Rund ums Ei

Hessen muss Eier importieren

Übers Jahr verteilt verzehrt jeder der 300 000 Wetterauer 210 Eier. Das macht zusammen 63 Millionen Stück. In den Ostertagen schnellt der Verbrauch um ein Drittel nach oben, schätzen die Experten vom Regionalbauernverband. Dafür werden aber keine zusätzlichen Hennen in die Ställe geholt, erklärt Michael Herdt. Wie befriedigt man die Nachfrage dann?

Rund ums Ei

Die Produzenten und Verkaufsstellen stocken einfach in den Wochen vor Ostern ihre Lagerbestände auf.  Die Hühnerhalter  lassen etwas mehr Hennen Eier legen als aktuell gerade gebraucht werden. In der Sauregurkenzeit nach Ostern wandern die überzähligen Eier dann in andere Produkte. Michael Herdt und sein Bruder Jörg machen dann zum Beispiel Frischei-Nudeln auf ihrem Weidigshof in Wolferborn bei Büdingen. Die seien „um Größenordnungen besser“ als andere Nudeln, schwärmt die in der Nähe wohnende Bauernverbands-Vorsitzende Andrea Rahn-Farr.

Das Gänseei schmeckt ebenfalls lecker – es wird allerdings eher als Osterdekoration verwendet. Foto: Nissen

Die Landwirte nutzen die Osterzeit, um Werbung zu machen für Eier aus Wetterauer Produktion. Es handelt sich dabei eher um ein Nischenprodukt, denn hier sind nur vier professionelle Eierproduzenten aktiv, die in größerem Maßstabe Hühner halten. Während hessenweit der Selbstversorgungsgrad mit Frühstückseiern bei etwa 60 Prozent liege, sind es nach Michael Herdts Schätzung in der Wetterau nur etwa zehn Prozent. Es liege auch daran, dass hier keine Küken erzeugt werden und die Schlachtstätte für ausgediente Legehennen weit weg in Nordhessen liegt, so der Wolferborner Agraringenieur und Chef des hessischen Verbandes der Geflügelwirtschaft.

Im Kühlschrank halten Eier monatelang

Die aktuelle Botschaft der Landwirte formuliert ihr Geschäftsführer Florian Dangel: „Das regional erzeugte Ei soll man sich zu Ostern ruhig gönnen – auch wenn es mal einen Cent teurer ist.“ Der Verbraucher finde diese braunen oder weißen Wetterau-Eier auf den Wochenmärkten, in den Hofläden oder auch in den Regional-Abteilungen von  Supermärkten. Beim Discounter hingegen könne man zu 99 Prozent sicher sein, dass dort kein Wetterauer Ei im Regal liegt. Dort landen eher Import-Eier. Die billigsten besorgten die Einkäufer für zwei seien für zwei bis drei Cent pro Stück in der Ukraine, so die Wetterauer Landwirte. In der Ukraine ist übrigens die Käfighaltung von Hühnern noch legal.

Dieser Hahn hütet mit seinem Harem das Staatliche Forstamt in Hanau-Wolfgang. Üblich ist eher die Haltung gewaltiger Herden im Stall. Größter Eierproduzent im Wetteraukreis ist der Kloppenheimer Landwirt Karl Wilhelm Kliem mit insgesamt 70 000 Hennen.   Jörg Herdt und seine Lebensgefährtin Kerstin Schlarb kümmern sich in Wolferborn um 10 000 Legehennen. Ein Viertel der Eier vermarkten sie selbst, der größere Rest wird in 18 Rewe-Märkten der Umgebung verkauft. Foto: Nissen

Auf das hiesige Preisniveau von Eiern hat der gestiegene Konsum zu Ostern nur geringen Einfluss. Üblich sind hier Preise von etwa 18 Cent für ein M-Ei und 20 Cent für größere Exemplare. Den Anteil an bis zu 50 Cent teuren Bio-Eiern aus der Wetterau halten die Bauern für sehr gering. Zwar kaufe  vor allem das solvente Publikum im Süden der Wetterau Frühstückseier vom Hühner-Mobil. Doch ob es die auch für den Kuchenteig verwendet, bezweifelt Kreislandwirt Michael Schneller. In Konradsdorf, Bönstadt und anderen Orten sehe man zwar immer mehr Hühnermobile, doch nach Ansicht von Michael Herdt sind sie für den Landwirt trotz der erhöhten Eierpreise nicht  rentabel: „Die rechnen sich nur, wenn man die eigene Arbeitszeit nicht einkalkuliert“.  So ein Hennen-Platz auf der grünen Wiese koste locker 100 Euro, rechnet Herdt vor. Und im Hühnermobil könne man jeweils immer nur eine Federvieh-Generation halten. So seien diese Edel-Eier im Frühjahr klein und neigten im Herbst, wenn die Hühner alt werden,  zu brüchigen Schalen.

