Der Landbote liebt es frostig
Ein Hoch auf die kalte Jahreszeit. Landbote-Redakteure lieben es frostig, richtig frostig, mit Schnee und Eis und alledem. Hier sind ihre Loblieder auf den Winter.
Verzauberte Welt
Von Michael Breuer
Wenn es wirklich Winter ist , dann zieht es mich nach draußen. In den letzten Jahren konnte von Winter ja nicht die Rede sein – allenfalls von Regenzeit. Noch im Dezember des letzten Jahres sah es so aus, als ob die grauen, dunklen und verregneten Tage auch in diesem „Winter“ nicht enden würden. Da ist es draußen nicht so toll und man muss sich schon überwinden, ein wenig frische Luft zu schnappen.
Ganz anders jetzt die ersten Wochen in 2017. Längere Spaziergänge in der Kälte machen doppelt Spaß. Die knackige Winterluft belebt und Frost und Wind haben gemeinsam bizarre Formen in Büsche, Bäume und auf die Wiesen gehaucht. Ein Augenschmaus. Die fantastischen Gewänder aus Raureif sind allerdings kurzlebig. Ein Grund mehr mit der Kamera die winterlichen Erscheinungen festzuhalten und später nochmals auf dem Bildschirm zu genießen. Das strahlende Weiß von Eis und Schnee betont die dunklen Silhouetten der Bäume, unterstreicht die Vielfalt der Figuren und Naturgestalten — ob Blätter, Hagebutten oder Bucheckernhüllen.
Es ist nahezu spektakulär wie die Natur von einem Tag auf den nächsten die Welt wirklich verzaubern kann. Ob durch Raureif oder Schnee und Eis – alles sieht ganz anders und neu aus. Selbst banale Wege und Waldränder sind mit einem Mal imposante Aufgänge und unbeschreibliche Bühnenbilder. Und der Zauber liegt darin, dass alles so friedlich erscheint. Nicht zuletzt deshalb verbinden wir Winterfotos mit dem Weihnachtsfest. Wobei, das ist meine Erfahrung, die meisten der draußen aufgenommenen typischen Weihnachtsfotos mit beleuchtetem Christbaum im Schneegestöber erst nach dem Fest entstehen. In 2012 da war es mal anders. Da habe ich Heiligabend den verschneiten Lichterbaum auf der Terrasse fotografiert.
Für mich ist es eine Freude im winterlichen Draußen den Formen, Konturen und Umrissen, die aus dem Atelier eines Künstlers mit unerschöpflicher Fantasie zu kommen scheinen, mit der Kamera nachzugehen.
Die Kunst des Winters
Von Corinna Willführ
„Ist das Kunst oder kann das weg?“ Was tun, wenn man EIGENTLICH auf diese Frage zweimal NEIN sagen müsste und doch eine POSITIVE Nachricht vermelden will. Die nämlich lautet: Auch wenn es im Taunus – und in anderen ähnlichen Höhenlagen – seit Tagen schweinisch kalt ist: Folgt dem Winter nach draußen! Denn die Bilder, die er mit Eis und Schnee zurzeit schafft, sind nur wenige Tage zu erleben.
Das mit der Kunst kann man ja noch im Sinne von Karl Valentin überdenken „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“ Schließlich sind die verhüllten Strohballen (für Nachfragen: Es war nicht Christo, der sie verpackt hat) schön. Und gewiss haben sie viel Arbeit gemacht.
PS: Für Profi-Fotografen: Der körnige Charakter der Aufnahmen entstand in einem besonderen Moment. Heißt: bei extrem dichtem Schneefall. Also: Aufpassen, wenn es mal wieder so weit ist.
Eine aussterbende Blume
Von Bruno Rieb
Es ist noch gar nicht so lange her, das wucherte die Blume in kalten Winternächten an allen Fenstern. Nun ist sie fast ausgestorben. Zentralheizung und Isolierglasfenster haben der Eisblume den Garaus gemacht.
Sie ist die schönste Blume der Welt. Kein anderes Gewächs kommt so filigran verästelt und verziert daher. Allerdings riecht sie nicht, nicht gut, nicht schlecht, gar nicht.
Wollte man in Zeiten vor Zentralheizung und Iso-Fenster frühmorgens einen Blick nach draußen werfen, dann musste man zuerst ins Eisblumendickicht am Fenster mit heißem Atem ein Löchlein hauchen.
Ein Wintermärchen
Von Bruno Rieb
Es war einmal ein Zeit, liebe Kindern, da gab es noch richtige Winter. Wiesen, Felder und Wege waren nicht grau, braun oder eklig matschig. Nein! Sie waren strahlend weiß. Manchmal verwandelte sich die ganze Landschaft über Nacht. Wenn man morgens aufgestanden war und ein Loch eins Eisblumendickicht am Fenster gehaucht hatte, sah man eine ganz andere Welt: Alles, wirklich alles, war mit einer dicken weißen Schicht überzogen: die Bäume, die Sträucher, die Wiesen, die Felder, die Dächer, die Straßen. Sogar die Zaunpfähle und die Mülltonnen trugen dicke weiße Kappen. Und es ganz still, ganz ruhig, ganz gedämpft. So still, dass man sogar die Eisblumen am Fenster knisternd wachsen hören konnte.
Schnee hieß dieses Wunderzeug, das sich aus unzähligen kleinen Flocken zusammensetzte. Man konnte sogar gut Figuren daraus Formen. Fragt Oma und Opa, die wissen das vielleicht noch. Hatte Opa damals lange nach seinem Hut gesucht und Oma nach ihrem schal, bis sie sie an den weißen Figuren im Garten entdeckten.
Ja, so war das damals, als es noch richtig Schnee gab, meterhoch Schnee.