Landtagswahl

Hessischer Handelspräsident kandidiert

Als Spitzenkandidat der FDP Wetterau tritt Jochen Ruths aus Bad Nauheim bei der Hessischen Landtagswahl am Sonntag, 8. Oktober an. Diese Zeitung hat den 47-Jährigen in Friedberg getroffen, wo er ein Modehaus betreibt. Im Gespräch mit Landbote-Autorin Petra Ihm-Fahle schildert er, wie er zur Politik kam und was seine Ziele sind.  

Landtagswahl: Entschluss nach reiflichem Überlegen

Als die Bürgermeisterwahl in Friedberg begann, ihre Schatten vorauszuwerfen, fragten verschiedene städtische Politiker Jochen Ruths, ob er nicht kandidieren wollte. Nach reiflicher Überlegung entschied sich der 47-Jährige aber dafür, an anderer Stelle Verantwortung in der Politik zu übernehmen. Er ist Kaufmann und betreibt zwei Filialen des Modehauses Ruths. Eine liegt in Friedberg, die andere in Bad Nauheim. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt mit seiner Familie im Bad Nauheimer Stadtteil Nieder-Mörlen. Zur Welt kam er in Friedberg, er wuchs in Wisselsheim auf und zog 2014 mit seiner Familie nach Nieder-Mörlen.

Bei der Landtagswahl tritt Jochen Ruths als Spitzenkandidat der FDP Wetterau an. (Foto: Petra Ihm-Fahle)
Bei der Landtagswahl tritt Jochen Ruths als Spitzenkandidat der FDP Wetterau an. (Foto: Petra Ihm-Fahle)

Landtagswahl: Bei Kommunalwahlen gut abgeschnitten

Seit 2021 ist er Mitglied der FDP. Er kandidierte seinerzeit für die Kommunalwahl, hatte aber noch nicht die Parteizugehörigkeit. Als sich zeigte, dass er auch ein Kreistagsmandat erobert hatte, änderte er das. Für die Kreistagswahl stand er auf Listenplatz 42 und rutschte auf Platz 6 vor, womit er nicht gerechnet hatte. „Dann bin ich in die FDP eingetreten“, blickt er zurück.

Politik in der Sauna

In die Politik führte ihn, dass Freunde und er abends beim Saunieren oft politisierten. Eines Tages sagte er im Kreis der Freunde: „Man kann nicht nur meckern, sondern muss bereit sein, auch selber etwas zu machen.“

Jochen Ruths engagiert sich seit 2020 für die FDP. Jetzt will er Verantwortung im Hessischen Landtag übernehmen. (Foto: Petra Ihm-Fahle)
Jochen Ruths engagiert sich seit 2020 für die FDP. Jetzt will er Verantwortung im Hessischen Landtag übernehmen. (Foto: Petra Ihm-Fahle)

Neujahrsempfang animiert ihn

2020 ging er kurz vor Einsetzen der Corona-Pandemie zum Neujahrsempfang der FDP ins Eisstadion nach Bad Nauheim. Landtagsabgeordneter Jörg-Uwe Hahn erklärte dort: „Wir suchen dringend Leute, die sich mit einbringen — Sie müssen auch nicht Mitglied der Partei sein.“ Dieser Aufruf animierte Ruths. Das Menschenbild der FDP sprach ihn eigenen Worten zufolge sowieso schon lange an: „Es sind Menschen, die eigenständig denken und selbst Entscheidungen treffen können.“ Im Sommer traf er sich mit dem liberalen Bundestagsabgeordneten Peter Heidt — und dann nahm alles seinen Lauf. Ruths ging im Herbst mit auf die Liste zur Kommunalwahl: „Und nach der Wahl war ich Stadtverordneter in Bad Nauheim und Kreistagsmitglied.“ In Bad Nauheim wählten ihn die Bürgerinnen und Bürger durch Kumulieren und Panaschieren ebenfalls nach vorn: Von Listenplatz 12 auf Listenplatz 3.

