Radwege – Teil 3

„Ein Fahrradverleih würde gut ankommen“

Elfriede Pfannkuche kennt die Radwege in der Wetterau sehr gut. Sie war von 1991 bis 2009 Bürgermeisterin in Hirzenhain, wo sie immer noch wohnt. Aktuell ist sie Geschäftsführerin des Vereins Oberhessen, der unter anderem die interkommunale Landesgartenschau im Jahre 2027 vorbereitet. Seit zehn Jahren konzipiert und führt Pfannkuche für die Tourismus-Region Wetterau E-Bike-Touren und unterstützt als Radfahrlehrerin „Wiederaufsteiger“ beim sicheren Radfahren. Im Interview geht es um die Vorzüge und einige Mängel des Radwegenetzes.

Interview mit Elfriede Pfannkuche

Frau Pfannkuche, Sie bereisen die Wetterau als Radfahrlehrerin und Tourenführerin. Wie gut ist der Landkreis auf Radfahrer eingestellt.?

Elfriede Pfannkuche: Im Wetteraukreis sind wir schon sehr gut dran mit den Radwegen. Auch die neue Beschilderung ist echt super. Ich bin den einen oder anderen neu ausgewiesenen Weg schon danach gefahren. Das ist wirklich gut gemacht. Und so kommt man auch ohne Karte oder Komoot an sein Ziel.

Elfriede Pfannkuche kennt die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Fahrradtouristen in der Wetterau sehr genau. Das Foto (Mitte, sitzend) zeigt sie mit einer Promi-Fahrradgruppe vor dem Bismark-Gedenkstein oberhalb von Nidda. Foto: Nissen

In den Ausläufern des Vogelsberges wird es aber steil.

Die Hauptrouten, an denen viele Orte liegen, sind auch im Alltag wunderbar zu befahren. Aber die in Nord-Süd-Richtung liegenden Querverbindungen sind zum Teil schwierig. Das ist der Topografie geschuldet.

Macht das in Zeiten des Elektrofahrrads noch etwas aus? Ich kann doch einfach den Turbo einschalten und bin dann schnell oben.

Es sind viele ungeübte Menschen mit dem E-Bike unterwegs. Das sichere Auf- und Absteigen und das richtige Schalten am Berg macht ihnen Probleme.

Worauf muss man denn da achten?

Beim Aufsteigen ist es sinnvoll, nicht erst im Anfahren das Bein über den Sattel zu schwingen. Das mache ich besser vorher. Und wenn ich an den Berg komme, sollte ich schon vorher einen niedrigen Gang geschaltet haben. Nicht erst beim Antreten.

Viele Leute quälen sich mit einem großen Gang bergauf.

Genau. Besser ist es, im kleinen Gang etwas schneller zu treten. Darauf reagiert der Elektromotor und leistet dann besser Vorschub. All das und andere Fahrrad-Tipps trainiere ich mit den Leuten bei meinen E-Bike-Kursen.

E-Bikes muss man gut im Griff haben

Sind die denn nachgefragt?

Das kann man sagen. Und da kommen nicht nur die Mühseligen und Beladenen, die erst zum dritten Mal in ihrem Leben aufs Fahrrad steigen. Die Pedelecs sind ja etwas schwerer als die herkömmlichen Räder. Deshalb ist es wichtig, dass man sie im Griff hat.

Wo werden die Elektro-Radler unsicher?

An Engstellen zum Beispiel. Das trainieren wir. Und auf unbefestigten Waldwegen fühlen sich viele nicht wohl. Auf dem Bettenradweg zum Beispiel. Der ist sehr schön geführt, aber auch anspruchsvoll. Wer nicht sattelfest ist, hat da schon seinen Kampf. Der Untergrund ist holprig oder lose. Und wenn es bergab geht, wird der eine oder andere ein bisschen Panik bekommen. Dann muss man richtig bremsen können.

Wo liegt dieser Radweg denn?

Er wurde erst 2019 beschildert. Er führt von Stockheim über Bleichenbach, Bindsachsen und Wenings bis Ober-Seemen. Die Karte und den gpx-Track findet man auf vulkanstadt-gedern.de unter „aktiv&natur“. Da gibt es übrigens auch weitere gute Tourentipps.

Der Betten-Radweg hat es in sich

Für eine entspannte Tour am Sonntagnachmittag sollte man den Bettenradweg also lieber meiden?

Stimmt. Mir fehlt grundsätzlich eine Zusatzbeschreibung unserer Radwege. Wie steil sind sie, wie ist der Untergrund beschaffen? Diese Beschreibung brauche ich zur Orientierung, bevor ich losfahre. Es ist nicht gut, falsche Signale zu senden. Der Name „Bettenradweg“ klingt recht gemütlich für die harte Realität auf dieser eigentlich schönen Route. Die „Betten“ nannte man früher den Wald, in den die Bauern ihre Tiere treiben durften.

Welcher Radweg ist denn allen ohne Einschränkung zu empfehlen?

Das ist natürlich der Vulkanradweg – das Rundum-Sorglos-Paket mit Zubringerbus und Gastronomie. Und die anderen großen Wege, beispielsweise entlang der Nidda.

Auf dem Webportal bahnrassenradeln.de gibt es Kritik an den vielen Drängelgittern auf dem Vulkanradweg. Die seien gefährlich.

Es sind schon einige abgebaut worden. Aber wo Straßen kreuzen, wie beispielsweise die B275 zwischen Gedern und Merkenfritz, braucht es diese Absperrungen. Es gibt Radfahrer, die träumen und einfach auf die Straße rollen, ohne aufzupassen. Und ohne diese Gitter kann es schon mal sein, dass ein Auto auf dem Radweg parkt.

Konflikte gibt es ja auch öfter zwischen Fußgängern und Radlern. Spaziergänger beklagen sich, dass viele Radler ohne Vorwarnung von hinten eng an ihnen vorbeirasen. Sie haben verlernt, zu klingeln.

Rücksicht ist immer gut. Aber ich habe auch schon erlebt, dass sich Fußgänger beklagen, wenn ich vor dem Überholen geklingelt habe. Sie fühlen sich von dem Geräusch irgendwie bedrängt. Jeder hat seine eigene Wahrnehmung. Es gibt auch Fußgänger, die auf dem Radweg die Spur nicht halten und dem Radler keinen Platz lassen. Diese Konflikte sind nicht aufzulösen.

Es fehlen ein Fahrradverleih und Pannenhelfer

Gibt es bei den Fahrradwegen denn Dinge, die man verbessern könnte?

Natürlich. Schön wäre zum Beispiel, wenn es hier eine Pannenhilfe gäbe. Jemand, der kommt, wenn mir unterwegs ein Schaltzug reißt oder die Kette blockiert. Dieser Service fehlt leider.

Und was noch?

Ein Fahrradverleih. Ich habe immer wieder Anfragen, ob ich nicht Fahrräder für einen Ausflug vermitteln kann. Mit steigender Tendenz. Es gibt Touristen von außerhalb, die in der Wetterau radeln wollen, aber keinen Fahrradträger fürs Auto haben. Auch Leute, die nach Stockheim per Bahn reisen, aber nicht ihre schweren E-Bikes im Zug mitnehmen wollen.

Wieso gibt es keinen Radverleih?

Man braucht Personal, das am Wochenende die Räder ausgibt. Die Einweisungen macht und die Kaution in Empfang nimmt. Und das nach der Rückgabe die Räder saubermacht und durchcheckt. Wäre schön, wenn sich dafür ein Startup fände. Ein Fahrradverleih würde in der Region gut ankommen. Interview: Klaus Nissen

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