Kurzeck-Gesellschaft

Vor der Auflösung?

Peter Kurzeck

von Jörg-Peter Schmidt

Steht die erst 2014 gegründete Peter-Kurzeck-Gesellschaft in Staufenberg vor der Auflösung? Acht der zehn Vorstandsmitglieder sind bereits zurückgetreten. Bei dem Streit geht es darum, ob Geld für einen Vortrag des Bad Nauheimer Schriftstellers Andreas Maier bereitgestellt werden sollte.

Acht Vorstandsmitglieder zurückgetreten

Der Zustand der Gemeinschaft, der Liquidation droht, gleicht der aktuellen Baustelle wegen Straßenbaurbeiten vor dem Peter-Kurzeck-Platz in Staufenberg: Völlige Erneuerung ist angesagt. (Fotos: Schmidt)

Der „Landbote“ hat mehrmals über das bisherige positive Engagement der 2014 gegründeten Peter-Kurzeck-Gesellschaft berichtet, die ihren Sitz im oberhessischen Staufenberg hat. In der aktuell rund 8500 Einwohner zählenden Stadt wuchs der 2013 verstorbene Schriftsteller auf, der Namensgeber der Gesellschaft ist, die jetzt wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen ist. Acht der zehn Vorstandsmitglieder sind innerhalb von wenigen Tagen von ihren Ämtern zurückgetreten. Dies geht aus den offiziellen Mitteilungen hervor, die die rund 80 Mitglieder jeweils per Mail erhalten. Man kann es nichts anders ausdrücken: Über der Kurzeck-Gesellschaft, deren Zustand momentan der Baustelle (wegen Straßenbauarbeiten) vor dem Peter Kurzeck-Platz in Staufenberg gleicht, sind dunkle Wolken aufgezogen.

Die Rettung: Einen neuen Vorstand wählen

Wie kann man die Kurzeck-Gesellschaft vor der Liquidation bewahren? Zu dieser Frage hat sich Kassenwart Folke Diederich beim Amtsgericht Gießen erkundigt, wie er per Mail die Mitglieder der Gesellschaft informiert hat. Er ist wie Rudi Deuble (Beisitzer) nicht zurückgetreten. Die Vermeidung der Liquidation wäre im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung per Wahl eines neuen Vorstands möglich. Ein Termin hierfür steht noch nicht fest.
Was sind die überhaupt Ursachen für die Rücktrittswelle? Wie der „Landbote“ aus dem Kreis des bisherigen Vorstands erfuhr, gab es unterschiedliche Meinungen zu einer Frage, die der mittlerweile ebenfalls zurückgetretene Vorsitzende Prof. Dr. Otfried Ehrismann stellte: Ob man beim Literarischen Zentrum in Gießen Mittel für einen Vortrag des gebürtigen Bad Nauheimers Andreas Maier, der seit seinem Roman „Wäldchestag“ als Autor erfolgreich ist, beantragen sollte. Dies Beantragung von Mitteln lehnten mehrere Mitglieder des Vorstands ab, die argumentieren: Man könne doch eher die Zusammenarbeit im Raum Staufenberg ausbauen, beispielsweise mit der Mediothek der Clemens-Brentano-Europaschule Lollar/Staufenberg, mit der Stadt Staufenberg oder mit dem im Staufenberger Stadtteil Daubringen ansässigen Kulturverein „Im-Puls“.

War Kurzeck ein Heimatdichter?
Über der Peter-Kurzeck-Gesellschaft sind zurzeit ebenso dunkle Wolken aufgezogen wie hier auf dem Foto, das vor der Staufenberger Burg entstanden ist.

An der Frage, an welchen Orten man Veranstaltungen zu Ehren Peter Kurzecks ausrichten sollte (in seiner näheren oberhessischen Heimat oder nicht), schraubte sich noch eine zweite Diskussionsebene innerhalb des Vorstands hoch: War der Autor, der so trefflich die Menschen und Landschaften in Mittelhessen charakterisierte, eigentlich ein Heimatdichter? Über das Pro und Kontra wurde innerhalb der Kurzeck-Gesellschaft heftig diskutiert (unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass der Autor ja eine Zeit lang in Frankfurt/Main gelebt hat). Einer der zurückgetretenen Vorstandsmitglieder berichtete gegenüber dem „Landboten“: Vorschläge, sich mal einen an einen Tisch zum offenen Gespräch zusammenzusetzen, wurden nicht realisiert. Vielmehr tauschten sich Mitglieder der Kurzeck-Gesellschaft, von denen einige quasi Nachbarn sind, per Dutzenden von Mails so lange aus, bis sprichwörtlich der Computer bzw. das Fass übergelaufen war und ein Rücktritt nach dem anderen erfolgte. Das frühere Vorstandsmitglied, mit dem der „Landbote“ sprach, unterstrich: „Diese Negativ-Entwicklung innerhalb unseres Vorstands hätte Peter Kurzeck, dessen persönliches und literarisches Ziel ein friedliches Beisammensein der Menschen war, nicht gewollt. Er hätte sich für ein solches Verhalten geschämt.“

Außerordentliche Mitgliederversammlung

Wie sieht nun die Zukunft aus? Schön wäre es, wenn die Gesellschaft fortgeführt werden könnte, die seit ihrer Gründung doch einiges auf den Weg gebracht hat: Sie trug dazu bei, dass die ehemaligen Wohnräume Kurzecks im Haus gegenüber dem Staufenberger Heimatmuseum zu einer kleinen kulturellen Begegnungsstätte eingerichtet werden könnten, was bisher nur ein Vorhaben ist. Zudem wurden zur Erinnerung an den vielfach geehrten Erzähler, der mit Angehörigen nach dem Zweiten Weltkrieg aus Tachau (Böhmen) nach Staufenberg zog, literarische Spaziergänge organisiert. Auch fand im Staufenberger Burghaus ein öffentlich Treffen statt, bei man sich an die Zeit des Schriftstellers und Hörbuch-Erzählers im französischen Uzès (in der Nähe von Avignon gelegen) erinnerte. Und die Uni Siegen, die ein Kurzeck-Spaziergang per App entwickelt, greift auf das Wissen der Mitglieder der Kurzeck-Gesellschaft zurück.
Fazit: Alle Hoffnungen, dass es nicht zur Liquidation kommt, ruhen in der Tat jetzt auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung, bei der sich die Beteiligten nicht mit einer Flut an Emails am Computer austauschen können, sondern an einen Tisch zum offenen Gespräch müssen –so wie das Peter Kurzeck gewollt hätte.

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