Großprojekt kommt voran
Von Klaus Nissen
Mehr als ein Jahr hat es gedauert. Doch kurz vor Weihnachten 2024 billigte die Stadt Friedberg als letzte der vier Eigentümer-Kommunen auf dem Taunushang am Winterstein den Bau von großen Windkraftanlagen. Sie versprechen riesige Gewinne – auch für Privatleute, die sich finanziell beteiligen.
Pachtverträge für Windpark Winterstein
Am 12. Dezember 2024 stimmte die Friedberger Stadtverordnetenversammlung dem Pachtvertrag zu. Sechs Tage später wurde der Kontrakt zwischen der Kreisstadt und dem Windpark-Entwickler ABO Energy aus Wiesbaden im Rathaus unterzeichnet. Auf dem Friedberger Waldgelände sollen vier große Rotoren installiert werden – insgesamt plant Abo Energie 13 große Anlagen.
Uns war es sehr wichtig“, so der parteilose Bürgermeister Kjetil Dahlhaus, „dass dieser Vertragsabschluss noch im alten Jahr stattfindet. Es ist schön, Dinge endlich abzuschließen.“ Die Vertreter von ABO Energy brachten zur Unterzeichnung schon mal ein kleines Modell-Windrad für das Büro des Bürgermeisters mit.
Hohe Pachten und Umsatzbeteiligung
Die Projektententwickler haben mit allen Kommunen Pachtverträge geschlossen, die Friedberg, Wehrheim, Rosbach und Ober-Mörlen pro Jahr und Anlage eine sechsstellige Pacht einbringen. Und zusätzlich 0,2 Cent für jede Kilowattstunde Windstrom, die erzeugt wird.
Schon 2023 hatten sich außer dem landeseigenen Betrieb Hessen-Forst schon Rosbach und Wehrheim für ABO Energy entschieden. Auch der Bundesforst besitzt Gelände auf dem on Wind und Dürren gezeichneten Höhenröcken. Der lässt dort den Projektentwickler Alterric einige Anlagen bauen. Das gesamte Windparkgelände umfasst mehr als 300 Hektar parallel zur A5 an der Grenze der Landkreise Wetterau und Hochtaunus.
Anfang 2025 will ABO Energy den Genehmigungsantrag für den Windpark beim Darmstädter Regierungspräsidium stellen. Im Regionalen Flächennutzungsplan ist das Areal schon als Vorranggebiet für Windkraftnutzung ausgewiesen. Die Baugenehmigung wird für 2026 erwartet. In Betrieb gehen soll der Windpark im Jahr 2028.
340 Millionen Kilowattstunden Windstrom
Danach sollen von der windigen Höhe pro Jahr etwa 340 Millionen Kilowattstunden Windstrom kommen, sagt Achim Parbel von der Mittelhessischen Energiegenossenschaft (MiEG). Das wäre genug Energie für etwa 10 000 Haushalte – also für die gesamte Bevölkerung des Wetteraukreises.
Jeder Rotor der 7,2-Megawatt-Klasse wird sich auf bis zu 185 Metern über dem Boden drehen. Die Baukosten pro Anlage schätzt Parbel auf zehn bis zwölf Millionen Euro.
Einen möglichst großen Anteil dieser gewaltigen Investition sollen die Mitglieder und Geldgeber der 2023 gegründeten Zentral-Energiegenossenschaft stemmen. Die MiEG und sechs andere hessische Energiegenossenschaften schlossen sich dafür zu einer gemeinsamen Genossenschaft mit Sitz in Friedberg zusammen. Sie kann die Finanzkraft von mehr als 10 000 Bürgern, Kommunen und Unternehmen aus der Region bündeln, die schon Anteilseigner in den einzelnen Energiegenossenschaften sind.
Bürgerbeteiligung per Energiegenossenschaft
Abo Wind hat laut Parbel mit der Zentralgenossenschaft ein Vorkaufsrecht für den Windpark vereinbart – über Details werde man aber erst 2026 verhandeln, sagte er bei der Mitgliederversammlung der MiEG in Butzbach. Dort stellten einige Mitglieder viele Fragen – manche fühlten sich offenbar nicht ausreichend über das Großprojekt informiert.
Parbel versprach, dass im Februar 2025 eine Informationsveranstaltung zum Windparkprojekt und zu den Chancen der Bürgerbeteiligung in der Friedberger Stadthalle organisiert wird.
Laut MiEG-Vorstand sollen Genossenschafts-Mitglieder voraussichtlich Nachrangdarlehen oder Beteiligungen am Windpark zeichnen können die ihnen eine jährliche Rendite von etwa fünf Prozent bringen könnten. Wenn diese Art der Bürgerbeteiligung nicht genug Geld für den Kauf des gesamten Windparks einbringt, kann Abo Energy immer noch das Geld internationaler Investoren einwerben.
Für die 2011 gegründete Mittelhessische Energiegenossenschaft mit ihren 722 Mitgliedern wäre der Einstieg in den Windpark eine Chance, enorm zu wachsen. 2024 betrieb die Genossenschaft 41 Fotovoltaik-Anlagen. Sie liegen meist auf den Dächern kommunaler Gebäude. Zuletzt entstand eine 24,7-Kilowatt-Anlage der MiEG auf der Kita Wichtelwiese in Reichelsheim.
Der gesamte Gewinn erreicht in der Regel nicht mehr als einen fünfstelligen Betrag, der alle zwei Jahre als kleine Dividende ausgeschüttet wird. 2024 wuchs der Gewinn spürbar durch eine Beteiligung der Genossenschaft an einem Windpark bei Gedern. Auch die gerade an vielen Stellen geplante Errichtung von Freiflächen-Solaranlagen wäre für die Energiegenossenschaft interessant, so MiEG-Vorstad Parbel. „Wir wollen nicht den Status Quo verwalten – wir wollen weiter wachsen.“