Während der Pandemie oft in den Medien

Das gute Abschneiden könnte unter anderem mit seinem Engagement als Präsident des Handelsverbands Hessen und Vizepräsident des Handelsverbands Deutschland zu tun haben. Während der Pandemie war er oft in Presse und Fernsehen präsent, um Stellung zu den krisenbedingten Entwicklungen zu beziehen. „Zu allen Themen. Ich musste erklären, warum die Nudeln ausverkauft sind und keine Hefe mehr im Regal liegt. Alles, was irgendwie irgendwen interessiert hat“, schmunzelt er.

Auf Landesliste vor Hahn

Vor einem knappen Jahr fragte ihn die FDP Bad Nauheim, ob er Direktkandidat für die Landtagswahl sein wollte. Geplant ist laut Ruths, dass der bisherige Spitzenkandidat Jörg-Uwe Hahn seine Landtagskarriere mit Ablauf der Legislaturperiode beendet. Er tritt zwar noch bei der Wahl an, steht aber auf dem letzten Platz der Landesliste, dem „Ehrenplatz“, wie Ruths erklärt. Ruths steht auf Platz 50.

Jochen Ruths ist Inhaber des Modehauses Ruths und Präsident des Hessischen Handelsverbands. (Foto: Petra Ihm-Fahle)
Spitzenkandidat in der Wetterau

Um bei der Landtagswahl in den Landtag zu kommen, müsste er das Direktmandat im Wahlkreis 27 gewinnen. Eigentlich wollten ihn die Wetterauer Liberalen auch auf einem vorderen Listenplatz der hessischen Landesliste sehen. Dabei unterlag er aber knapp bei der Kampfkandidatur um Platz 5 einer anderen Kandidatin. In der Wetterau tritt Ruths als Spitzenkandidat der FDP an, im Trio mit Robin Mai aus Büdingen und Hahn aus Bad Vilbel.

Will Direktmandat holen

Nach nunmehr 70 Jahren wäre es nach Ansicht von Ruths Zeit für einen FDP-Kandidaten, wieder das Direktmandat zu holen. Gegen seine Mitbewerberinnen und -bewerber im Wahlkreis 27 rechnet er sich eine gute Chance aus. Außer ihm treten folgende Kandidierende an: Annette Wetekam (CDU) aus Bad Nauheim, Anne Thomas (SPD) aus Butzbach, Sabina Eberlein (Grüne) aus Bad Vilbel, Cenk Gönül (FWG) aus Reichelsheim und Fatma Demirkol (Linke) aus Friedberg.

„Es fehlen Leute aus der Praxis“

Seit einem guten Jahr ist Ruths mit den Kollegen Hahn, MdL und Heidt, MdB in der Wetterau unterwegs, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Was ihn für den Landtag besonders gut qualifiziert, ist seines Erachtens die Lebensnähe. „Es fehlen dort Leute aus der Praxis, die aus dem Berufsleben kommen“, sagt er. Seit 1990 ist er durch die Tätigkeit im Familienbetrieb gewöhnt, Verantwortung zu übernehmen. „Ich sehe mich als Stimme der Wetterau mit all ihren Facetten“, sagt er. Stichworte sind für ihn Bildung, Ladenöffnungszeiten, Wirtschaft, die Entwicklung der Innenstädte sowie die Mobilität: „Wir müssen gucken, dass der Individualverkehr nach wie vor in die Städte kommt. Das gilt umso mehr, wenn ich in den ländlichen Raum schaue. Wobei man gleichzeitig den ÖPNV nach vorne bringen müssen.“ 

Landtagswahl: Jochen Ruths will die Stimme der Wetterau im Hessischen Landtag sein. (Foto: Petra Ihm-Fahle)
Landtagswahl: Jochen Ruths will die Stimme der Wetterau im Hessischen Landtag sein. (Foto: Petra Ihm-Fahle)

Interessiert sich für Geschichte

In seiner Freizeit geht Ruths gern auf die Jagd, das Thema Wald liegt ihm am Herzen und er baut Obst an. Er mag Theater, Oper, Kunstausstellungen und interessiert sich für Lokalgeschichte. Als Jugendlicher verbrachte er einige Sommerferien im Stadtarchiv. Ob auch er bald Geschichte schreibt — als erster direkt gewählter FDP-Landtagsabgeordneter im Wahlkreis nach 70 Jahren? Das wird sich am 8. Oktober zeigen. 

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