Worte der Anne Frank erklingen
von Jörg-Peter Schmidt
Anne Frank, die im Frühjahr 1945 im KZ Bergen-Belsen starb, führte ihr Tagebuch von Juni 1942 bis August 1944. Auszüge aus diesen Aufzeichnungen bilden den Rahmen für ein Projekt in Gießen, das vom 2. November bis Dienstag, 9. November 2021 läuft: Große Nachbildungen der sonst kleinen Stolpersteine wurden an sechs Orten im Gießener Innenstadtbereich aufgestellt. Sie erinnern an die Schicksale von Opfern der Willkür-Herrschaft der Nationalsozialisten.Zu jeder Station ist ein Video entstanden, das von Schauspielern und Schauspielerinnen des Stadttheaters gesprochene Texte von Anne Frank und Bilder von Gießen beinhaltet. Die Videoclips sind entweder mit dem Smartphone per QR-Code, die auf den Steinen angebracht sind, oder direkt auf der Homepage des Gießener Stadttheaters abrufbar.
„Stolpern ohne Fallen“
Das Stadttheater-Team setzte das Projekt unter dem Titel „Stolpern ohne Fallen‘ – Die Worte Anne Franks erklingen in Gießen“ um. Die Idee dazu hatte der Schauspieler und Regisseur Roman Kurtz, dessen Inszenierung der Kammeroper „Das Tagebuch der Anne Frank“ ab Donnerstag, 4. November 2021 (20 Uhr) auf der taT-studiobühne (Ostanlage 43) in Gießen wieder aufgeführt wird.
Standorte der großen Stolpersteine
Roman Kurtz informierte darüber, wo bis zum 9. November die aus Altpapier gefertigten, große Stolpersteine noch zu finden sind. Weitere Standorte sind Neustadt 21, Moltkestraße 20, Bahnhofstraße 34, Stephanstraße 28 sowie die Ricarda-Huch-Schule (Eingang Nordanlage). Die Stolpersteine am Marktplatz 11 erinnern an das Schicksal von Ignatz und Anna Pfeffer. Ignatz Pfeffer war Besitzer des Modehauses am Markplatz. Der Sohn der Eheleute war Dr. Fritz Pfeffer, gebürtiger Gießener, der in Berlin Zahnarzt war und 1938 vor den Nazis nach Holland floh. Er fand Zuflucht im Versteck der Familie Frank in der Amsterdamer Prinsengracht 263. Bekanntlich wurde das Versteck verraten. In Berlin wird an Fritz Pfeffer mit einem Stolperstein erinnert.
Gebürtiger Gießener wird in Annes Tagebuch erwähnt
Anne Frank nennt den Zahnarzt in ihrem Tagebuch „Dr. Dussel“. Erst seit 1987 ist bekannt, dass es sich hierbei um eine aus Gießen stammende Person handelt. Wie Dagmar Klein berichtete, wurden die auf dem Flohmarkt gefundenen Unterlagen von Fritz Pfeffer in das Jüdische Museum in Amsterdam gebracht. „Diese Verbindung von Gießen in die Amsterdamer Prinsengracht war ein Ansatzpunkt für meine Idee zu diesem besonderen Stadtspaziergang“, berichtete Roman Kurtz.
Abschluss am 9. November
Julian Wessel, Pressesprecher des Stadttheaters, kündigte an, dass der Abschluss der Stolpern-ohne-Fallen-Aktion mit einem Stadtrundgang endet, im Anschluss an die offizielle Gedächtnisveranstaltung der Stadt Gießen zum 9. November. Dabei wird Kurtz das Projekt noch einmal vorstellen.
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Titelbild: Am Marktplatz 11 in Gießen: Soeben ist der erste der großen Stolpersteine auf einer Holzpalette gestellt worden. 3. von links: Roman Kurtz. (Fotos: Jörg-Peter Schmidt)