Fackelzug am 30. Januar in Büdingen
Auf den Tag genau 83 Jahre nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler veranstalten Neonazis am 30. Januar 2016 einen Fackelzug durch Büdingen. Dagegen formiert sich Widerstand.
Nazis machen mobil
Die wahrscheinlich aus ganz Deutschland anreisenden Rechtsextremen wollen sich am um 17 Uhr am Bahnhof treffen. „Bringt Fackeln mit“, schreibt die Veranstalterin Melanie Dittmer auf ihrer Facebook-Seite. „Wir werden ein leuchtendes Mahnmal sein, eine Jugend die sich wehrt!“ Um 19 Uhr werden etliche Nazis wahrscheinlich in den Büdinger „Flame Club“ gehen und ihre Aktion feiern. Dort ist per Facebook eine „100 % Deutschrock“-Party angekündigt.
Schon Mitte November hatte die in Bornheim bei Bonn lebende Extremistin einen Fackelzug in Wetzlar organisiert. „Sie marschieren wieder so selbstbewusst wie vor 77 Jahren“ schrieb damals Jürgen Erbach auf dem Internet-Blog von Joachim Schäfer, dem Pastoralreferenten der Wetzlarer Domgemeinde. Einige hundert „Krawalltouristen aus Dortmund und anderswo“ seien angereist, berichtete Erbach. In Büdingen wird es ähnlich kommen, befürchtet Andreas Balser von der Wetterauer Antifa-BI.
Die Veranstalterin ist bundesweit bekannt
Melanie Dittmer ist Mitglied der „Identitären Aktion“ – einer rechtsradikalen Gruppierung. In dieser Woche leitet sie gerade im Saarland ein Seminar, in dem die Neonazis Kampftechniken üben und die Militär-Strategien von Clausewitz studieren. Am 30. Januar will die Aktivistin möglichst viele Gefolgsleute durch die Büdinger Altstadt führen – die Demo hat sie bereits im städtischen Ordnungsamt angemeldet. Der Antifa-Sprecher Andreas Balser glaubt, dass die Neonazis am Ende zur Armstrong-Kaserne ziehen wollen, wo sie dann gegen Flüchtlinge hetzen. Die Kaserne ist eine neue Erstaufnahme-Einrichtung des Landes Hessen, in der bis zu 800 Flüchtlinge Obdach finden sollen.
Auf der Facebook-Seite „Büdingen wehrt sich – Asylflut stoppen“ ist schon Vorfreude auf die die Nazi-Aktion zu spüren. Daniela Nagel postete das Foto eines Pitbulls und fragte neckisch: „Nehme ich ihn mit?“ Ein anderer schrieb: „Mit einer Übermacht Polizei und Wasserwerfer brauchen wir nicht zu rechnen“. Ein weiterer Kommentator postete: „Patrioten, verteidigt euch gegen die Idioten der Teddybär-Willkommensfraktion“.
Mit dieser Bezeichnung sind wohl Leute von der Antifa-BI und der Facebook-Gruppe „Büdingen weltoffen – kein Platz für Rassismus“ gemeint. Die haben bereits eine Gegenkundgebung zur selben Zeit angekündigt, mit dem Motto „Gesicht zeigen – Büdingen ist weltoffen“. Als Gastgeber fungiert Manfred Scheid, der Vorsitzende der Kernstadt-SPD. Sein Parteifreund Dieter Egner sagte: Noch diese Woche werde man beraten, wie eine überparteiliche Antwort auf die Provokation der Neonazis aussehen soll.
„Die NPD hat mit dem Fackelzug nichts zu tun“, so ihr Sprecher Daniel Lachmann zum Kreis-Anzeiger. Man überlege noch, ob man daran teilnehmen werde. Schon für den 23. Januar um 15 Uhr lädt die Partei zu einer Wahlkampfveranstaltung in die Willi-Zinnkann-Halle ein. Sprechen werden laut Lachmann der frühere NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt und Olaf Rose, ein NPD-Politiker aus Sachsen.
NPD kandidiert für das Stadtparlament
Der Antifa-Sprecher Andreas Balser warnt nun vor einem Rechtsruck bei der Kommunalwahl: „Die Region um Büdingen und Altenstadt kippt. Die NPD tritt hier mit vollen Listen an.“ In Büdingen stehen 14 Namen auf der Kandidatenliste für das Stadtparlament, angeführt von Daniel Lachmann, Willbrand Ihmig, Rüdiger Pabst und Mathias Lindner. Noch nie habe man so viele Aktive gefunden, verkündete Lachmann am Dienstag stolz auf der Webseite der NPD. Lachmann selbst holte bei der Bürgermeistewahl vor wenigen Monaten acht Prozent der Wählerstimmen, in einigen Stadtteilen sogar bis zu 20 Prozent. In Altenstadt steht der frühere NPD-Landesvorsitzende Stefan Jagsch oben auf der zwölf Namen fassenden Kandidatenliste, gefolgt von Diana Bauer, Tobias Würz, Marcel Jeckel und Ferdinand Apfel.
„Wir müssen nun klare Kante gegen NPD und Co. zeigen“, appelliert Andreas Balser von der Antifa-BI. Denn die Bedrohungen gegen Flüchtlingshelfer in der Region mehrten sich. Hinzu komme noch die AfD, die ebenfalls gegen Flüchtlinge agitiere. Am 21. Januar um 19.30 Uhr lässt die Frauke Petry-Partei im Büdinger Hotel Sonnenberg den AfD-Funktionär und pensionierten Bundeswehr-Oberst Georg Pazderski über „Die aktuelle Sicherheitslage“ referieren. Den ganzen Januar über beschäftigen sich die Wetterauer Antifa-Leute mit dem Kampf gegen die jüngst vermehrt sichtbaren Nazi-Aufkleber an Laternenpfählen und Wänden im Raum Bad Nauheim, Friedberg und Rosbach. Sie sollen laut Andreas Balser mit tausenden eigenen Aufklebern verdeckt werden.