Zu Ostern hat der Kreisbauernverband extra einige Dorheimer Hühner fotografieren und davon ein Plakat herstellen lassen. Daneben stehen von links Kerstin Lohse, Michael Herdt, Kreislandwirt Michael Schneller, die Bauern-Chefin Kerstin Rahn-Farr, Mathias Mäser aus Wolf, Geschäftsführer Florian Dangel und das Vorstandsmitglied Axel Schmidt. Foto: Nissen

Gleichwohl sind die Hühnermobile eine tolle Werbung für regional erzeugte Lebensmittel, ergänzt Kreislandwirt Schneller. Ein Legehennen-Leben währt übrigens 14 Monate. Mit etwa fünf Monaten beginnt das Huhn, Eier zu legen. Und am Ende wird es geschlachtet und vor allem zu Viehfutter verarbeitet.

Wie lange hält so ein Ei eigentlich? Es ist schon bis zu drei Wochen alt, wenn die auf der Verpackung eingedruckte Mindesthaltbarkeitsdauer erreicht ist.  Es kann danach noch bis zu acht Wochen lang im Kühlschrank gelagert und gefahrlos verzehrt werden, behauptet Michael Herdt. Wenn man gefärbte und gekochte Ostereier übrig hat, könne man sie sogar bis zu einem Jahr im Kühlschrank lassen – weil der Wachsanteil in der Farbe die Schale luftdicht schließt. Wie alt ein gekochtes Ei ist, könne man an der Luftblase abschätzen – je größer, desto älter. Und wenn sich das Wetterauer Osterei am Frühstückstisch nur ganz schwer schälen lässt, ist es besonders frisch. Dann haftet auch bei kalt abgeschreckten Exemplaren die Schale besonders stark am Eiweiß.

Naturschützer: Kauf kein Ei mit einer Drei

Der Naturschutzbund (Nabu) Hessen empfiehlt, zu Ostern nur tier- und umweltgerecht erzeugte Eier zu kaufen. „Das Motto beim Einkauf sollte heißen: Kauf kein Ei mit einer Drei!“, sagt Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des Nabu. Der Zahlencode auf den Eiern gibt Auskunft über ihre Herkunft. Nur Eier mit einer „0“ als erster Ziffer stammen aus gesunder ökologischer Freilandhaltung. Eier mit der Ziffer „3“ werden in tierquälerischer Käfighaltung produziert, erläutert Eppler.

“Neben der nicht tiergerechten Haltung von Hühnern in Legebatterien spielen auch die problematischen Umweltauswirkungen von Eierfabriken eine große Rolle. Die Massentierhaltung belastet die Atmosphäre mit klimaschädlichen Methanemissionen und verschmutzt das Grundwasser”, so Eppler. Doch nicht nur die Tiere und die Umwelt leiden unter dieser Art der Eierproduktion. Antibiotika im Hühnerfutter oder Salmonellen in Batterie-Eiern können auch die Gesundheit der Verbraucher gefährden. Daher sollten Verbraucher beim Eierkauf eine bewusste Entscheidung gegen die Käfighaltung und für Bio-Produkte treffen. „Am besten sind Bioeier aus der Region“, so Eppler.

Der europaweit gültige Zahlencode gibt einen Überblick über die Haltungsformen und Produktionsweisen von Hühnereiern. Er zeigt auf, woher ein Ei stammt. Vor allem auf die erste Ziffer kommt es an: Das Ei mit der Null kommt aus ökologischer Freilandhaltung und ist damit unter den Aspekten Gesundheit sowie Tier- und Umweltschutz einwandfrei, so Epller. Das Ei mit einer Eins stammt ebenfalls aus Freilandhaltung, die Hühner bekommen allerdings kein ökologisch erzeugtes Futter und haben auch weniger Platz. Eier mit einer Zwei als erster Ziffer kommen auch aus einem Bodenhaltungsbetrieb, jedoch meist mit geschlossenen Ställen. Auch sind hier Antibiotika im Futter erlaubt. Immerhin können sich die Tiere noch frei bewegen, flattern und scharren wie es ihrer Natur entspricht. Ein Ei mit der Drei weist dagegen auf tierquälerische Käfighaltung hin.“ Natur- und Tierfreunde sollten solche Eier nicht kaufen“, rät Eppler. Nach den Ziffern 0, 1, 2 oder 3 steht ein Kürzel, das das Herkunftsland angibt. Das Kürzel DE bezeichnet Eier aus Deutschland.

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