Logistikzentrum

Nagelneuer Halle droht der Abriss

Von Klaus Nissen

Der Streit um eine 384 Meter lange und 16 Meter hohe Logistikhalle am Rasthof Langen-Bergheim im Main-Kinzig-Kreis spitzt sich zu. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) beantragte vor Gericht den Abriss der fast fertigen Halle. Am 8. März 2023 entscheidet die Verbandsversammlung, ob das Interkommunale Gewerbegebiet von Büdingen, Limeshain und Hammersbach zerschlagen wird.

Logistikzentrum bei Hammersbach teils illegal

Zwei große Logistikhallen stehen schon im Areal an der A45. Gegen die fast fertige dritte, mehr als sieben Hektar umfassende Lagerhalle für den Elektro-Großhändler Hager laufen Umweltschützer, Landwirte und seit der Kommunalwahl auch die neue schwarz-grüne Mehrheit in Hammersbach Sturm.

Auf der blau umrandeten Westerweiterung des Logistikzentrums an der A45 ist bereits eine dritte Halle entstanden – der aber der Abriss droht. Foto: Gemeinde Hammersbach

Im November 2022 hatten sie Erfolg: Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel setzte den Bebauungsplan für die gut elf Hektar große Westerweiterung im Eilverfahren außer Vollzug. Denn der Zweckverband Interkommunales Gewerbegebiet Limes (ZWIGL) hatte den Plan anno 2016 nicht wie notwendig einstimmig, sondern mit drei Gegenstimmen gebilligt.

Trotzdem zog das Bauamt des Main-Kinzig-Kreises die Teilbaugenehmigung für die Hager-Halle bisher nicht zurück, sagt das BUND-Landesvorstandsmitglied Werner Neumann aus Altenstadt. Der BUND habe deshalb am 17. Februar 2023 gegen den Main-Kinzig-Kreis eine Verwaltungsklage eingelegt. Darin fordert er den Rückbau der Halle.

Vom Acker wurden 200 000 Tonnen Erde abgeräumt

Die Verantwortung für den gewaltigen Schaden, zu dem der BUND auch die Vernichtung von gut 200 000 Tonnen besten Ackerbodens zählt, sieht Neumann beim Zweckverband und seinem Vorsteher, dem Hammersbacher Bürgermeister Michael Göllner (SPD): „Alle
wussten was sie taten“ so Neumann. Im Jahr 2016 habe der Vorsitzende in Kenntnis der Satzung gegen diese verstoßen.

Der Investor Wolfgang Dietz (links) und Hammersbachs Bürgermeister Michael Göllner treiben die Erweiterung des Logistikzentrums voran. Foto: Nissen

Michael Göllner räumt inzwischen ein, dass die Gefahr eines Hallen-Abrisses und hoher Schadenersatzforderungen durch den Investor Dietz AG existiert. Aber er gibt dem Kampf nicht verloren. Die Gemeinde Hammersbach solle ihre Klage gegen den Zweckverband zurückziehen, forderte die SPD-Fraktion am 28. Februar in der Parlamentssitzung im Bürgerzentrum. Die Klagen gegen den Bebauungsplan blockierten die interkommunale Zusammenarbeit, schrieb der SPD-Fraktionschef Wilhelm Dietzel im Antrag. Weil auf dem Erweiterungsgebiet keine Grundstücke mehr verkauft werden können, sei die Ausschüttung von je 1,5 Millionen Euro an die drei Kommunen blockiert.

Das Hammersbacher Bündnis aus CDU und Grünen, das in der Westerweiterung des Interkommunalen Gewerbegebietes lieber kleinere Firmen ansiedeln will, verhinderte den SPD-Antrag mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit.Michael Göllner muss also weiter als Bürgermeister juristisch gegen sich selber als Vorsteher des Zweckverbandes vorgehen.

Bebauungsplan soll noch einmal auf den Tisch

Der Zweckverband befasst sich am 8. März 2023 ab 20 Uhr mit der heiklen Situation. Michael Göllner dem Gremium den Bebauungsplan für die Westerweiterung nach sieben Jahren erneut vorlegen. Falls die je fünf Vertreter aus Hammersbach, Limeshain und Büdingen ihn dann in der der Büdinger Willi-Zinnkann-Halle nicht einstimmig billigen, will Göllner die Auflösung des Zweckverbands beantragen.

Wenn die – wie zu erwarten ist – nicht einstimmig beschlossen wird, kann laut Göllner anschließend die Kommunalaufsicht die Planungshoheit des Zweckverbandes beenden. Und dann könne jede Gemeinde auf ihrer Gemarkung im Gewerbegebiet selber planen. Hammersbach könne – wenn die eigene Mehrheit steht – die Hager-Halle doch noch retten. Und die Büdinger könnten bei der geplanten Osterweiterung selber neues Gewerbe ansiedeln.

Werner Neumann vom BUND hält die Westerweiterung des Logistikzentrums für einen Frevel an der Natur und klagt für den Abriss der nagelneuen Halle. Foto: Nissen

Werner Neumann vom BUND hält das alles für untaugliche Rückzugsgefechte. Und für einen Versuch des Verbandsvorstandes, sich aus der Verantwortung zu stehlen: „Es ist ein heftiges Hufegetrappel. Aber man weiß nicht, wohin die Pferde laufen.“

Es zeichnet sich allerdings ab, dass im Hammersbacher Parlament nun doch eine Mehrheit für eine Duldung des neuen Logistikzentrums der Firma Hager steht. Der CDU-Landtagsabgeordnete Heiko Kasseckert teilte mit: Er versuche, gemeinsam mit der schwarz-grünen Koalition in Hammersbach und den Investoren, die ohne gültige Genehmigung gebaute Logistikhalle für den Elektrogroßhändler vor dem Abriss zu retten.

In vertraulichen Gesprächen hat man sich laut Kasseckert auf eine Strategie geeinigt. Demnach soll die Lagerhalle neben dem Rasthof Langenbergheim im Gewerbegebiet Limes nicht auf die geplante Länge von 384 Metern wachsen, sondern aus dem bisher errichteten, knapp 300 Meter langen Bau bestehen. Man werde Solarmodule installieren und die restliche Fläche in der rund elf Hektar großen Westerweiterung für kleinere Firmen freigeben. Ein kompletter Abriss der Halle wäre unverhältnismäßig, meint Heiko Kasseckert. Der 52-Jährige war früher Bürgermeister im nahen Langenselbold und Direktor des Regionalverbandes Frankfurt RheinMain.

Der CDU-Landtagsabgeordenete Heiko Kasseckert zählt zu den Geburtshelfern des Interkommunalen Gewerbegebiets und will dessen gefährdete Erweiterung mit einem Notfallplan retten. Foto: Nissen

Nach Vorstellung Kasseckerts, der Hammersbacher Koalition und der Investoren soll bald die Gemeinde Hammersbach einen neuen Bebauungsplan aufstellen. Der Zweckverband von Hammersbach, Büdingen und Limeshain werde dann nur noch das Kernareal des Gewerbegebiets verwalten. Ob der dabei mitspielt, ist noch unklar.

Keinen Kontakt suchte Kasseckert zum BUND, der aus ökologischen Gründen gegen die Westerweiterung klagt. Der BUND könne ja im neuen Bebauungsplanverfahren seine Bedenken formulieren. Mit seiner Aktion bringe Kasseckert ein „völliges Durcheinander“ ins Verfahren, schimpfte BUND-Sprecher Werner Neumann.

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