Wissenschaft im Islam

Museum in Istanbul

Von Michael Schlag

Unter anderem ein dampfbetriebener Dönerspieß ist im „Museum der Geschichte von Wissenschaft und Technik im Islam“ in Istanbul zu sehen.

Einige Überraschungen

In diesem Museum in Istanbul darf man sich auf einige Überraschungen gefasst machen, zumal, wenn man es mit gewohnt eurozentrischem Blick auf die Wissenschaften betritt. Es beginnt schon mit dem Wahrzeichen des „Museums der Geschichte von Wissenschaft und Technik im Islam“, ein mit stilisierten Längengraden und Breitengraden überbauter Globus – hier bereits zutreffend berechnet zu Beginn des neunten Jahrhunderts. In diesem Zeitraum beginnen auch die Ausstellungen, sie zeigen Geräte und Modelle von Apparaturen, die zwischen dem neunten und dem 16. Jahrhundert von islamischen Wissenschaftlern erfunden und konstruiert wurden.

Ein Gang im Museum. (Fotos: Michael Schlag)

Im siebten Jahrhundert, so schreibt das Museum, hätten Muslime begonnen, sich das wissenschaftliche Erbe anderer Kulturkreise anzueignen, allen voran der Griechen. Mitte des 9. Jh. hätten sie diese „Periode der Rezeption und Assimilation“ verlassen, und es begann die eigenschöpferische Phase islamischer Wissenschaften – davon handelt das Museum.

Sternkarte und Wasseruhr

Es beginnt mit dem Kapitel Astronomie und einem Astrolabium, einer Nachbildung aus dem Jahr 927. Das ist eine drehbare Sternkarte aus Metall, die die Bewegung der Himmelskörper abbildet und mit deren Hilfe man ihre kommenden Positionen voraussagen kann.

Das Astrolabium.

Genaue Zeitmessung, ein anderes Thema. Dazu diente eine Wasseruhr, groß wie ein Schrank, mit der 1362 die Gebetszeiten in der Moschee in Fes berechnet wurden. Grundlage ist ein konstanter, auf die Sekunde genauer Wasserfluss. Das Sinken des Schwimmers im Wasserbehälter gibt den Takt der Uhr an; alle vier Minuten rückt ein Minutenzeiger vor, zu jeder vollen Stunde öffnet sich eine der Türen hinter der Reihe von 24 Kelchen oben rechts im Bild.

Die Wasseruhr.

Ähnlich die Zeitmessung mit der Kronleuchteruhr aus Ägypten, hier aber nicht mit dem Wasserfluss, sondern mit dem Verbrauch von Brennstoff.

Die Kronleuchteruhr.

Immer wieder trifft man auf den Namen des Universalgelehrten Taqi ad-Din, eine Art islamischer Leonardo da Vinci. Auf die Konstruktionsbeschreibung von Taqi ad-Din geht das Modell eines Schöpfwerks mit sechs Kolben zurück: Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Spielzeug, tatsächlich ist es eine komplexe Erfindung: Die Strömung eines Flusses treibt ein Wasserrad an, dessen Drehbewegung wird auf eine Nockenwelle übertragen. Deren Nocken bedienen sechs Hebel, diese setzen sechs Kolben als Bewässerungspumpen in Bewegung.

Modell des Schöpfwerks mit sechs Kolben.
Dönerspieß und Rosenwasser

Das wohl skurrilste Schaustück im Museum – und beim zweiten Hinsehen wiederum eine bahnbrechende Erfindung – ist der mit Dampf betriebener Dönerspieß. Auch dies ein Modell nach der Beschreibung im Buch von Taqi ad-Din aus dem Jahr 1546: „Die hohen Methoden der spirituellen Maschinen“. Es markiert im Grunde die Erfindung der Dampfturbine bereits Mitte des 16. Jahrhundert. Als Dampfquelle diente ein geschlossener, mit Wasser gefüllter Kupferkessel, der oben in einer Düse endet. Kocht das Wasser im Kessel, treibt der Dampf aus der Düse ein Flügelrad an, ähnlich wie bei der 300 Jahre später erfundenen Pelton-Turbine.

Der dampfbetriebene Dönerspieß

Aus dem arabischen Andalusien schließlich stammt der Destillierapparat für Rosenwasser, seine Konstruktion datiert auf das 10. Jh. Das Prinzip der Destillation verbreitete sich dann in ganz Europa. Und damit, so schreibt das Museum, begann das Ende diese Phase der islamischen Wissenschaften. Die arabischen Schriften wurden zunehmend ins Lateinische übersetzt, die Erfindungen wurden weiterentwickelt und in den folgenden Jahrhunderten übernahmen Europäer die Führung in Wissenschaft und Forschung.

Destillierapparat für Rosenwasser.

Titelbild: Ein mit stilisierten Längengraden und Breitengraden überbauter Globus ist das Wahrzeichen des „Museums der Geschichte von Wissenschaft und Technik im Islam“ in Istanbul.

Die Webseite des Museums in Istanbul: muze.gen.tr/muze-detay/islam-bilim

Viele Nachbauten und Modelle sind auch in Frankfurt zu sehen, im Museum des Instituts für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften: uni-frankfurt.de/58601604/Institut_f%C3%BCr_Geschichte_der_Arabisch_Islamischen_Wissenschaften

Wie ein Astrolabium funktioniert, ist hier beschrieben:

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