Im Robo-Bus zur Gartenschau
Von Klaus Nissen
Keine vier Jahre sind es noch bis zum Beginn der ersten interkommunalen Landesgartenschau (LGS) im Mai 2027. Die elf Städte und Gemeinden der östlichen Wetterau müssten jetzt „Dampf auf den Kessel geben“, empfahl der Fuldaer LGS-Organisator Daniel Schreiner bei einem Forum im Niddaer Bürgerhaus. Zur Landesgartenschau gehört auch ein gewaltiges Verkehrswende-Projekt.Landesgartenschau in elf Kommunen
Sie trage nur noch grüne und orange Kleidung, bekannte Henrike Strauch. Naturfarben. Die Bürgermeisterin von Glauburg ist auch Vorsitzende des Vereins Oberhessen, der ab Mai 2027 die fünfmonatige Gartenschau zwischen Echzell, Stornfels, Eckartshausen und Burgbracht veranstaltet. Sie wolle „Holz in den Kessel legen, damit wir den Dampf aufrecht erhalten“, sagte die Politikerin beim Forum im Bürgerhaus von Nidda. Applaus beim gut 80-köpfigen Publikum im Saal.
Seine Erfahrungen aus der bis Oktober 2023 dauernden Landesgartenschau in Fulda schilderte Daniel Schreiner, Baustadtradt der osthessischen Domstadt. Sein Fazit: Es war toll. In Fulda habe man 1500 Veranstaltungen gemacht, vom Tanzkurs bis zum Großkonzert. Hunderte ehrenamtliche Helfer wurden aktiviert, die heimischen Betriebe und Gastronomen profitierten.
„Sie werden eine ganze Zeitlang Hessens leuchtender Stern sein“, meinte Schreiner, der als Lokalpolitiker nicht für einen Schwärmer gehalten werden darf. Die Mustergärten zögen viele Gäste in die Region. Besonders toll sei an der Sache aber, dass man vor einer Landesgartenschau ganzheitlich über die Zukunft der Region nachdenke und dann tolle, dauerhaft wirkende Projekte verwirklichen könne. „Land und Bund sind bereit, Projekte mit gutem Geld zu unterstützen. Aber dafür muss man schnell Fahrt aufnehmen und die Budgets in den Gemeinden aufstellen.“ Die Landesgartenschau sei „weit mehr als eine Blümchenschau“, verkündete auch Florian Herrmann aus dem in Bad Salzhausen sitzenden Organisationsteam.
Wie kommt man CO2-neutral dort hin?
Ein Beispiel nannte Bernd-Uwe Domes. „Die häufigste Frage ist“, sagte der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Wetterau, „wie wir die Leute bei der LGS bewegen.“ Wie man in den fünf Sommermonaten 2027 um ein Verkehrschaos herumkommt und auch danach die Menschen effektiv und Co2-sparend von A nach B bewegt. Wie man nicht nur während der Gartenschau ohne Auto vom eigenen Dorf in die nächste Stadt zum Arzt, Einkaufen oder Kino kommt.
Bei der LGS wollen die Wirtschaftsförderer beweisen, wie das geht. Seit Mai 2023 feilten sie laut Domes an einem Investitionsantrag. Wenn der Anfang 2024 von der Bundesregierung bewilligt wird, könne die Wetterau bundesweit zum Vorbild für eine klimaneutrale Nahmobilität werden. Die Kosten in Höhe von 16 Millionen Euro könnten zu 80 bis 95 Prozent aus den Geldtöpfen von Bund, Land und EU kommen.
Sammeltaxi zum RMV-Tarif
Für alle Stadtteile von Nidda und Schotten soll demnach ein On-Demand-Verkehr ausprobiert werden. Wer etwa aus Ober-Lais nach Nidda will, kann seinen Fahrtwunsch in der Go-App des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) anmelden. Die setzt dann zum RMV-Tarif ein Sammeltaxi oder einen Kleinbus in Bewegung, die bei ähnlichen Fahrtwünschen auch die anderen Fahrgäste aufsammeln. Zwölf Fahrzeuge sollen in Nidda und Schotten eingesetzt werden.
In allen elf LGS-Kommunen wollen die Macher 27 „Mobilitätsstationen“ an Bahnhöfen und anderen zentralen Orten aufbauen. Da will man zum Beispiel am Rathaus in Kefenrod ein Carsharing-Auto und zwei Elektro-Fahrräder stationieren, berichtete Oliver Schmidt von der Wirtschaftsförderung. Zusätzlich eine Elektro-Ladesäule und fünf Fahrradbügel. An dieser Station müssten jeden Tag etwa 50 Busse fahren oder ankommen. So etwas war bisher utopisch.
Die beantragten 16 Millionen sollen auch die Arbeit der Denkfabriken und Hochschulen finanzieren, die das Wetterauer Modellsprojekt organisieren und beobachten. Wenn es gelingt und die von Anfang an zu beteiligenden Menschen vor Ort mitmachen – dann wird vielleicht in ganz Deutschland die Verkehrswende gelingen. Dabei wolle man keinesfalls den Menschen die Autos wegnehmen, betone Bernd Uwe Domes.
Auf Dauer kostet auch Nahmobilität ohne Auto viel Geld. Wirtschaftlich wird sie nur mit dem Einsatz autonomer Fahrzeuge, sagte Oliver Schmidt. Also Ruf- und Linientaxis ohne Fahrer. Das Modellprojekt zur Landesgartenschau sieht den Test mit einem Fahrzeug des neuesten Entwicklungsstandes vor. Wo es genau fahren soll, ist noch nicht geklärt. Und ob das alles passiert, hängt von der Bewilligung des riesigen Förderantrages ab.
Die LGS-Vorbereitungen gehen auch auf anderen Ebenen weiter. Henrike Strauch warb für den Beitritt möglichst vieler Menschen zum Freundeskreis der Landesgartenschau (www.freunde-lgs-oberhessen.de. Man gebe jetzt auch bei Facebook Gas mit der Werbung.