Wir wenden dafür Teile unserer Mitgliedsbeiträge auf. Zum Kauf von Bänken und Panoramaliegen haben wir darüber hinaus auch in Einzelfällen Spenden von Bewohnern des Ortes erhalten.
„Bei der Bevölkerung ein Heimatgefühl wecken“
Warum machen Sie das alles?
Wir haben uns als Verein zum Ziel gesetzt, das Dorf zu verschönern und bei der Bevölkerung ein Heimatgefühl zu wecken oder zu erhalten. Auch Neubürgern wollen wir zeigen, dass Düdelsheim einiges zu bieten hat und man sich hier gleichzeitig für die gute Sache einbringen kann.
Die Düdelsheimer geizen nicht mit Attraktionen. Im Wald südlich des Dorfes steht am Oberhessensteig die Grimmsche Märchenwelt – etwa das Rumpelstilzchen, Schneewittchen und Hans im Glück. Die Holzfiguren von Johanna Busch wurden gerade frisch lackiert. War das Ihr Werk?
Darum kümmert sich schwerpunktmäßig unser Ortsvorsteher Ramon Franke gemeinsam mit dem Ortsbeirat. Wir haben bei der Beschriftung und teilweise beim Aufbau der Figuren geholfen. Ursprünglich sollte nur ein Holztrog für das Quellwasser am oberen Ende des Gänsweges erneuert werden, dieser wurde von uns angeschafft und von Johanna und Wolfgang Busch, mit denen wir gerne zusammenarbeiten, mit der Märchen-Figur Hans im Glück versehen. Der damalige Ortsvorsteher Robert Preußer hatte dann die Idee, Märchenfiguren aufzustellen.
Wie wichtig sind solche Sehenswürdigkeiten?
Den Ort machen sie unverwechselbar. Und den Auswärtigen liefern sie einen Grund, unsere Gemarkung zu besuchen. Bei den Märchenfiguren sind insbesondere Familien mit Kindern die Zielgruppe. Gerade in der Corona-Zeit haben wir gemerkt, dass vermehrt Autos mit Frankfurter oder Main-Kinzig-Kennzeichen in Düdelsheim parken. Familien fahren gezielt hierher, um dies zu begutachten. Und weil auch die Attraktion im Netz, beispielsweise bei Google Maps beworben wird, wird sie entsprechend bekannter.
Wichtig: Gastronomie und Markierungen
Bringt das auch Umsatz? Glauben Sie, dass Wanderer die heimische Gastronomie stützen können? Wenn es die überhaupt noch gibt?
Wanderer sind sicherlich auch ein Wirtschaftsfaktor. In Düdelsheim gibt es Ferienwohnungen, die von Bonifatius-Pilgern angefragt werden. Die Weitwanderer und die Ausflügler benötigen aber auch gastronomische Angebote. Sonst macht das alles keinen Sinn. Hier haben wir zum Glück im Ort noch mehrere Bäckereien und einen Metzger mit warmer Theke. Von der Phönix-Gaststätte weiß ich, dass Wanderer dort auch mal am Mittagstisch sitzen. Des Weiteren gibt es im Ort eine Pizzeria.
An Wald- und Feldkreuzungen hängt oft ein ganzes Kaleidoskop von Markierungen. Da treffen sich lokale Wanderwege mit überregionalen wie der Bonifatiusroute und dem Hugenottenweg. Wird es nicht zu viel? Wer soll all diese Wege noch bewandern?
Meines Erachtens gibt es gerade seit Corona viele Wanderer und die kommen auch, wenn die Region etwas bietet. Auf dem Weg zu den Steinern haben wir beispielsweise eine Panoramaliege aufgebaut, von der ein schöner Blick auf Büdingen geht. Und bei den Markierungen kommt es darauf an, dass sie deutlich sind. Für die Bonifatiusroute wurden von der damaligen Bonifatiusgruppe Feldsteine gesammelt und an wichtigen Ecken mit dem rot-weißen Logo der Route versehen. Es ist dabei wichtig, dass die Landwirte und Forstleute eingebunden sind und sie bei ihren Arbeiten nicht behindert werden. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn ein Weg verfällt, der mit viel Mühe und Geld erschlossen wurde. Die Wege müssen daher langfristig gepflegt werden. Und die Wegewarte müssen im Gespräch mit den Landbesitzern bleiben.
Man kann Wander-Events organisieren
Wer pflegt langfristig einen Wanderweg? Der Düdelsheimer Abschnitt des Oberhessensteigs scheint in sicheren Händen zu sein. Aber wer macht das anderswo?
Die jeweilige Kommune kann dies aufgrund begrenzter Mittel und enger Personaldecke sicherlich nur eingeschränkt übernehmen. Es braucht daher Ehrenamtliche mit langem Atem.
Nutzen auch Einheimische die Wanderwege?
Der Düdelsheimer Werner Luft hat für unseren Ort bereits vor Jahren eine Wege-Broschüre erstellt, die später mit Mitgliedern unseres Vereins aktualisiert worden ist. An Wochenenden geht auch der ein oder andere Düdelsheimer hier wandern. Und es scheinen mehr zu werden. Neubürger kann man zum Beispiel durch Wander-Events erreichen und integrieren. Interview: Klaus Nissen