Radwege – Teil 5

Viel Lob und viel Tadel

Von Klaus Nissen

Deutschland ist Autoland. Doch das Fahrrad wird als Verkehrsmittel immer wichtiger. Wie steht es mit den Radwegen in der Wetterau? Das beleuchtet der Neue Landbote in einer Sommer-Serie. Heute geht es um Wünsche und Kritik: Wo muss sich das Radwegenetz noch verbessern?

Gut von Karben nach Dortelweil

Für Gerhard Salz würde die Welt nicht untergehen, wenn er kein Auto mehr zur Verfügung hätte. „Ich fahre selbst fast alle Wege mit dem Rad, Bus oder Bahn“, sagt der pensionierte Lehrer aus Stammheim. Der Grünen-Kreistagsabgeordnete verteilt gerne Lob und Tadel, wenn es um den Zustand der hiesigen Radwege geht.

Sehr zufrieden sind diese Florstädter über den neuen Radweg zwischen Nieder- und Ober-Florstadt. Sie haben ihn gleich nach der Freigabe selber getestet. Von links: Gerhard Salz, Rochsane und Michael Mentes. Foto: Privat

Der Mann hat einiges zu loben: „Der beste in letzter Zeit gebaute Radweg ist der von Karben nach Dortelweil. Da kann man die Niddaschleife über Gronau abkürzen. Der Weg war vorher geschottert und nur mühsam zu befahren. Eine deutliche Fahrtzeitverringerung.“ Sehr gut findet der Alltagsradler auch die beiden Tourismusradwege entlang der Nidda und Nidder zum Hoherodskopf. „ Hier kommt man relativ schnell voran, macht aber an der Nidda zumindest jeden Flußbogen mit.“

Direktverbindung an der Nidda in Florstadt

Klasse findet Gerhard Salz auch, dass pünktlich zum Ferienbeginn die letzte Lücke des Fernradweges R4 an der Nidda geschlossen ist. Zwischen Nieder- und Ober-Florstadt gibt es nun eine komfortable Fahrbahn direkt am Fluss. „Nun kann man von Frankfurt-Höchst bis über Schotten hinaus auf einem ausgebauten Rahrradweg entlang der Nidda schnell vorankommen.“

Auf Lob folgt Tadel. Gerhard Salz: „Das Wetterauer Radwegenetz ist grundsätzlich ein Flickenteppich. Viele alte Betonplatten, die brüchig und holprig sind, viele rechte Winkel und dadurch Umwege und Bremsmanöver, viele Straßenüberquerungen und dadurch Zeitverluste, manchmal Konfliktpotenzial durch enge gemeinsame Wegführungen mit Fußgängern und häufig Brücken und Unterführungen mit teilweise heftigen Steigungen. Man merkt eben, dass hier niemals für das schnelle Vorwärtskommen mit dem Fahrrad geplant wurde, das für die Verkehrsende dringend erforderlich ist.“

Noch viel zu tun in Glauburg und Ortenberg

Die Wetterauer Grünen melden sich häufiger als alle anderen Parteien zu Wort, wenn es um Radwege geht. Für den geplanten Schnellradweg von Butzbach nach Frankfurt schlugen sie vor, die neue Trasse beim Ausbau der S6 zwischen Friedberg und Bad Vilbel direkt neben die Gleise zu legen. Ob sie damit Erfolg haben, ist noch unklar. Der Grünen-Landtagskandidat Marcus Stadler aus Nidda fordert einen verstärkten Ausbau des Radwegenetzes bis zur Landesgartenschau im Jahre 2027.

Auch die SPD meldet sich gelegentlich zum Thema. In Glauburg und Ortenberg gebe es noch viel zu tun, mahnten die beiden SPD-Ortsvereine im Juni. Sie vermissen einen Radweg in der Aue des Bleichenbachs zwischen Bergheim und Bleichenbach. Dort müsse bald die Planung beginnen.

Ausbaubedarf zwischen Stockheim und Konradsdorf

Allzu gefährlich ist laut SPD die Radwege-Führung von der Stockheimer Graingasse bis zum Bahnhof. Besser sei ein Ausbau des „Schwarzen Wegs“. Dringend erneuert werden müsste nach Aussage des früheren Landrats Rolf Gnadl der Radweg entlang der K239 zwischen Stockheim und Konradsdorf. Die schwarz-rot geführte Kreisregierung zeigt nach Gnadls Einschätzung zu wenig Engagement, um die Mobilität für Radfahrer in dieser Region entscheidend zu verbessern. Dringend notwendig findet der Ortenberger SPD-Sprecher Jens Kraft den Bau eines sicheren Radweges zwischen Effolderbach und der Gesamtschule Konradsdorf.

Die Wetterauer CDU und ihr Verkehrsdezernent Matthias Walther sind vor allem mit Erfolgsmeldeungen über den Wöllstädter Radwegebau und mit Radtouren-Empfehlungen zu vernehmen. Die FDP fordert in Gestalt des Kreistagsabgeordneten Jörg-Uwe Hahn gerade, dass der Bau des Radweges entlang der B521 zwischen Bad Vilbel und Bergen-Enkheim endlich beginnen müsse: Die Landesregierung habe von 2014 bis 2020 an Bundes- und Landesstraßen gerade mal 58 Kilometer Radwege gebaut.

Die Wetterauer AfD scheint keine Position zum Radwege-Ausbau zu haben. Wer das Stichwort in der Suchmaske der Homepage eingibt, bekommt keine Ergebnisse.

Keine aktuellen Meinungen von ADFC und VCD

Und was meint die Radfahrer-Lobby? Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) in derWetterau reagierte nicht inhaltlich auf die Anfrage dieser Zeitung. Auf der Webseite finden sich keine Aussagen zum hiesigen Radwegenetz. Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) wirkt passiv. Auf eine Anfrage reagierte er nicht. Im Netz findet sich nur eine alte Stelluungnahme zum Wetterauer Radverkehrsplan. Konkret gefordert wird darin, dass Kommunen und Kreis künftig 25 Euro pro Kopf und Jahr für den Radverkehr investieren müssten. Und dass jeder Bahnhof eine gute Abstell-Anlage für Fahrräder brauche.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert