Buchgeschenke für Kinder
von Ursula Wöll
Seit 25 Jahren gibt es ihn nun, den UNESCO-Welttag des Buches am 23. April. Ein Tag für eingefleischte und künftige Bücherwürmer. Vor allem Kinder sollen sich fürs Lesen begeistern. Sie erhalten deshalb jedes Jahr ein Buchgeschenk, diesmal einen Comicroman mit dem Titel „Biber Undercover“. Neben einem Biber spielen die Kinder Selma und Tobi darin Hauptrollen. Eine Abenteuergeschichte auf 160 Seiten mit einer Auflage von einer Million! Als Lesealter wird 10 – 99 Jahre vorgeschlagen. So freue auch ich mich als älteres Semester wie ein Kind auf das neue Buch.Die edlen Spenderinnen und Spender
Die jährliche millionenfache Schenkaktion läuft unter dem Motto „Ich schenk dir eine Geschichte“. Sie wird gemeinsam von der Stiftung Lesen, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, dem cbj-Verlag, der Deutschen Post und dem ZDF gestemmt. SchülerInnen der 4. und 5. Klassen erhalten gegen einen Gutschein das Buch kostenlos. Den Druck dieser vielen Gutscheine hat die Kultusministerkonferenz finanziert. LehrerInnen müssen die benötigte Zahl Gutscheine anfordern und verteilen oder gleich Klassensätze der Bücher bestellen. Die Frist hierzu ist jedoch bereits abgelaufen. Es kann gut sein, dass der eine oder die andere diese Frist verschlafen hat, so dass es über die Schule keine Buchgeschenke gibt. No problem. Kinder können gerne ab sofort in eine Buchhandlung gehen und sich das 160 Seiten dicke Buch auch ohne Gutschein schenken lassen. So hat es mir die Friedberger Buchhandlung Bindernagel versichert. Und so halten es die anderen Buchhandlungen in jeder beliebigen Stadt auch. Ich selbst habe „Biber undercover“ für 1,60 Euro auf Rechnung bestellt, und zwar versandkostenfrei bei ‚Thalia.de‘ und nicht bei amazon, weil die keine Tariflöhne zahlen.
Was beim Lesen alles passiert
Am Ende jeder Lektüre wird man ein wenig besser über sich selbst Bescheid wissen. Kafka sprach sogar vom Buch als von einer Axt für das gefrorene Meer in uns. Na ja, aber die Milch auf dem Herd kann schon mal überkochen und der Kuchen im Backofen verbrennen, weil man alles um sich vergisst. Präziser hat es die Präsidentin der Kultusministerkonferenz zusammengefasst: „Bücher laden ein, in andere Welten einzutauchen. Buchstaben, Wörter und Sätze werden im Kopf zu Bildern. Damit regt das Lesen die Fantasie an, schult die Konzentrationsfähigkeit und verbessert ganz nebenbei die Sprach- und Schreibkompetenz.“ Das Eintauchen in andere Welten ist nicht nur räumlich zu verstehen, wenn die Geschichte etwa in Paris oder dem tropischen Regenwald spielt. Auch zeitlich können einem Bücher versetzen, zurück in die Historie oder nach vorn in die Zukunft (in der es kaum noch Regenwälder geben wird). Als dritte Möglichkeit können Bücher in irreale Welten entführen, in denen sich etwa Einhörner tummeln. Das alles kann als Roman, Sachbuch oder wie im Fall „Biber undercover“ als Romancomic daherkommen. Das Genre ‚Romancomic‘ wählten Rüdiger Bertram als Autor und Timo Grubing als Illustrator wohl, um ‚mit der Zeit zu gehen‘ und dadurch vielleicht ein größeres Interesse bei Kindern zu wecken.
Wo man lesen kann
Henry Miller bekannte: „Meine besten Leseerlebnisse fanden auf der Toilette statt.“ Ich halte es lieber mit dem armen Poeten von Spitzweg oder mit Colette, die sich ebenfalls mit ihrem Buch im Bett einmummelte, neben sich gerollt die schnurrende Katze. Das Liegen wird auch von Alberto Manguel in seinem so wunderbaren Buch „Eine Geschichte des Lesens“ gepriesen. Er bringt etwa das Bild eines Mönchs aus dem 13. Jahrhundert. Die Beine in eine Decke gewickelt, die Stiefel abgestreift und 6 Bücher neben sich auf der Pritsche. Wer lieber im Sitzen liest, kann das in einer Bibliothek tun und sich Bücher nach Hause ausleihen. Oder gar das Ambiente eines Büchertempels in Form einer prächtigen Barockbibliothek genießen. Ja, sogar bei der Arbeit kann man lesen, besser gesagt sich vorlesen lassen. Manguels Buch zeigt ein Bild mit fünf Zigarrendrehern. Der sechste sitzt hinter ihnen und liest aus einem Buch vor. Die Arbeiter haben für seinen Lohn zusammengelegt und ihn von der Arbeit freigestellt. So buchverrückt waren sie. Auch wer es nicht übertreiben will, das gedruckte Buch sollte wertgeschätzt werden. Die Grundlage für seine Achtung wird im Kindesalter gelegt.