Auf Grimms Spuren
Von Jörg-Peter Schmidt
Abends die Vorstellung ihres Romans „Grimms Morde“ – tagsüber auf Einladung von Gastgeber Thomas Le Blanc ein Spaziergang auf den Spuren von Charlotte Buff und Johann Wolfgang von Goethe: Tanja Kinkel, Autorin historischer Romane wie „Die Puppenspieler“ und „Die Löwin von Aquitanien“, nahm gern die Gelegenheit wahr, eine solch geschichtsträchtige Region wie Wetzlar und Umgebung zu erkunden. Bei ihrer Lesung in der Phantastischen Bibliothek traf sie dann auf ein literaturbegeistertes und -kundiges Publikum.
Romanze und Mordserie

Die Schriftstellerin aus München zitierte in der gemeinsamen Veranstaltung der Bibliothek und der Goethe-Gesellschaft im Rahmen der Wetzlarer Kunst-und Kulturtage vor über 100 Zuhörern aus ihrem neuen Buch, in dem es um die Romanze zwischen Wilhelm Grimm und Jenny von Droste zu Hülshoff sowie einer Mordserie in Kassel im Jahr 1821 geht, die Wilhelm und seinem Bruder Jacob angelastet werden soll. Immerhin: Bei der Leiche einer landesfürstlichen Mätresse wird ein Zettel mit einem Zitat aus der Erzählung „Die drei schwarzen Prinzessinnen“ gefunden, die zur Märchensammlung von Wilhelm und seinem Bruder Jacob gehört. Ausgerechnet diese volkstümliche Geschichte wurde den Brüdern von Jenny von Droste zu Hülshoff und ihrer als Schriftstellerin berühmt gewordenen Schwester Annette geliefert. Die beiden Frauen versuchen verzweifelt, den Verdächtigten zu helfen und den wirklichen Täter zu finden – da geschieht ein zweiter Mord….
Atemlose Stille in der Phantastischen Bibliothek: Die Zuhörer fühlten sich sofort in den Bann gezogen. Aber was an dem Stoff ist real? „Die Begegnung der Droste-Schwestern mit den Brüdern Grimm ist keine Erfindung ebenso wie die Verbindung zwischen Jenny und Wilhelm, denn es gibt einen langjährigen Briefwechsel der beiden“, unterstrich Tanja Kinkel. Die Mordserie ist allerdings fiktiv.
Kinkel bereist die Schaupätze ihrer Romane

Nach der Lesung bat Thomas Le Blanc (Leiter der Phantastischen Bibliothek und 2. Vorsitzender der Goethe-Gesellschaft) um Fragen an die Autorin. Reist die gebürtige Bambergerin zu den Schauplätzen ihrer Veröffentlichungen? Bevor sie „Manduchai – die letzte Kriegerkönigin“ schrieb, lernte sie die Menschen und die Landschaft in der Mongolei kennen. Bevor sie die Erzählung unter dem Titel „Verführung“ (hier begegnen sich die Sängern Angiola Calori und Giacomo Casanova) begann, ließ sie sich erst mal von dem Charme Venedigs und seiner historischen Kulisse verzaubern.

Und ihr Buch „Mondlaub“, das vom Ende der Maurenherrschaft in Granada erzählt, entstand erst, nachdem sie die Stadtburg Alhambra in Spanien gesehen hatte. Dass sie vor dem Schreiben ihrer Bücher im Durchschnitt über eineinhalb Jahre lang recherchiert, berichtete sie auf Nachfrage, bevor sich eine lange Schlange von Literaturfreunden bildete, die ihre Tanja-Kinkel-Bände signieren lassen wollten.