Starkstromtrasse

BUND gegen Gleichstrom-Leitung

Von Klaus Nissen

Unterirdische Gleichstromleitungen sollen ab 2033 bis zu acht Gigawatt Windstrom von der Nord- und Ostsee ins Rhein-Main-Gebiet bringen. Die unvorstellbare Energiemenge wird auch durch die nördliche Wetterau fließen. Die Mitglieder des Wetterauer Bundes für Umwelt und Naturschutz verbandes (BUND) sind alarmiert. „Wir werden uns des Themas annehmen“, sagt der Kreisvorsitzende Werner Neumann nach einem Treffen in Petterweil.

Starkstromtrasse durch die Wetterau

Die gut 600 Kilometer lange und fünf Meter breite Stromtrasse soll von Emden bis ins Hessische Ried südlich von Frankfurt führen. Mehrere dicke Gleichstromkabel will der Netzbetreiber Amprion in parallel verlaufenden Rohren verlegen.

Mit so einem Pflug können die Gleichstromkabel in die Erde verlegt werden, veranschaulicht ein Foto des Netzbetreibers Tennet. Schon 2016 liefen Planungen für den Bau einer Gleichstromtrasse durch den Osten der Wetterau – sie wurden dann aber verworfen. Gleichstrom ist für den Ferntransport von Energie vorteilhafter als Wechselstrom, weil die Leitungsverluste geringer sind. Foto: Tennet

Wo der Gleichstrom fließen soll, zeigt Amprion auf seiner Webseite rhein-main-link.amprion.net. Auf der Landkarte ist dort ein Korridor eingezeichnet. Demnach kommt die Leitung aus Richtung Lich westlich an Kloster Arnsburg vorbei in die Wetterau. Die Trasse verläuft südlich von Münzenberg nach Südwesten, dann zwischen Rockenberg und Oppershofen hindurch. Südlich von Nieder-Weisel unterquert die Stromleitung die A5 und zieht dann weiter an Ostheim, Fauerbach und Maibach vorbei in Richtung Grävenwiesbach.

BUND sieht Streuobstwiesen gefährdet

Auf „Bürgerinfomärkten“ will Amprion erklären, was es mit der Stromtrasse auf sich hat. Auf der Untgernehmens-Webseite sind im März und April 2024 diverse Termine angekündigt. Da werde er sich auch mit der Thematik befassen, kündigte der Wetterauer BUND-Vorsitzende beim Kreisdelegiertentreffen des Umweltverbandes in Petterweil an.

Die Naturschützer sind skeptisch angesichts des geplanten Windstrom-Imports von der Nordsee. Sie wollen zum Beispiel wissen, ob die Trasse Streuobstwiesen zerstört. Besser sei es, so Neumann, vor Ort erzeugten Wind- und Solarstrom zu nutzen. Deshalb engagiert sich der Umweltverband für den Bau eines Windparks auf dem Winterstein. Und wer an hellen Tagen den Strom vom eigenen Dach nicht komplett selbst verbrauchen kann, soll ihn in Bürgergenossenschaften an seine Nachbarn weiterreichen.

Werner Neumann (Jahrgang 1953) aus Altenstadt ist Vorsitzender des knapp 2000 Mitglieder zählenden BUND Wetterau. Der Umweltverband klagt aktuell gegen die Inbetriebnahme von drei Logistkzentren. Und nimmt nun die geplante Gleichstromtrasse „Rhein-Main-Link“ ins Visier. Foto: Nissen

Die Planer von Amprion können sich keine Formfehler leisten, falls sich der BUND den Kampf gegen das Gleichstromprojekt aufnimmt. Wie effektiv der Verband Großprojekte zu stoppen versteht, hat er an mehreren Stellen bewiesen: Durch diverse Gerichtsverfahren stoppte er bislang den Bau des Rewe-Logistikzentrums bei Berstadt, die die Fertigstellung der Amazon-Basis in Grund-Schwalheim und die Inbetriebnahme der dritten Logistikhalle im interkommunalen Gewerbegebiet „Limes“ bei Hammersbach.

Vor den 20 Delegierten der fast 2000 Wetterauer BUND-Mitglieder sprach Neumann über den aktuellen Stand. Beim Wölfersheimer Rewe-Bau muss laut Neumann nun der Verwaltungsgerichtshof Kassel beurteilen, ob die Umweltauswirkungen der geplanten Halle an der A45 erheblich sind. Auf dem Areal seien Feldhamster gefunden worden. Und die dort angefangene Umsiedlung von Feldlerchen funktioniere offenbar nicht.

Gegen den Weiterbau des Amazon-Verteilzentrums in Grund-Schwalheim hat der BUND laut Neumann eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Denn die nachgereichte Umweltverträglichkeitsprüfung zeige nicht, welche Vögel schon aus dem benachbarten Schutzgebiet vertrieben wurden.

Die nagelneuen Logistikhalle für einen Elektrogroßhändler Hager in Hammersbach soll abgerissen werden, beantragte der BUND. Auch wenn die dafür abgeräumten 200 000 Tonnen Mutterboden nicht mehr vom Langener Waldsee zurückgebracht werden können. Diverse kleinere Projekte des BUND sind eher aufbauender Natur. So macht man in den zwölf Ortsvereinen Erste-Hilfe-Kurse und engagiert sich bei der Pflege von Streuobstwiesen.

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