Der Maler liebte die Natur
Der aus Marburg stammende Maler Otto Ubbelohde (1867 – 1922) hat Fans bei allen Generationen. Dies wurde bei der Eröffnung der Ausstellung „NaturBilder“ in Gießen deutlich, in der ausschließlich Landschaftsgemälde des Illustrators der Grimm’schen Märchenbücher bis zum 23. April 2017 gezeigt werden.
Gemeinschaftsprojekt
Ins Oberhessische Museum (Altes Schloss) am Brandplatz in Gießen strömten zur Vernissage zahlreiche Kunstinteressierte jüngerer bis zu „reiferen“ Jahrgängen. Um so größer war die Freude über die große Resonanz bei den Veranstaltern: Die Sonderausstellung zum 150. Geburtstag des Künstlers ist ein Gemeinschaftsprojekt der Otto-Ubbelohde-Stiftung Goßfelden, dem „Gießener Kunstverein 1912“, der Stadt Gießen und dem Oberhessischen Museum Gießen.
Dass diese Zusammenarbeit so gut funktioniert, würdigten Sabine Philipp (Leiterin des Oberhessischen Museums) und Oberbürgermeisterin (OB) Dietlind Grabe-Bolz. Die OB hatte auch noch einen Ausflugstipp (auch per Rad) parat: nach Lahntal-Goßfelden (Kreis Marburg-Biedenkopf) zum Museum im ehemaligen Atelierhaus des Malers und seiner Frau Hanna. In dem idyllischen Domizil, das von einem Garten umzäunt wird, entstanden einige der Arbeiten, die im Alten Schloss zu sehen sind.
Teil der Lebensreformbewegung
Die Erläuterung zu den Exponaten erfolgte durch Dr. Susanne Ließegang (Vorsitzende des Gießener Kunstvereins 1912). Sie ging auf eine besonders interessante Epoche im Leben Ubbelohdes ein, der nach Künstlerstationen in München und Worpswede schließlich im Lahntal bei Goßfelden ideale Voraussetzungen fand, seine Kreativität umsetzen zu können: Susanne Ließegang beschrieb die Bedeutung der Lebensreformbewegung, die für Ubbelohde eine große Rolle spielte. Diese Bewegung wirkte den negativen Begleiterscheinungen der Industrialisierung entgegen, deren Folgen die Zerstörung von Landschaften auch heute ist. Die Lebensreformer des 19. und anfänglichen 20. Jahrhundert engagierten sich für die Umsetzung von Idealen, die den Zielen der Leute ähneln, die sich heutzutage für eine intakte Natur einsetzen. Ubbelohde kämpfte ohnehin zeitlebens für eine unberührte Natur, wie Dr. Ließegang unterstrich. Sie brachte dafür ein Beispiel: „Als in der Nähe des Ateliers des Zeichners Pappeln gefällt werden sollten, um die Bewirtschaftung des Landes zu erreichen, handelte Ubbelohde mit Erfolg Baumpachten aus.“
Die Achtung des Künstlers vor der Natur
Ließegang verdeutlichte, dass sich in den Landschaftsbildern die Achtung des Künstlers vor der Natur im Raum Mittelhessen ausdrückt. Charakteristisch hierfür ist das Gemälde unter dem Titel „Hessische Landschaft“: Es zeigt eine Burg inmitten einer Gegend mit Wiesen, Feldern und einem Fluss. Auf den ersten Blick wirkt das Gemälde ruhig. Wenn man jedoch genau hinschaut, bemerkt man jedoch Bewegung: Die Sträucher und Bäume, die von umherschwirrenden Vögeln umgegeben sind, neigen sich durch die Kraft des Windes zur Seite; man spürt als Betrachter den Wind und „hört“ den Gesang bzw. Schrei der Vögel. Übrigens hat Ubbelohde für dieses Bild keine Vorlage irgendeiner Örtlichkeit zugrunde gelegt. Er hat eben aus der Phantasie eine typische hessische Landschaft porträtiert.
Das Gemälde war auch in erste großen Einzelausstellung Ubbelohdes 1913 in Gießen im Turmhaus gegenüber dem Alten Schloss integriert. 1918 erlebte der Künstler eine besondere Anerkennung: die Ehrendoktorwürde der Gießener Universität.
Wer den Tipp der Oberbürgermeisterin für einen Ausflug ins Ubbelohde-Museum in Lahntal-Goßfelden in der Nähe Marburgs umsetzen will, hat schon bald Gelegenheit dazu: Der Oberhessische Geschichtsverein veranstaltet am 3. März 2017 eine Visite in dem Museum (Infos unter www.ohg-giessen.de). Das Künstlerhaus in Goßfelden ist samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Infos: www.lahntal.de
Die Ausstellung „NaturBilder“ von Otto Ubbelohde ist bis zum 23. April im Oberhessischen Museum (Altes Schloss), Brandplatz 2
in 35390 Gießen zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 16 Uhr. Führungen: Samstag, 18. März, 15 Uhr mit Ludwig Rinn, Samstag, 1. April, 15 Uhr mit Dr. Susanne Ließegang und auf Anfrage unter Tel. 06409/ 80 80 284 oder per E-Mail an s.liessegang@t-online.de