Krieg in der Ukraine

Zwei Jahre und kein Ende

Von Dietrich Jörn Weder

Seit nunmehr zwei Jahren verfolgen wir das mörderische Geschehen in der Ukraine mitleidend, erschrocken, empört, aber immer noch aus sicherer Entfernung. In der Ukraine selber heißt es dagegen jeden Tag: „Dich triffst, Dich trifft es nicht. Dich triffst, Dich trifft es nicht“. In diesen wehklagenden Singsang einer Frau aus Charkiw in ihrem eben zerstörten Haus kann die gesamte verbliebene Bevölkerung der Ukraine einstimmen. Denn niemand, ob im Osten oder im Westen des weiten Landes ist vor dem russischen Dauerbombardement sicher. Und zu allem täglichen Übel schwindet die Hoffnung auf einen baldigen Frieden.

Mit Nawalnys Ermordung geht Putin aufs Ganze

Mit seiner bewusst auf Zivilisten zielenden Kriegführung und der Ausschaltung der letzten Reste politischer Opposition im Inneren demonstriert Präsident Putin gerade, dass er in jeglicher Hinsicht aufs Ganze geht. Mit dem absichtsvoll herbeigeführten Tod des jahrelang drangsalierten Regimegegners Alexej Nawalny hat dies der russische Alleinherrscher für alle Welt erschreckend deutlich gemacht.

Überdies hat sich das Blatt im Kriegsgeschehen gewendet. Der Ukraine mangelt es an Munition und Soldaten. Russland führt dagegen seine unendlich größeren Ressourcen mehr und mehr ins Feld. Nach anfänglich erfolgreichen Offensiven hat Kiew mittlerweile Not, auch nur die gegenwärtige Frontlinie zu halten. Wäre es nicht klug, die militärisch verlorenen Gebiete für einen Friedensschluss hinzugeben, wenn der Kreml seine Hand dazu reicht? Erste Ukrainische Stimmen äußern leise eine solche Überlegung.

Ohne den US-Kriegselefanten wankt alles

Auch um sich nur zu behaupten, braucht die Ukraine noch mehr Waffen und noch mehr Geld. Ohne die USA, den größten Geber, ist das für die Europäer allein kaum zu stemmen. Die Republikaner im US-Kongress haben es in der Hand, wohin sich die Waage im Kräftemessen mit Russland neigt. Berlin will und wird mehr tun, aber den amerikanischen Kriegselefanten kann es nicht ersetzen.

Vermehrte deutsche Hilfe nicht unumstritten

Als aufmerksame Zeitungsleser, Radiohörer und Fernsehzuschauer sind wir insoweit alle im Bilde. Aber darüber hinaus beschleicht doch fast alle Beobachter die Furcht, dass der Krieg noch weitere Kreise zieht und damit auch uns näherkommt. AfD und Sarah Wagenknecht hätten es gerne, dass sich Deutschland aus der Affäre zieht. Doch ist damit Putins Appetit gestillt oder wird dieser eher noch angeregt?

Die Ampelparteien und auch CDU/CSU haben sich ihrerseits schon auf eine langwierige Konfrontation mit Russland auch jenseits der Ukraine eingestellt. Und also müssen wir damit rechnen, dass um Ausmaß und Art der Ukraine-Hilfe hierzulande weiter gerungen wird, und auch damit, dass diese Hilfe eher größer und damit auch problematischer wird

Boote gegen das Ertrinken!

Inzwischen hoffen die am Krieg leidenden Ukrainer, dass ihnen persönlich das Schlimmste erspart bleibt. Die am Anfang erwähnte , vom FAZ-Korrespondenten Robert Putzbach befragte Frau aus Charkiw („Wo sich das Leben wie Russisch Roulette anfühlt“, FAZ und faznet, 15.02. 2024) hatte noch insofern Glück, dass sie am Leben blieb, während ihr Haus in Trümmer fiel. Derweil verkohlten ein paar Steinwürfe weiter zwei vom Angriff überraschte Eheleute mit ihren drei Kindern in ihrem brennenden Haus zu Asche. „Dich trifft es, Dich trifft es nicht.“

Dem ukrainischen Volk bleibt einstweilen nichts anderes übrig, als, so gut es eben geht, militärischen Widerstand zu leisten. Vadym Kostiak, ukrainischer Generalkonsul in Frankfurt, malt dazu ein treffendes Bild im Interview in der FAZ vom 19. Februar 2024, Seite 3: „Es ist so, als würden wir auf hoher See schwimmen. Wir können nicht an Müdigkeit denken, sonst erreichen wir das Ufer nicht.“ Schauen wir den Schwimmenden nicht nur zu, liefern wir ihnen rettende Boote!

Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten

Titelbild: Zerstörtes Haus im Donbas. (Foto: Wikipedia/NEWS UTR – httpswww.youtube.comwatchv=iDdGrE-DypQ, CC BY 3.0, httpscommons.wikimedia.orgwindex.phpcurid=34424471

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