Kaum noch Erstimpfungen in Büdingen
Von Klaus Nissen
Eher zufällig wurde der neueste Engpass im Büdinger Impfzentrum bekannt: Bis Mitte Juni 2021 können dort nur noch wenige Erstimpfungen stattfinden, teilte die Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch (SPD) während der ersten Wetterauer Kreistagssitzung nach der Kommunalwahl mit. Bei dieser Sitzung mit viel Abstand und Masken wählten die neuen Abgeordneten in der Friedberger Stadthalle den ranghöchsten Wetterauer und die Mitglieder der Kreisregierung.Impfstopp wegen Nachschubmangels
Die Anordnung aus dem Wiesbadener Landesregierung erwischte das Wetterauer Gesundheitsamt kalt: Bis Mitte Juni 2021 werden für das Impfzentrum in Büdingen keine neuen Erstimpfungen mehr zugeteilt. Nur die bereits über die landeseigene Impfhotline vereinbarten Impftermine für die erste Dosis und alle Zweitimpfungen haben Bestand.
Für weitere Erstimpfungen mangelt es am Material, teilte die Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch vor dem in Friedberg versammelten Kreistag mit. Nach Auskuft des Amtsarztes Dr. Reinhold Merbs blieb die schon angekündigte Belieferung des Impfzentrums mit 1500 Dosen Moderna-Impfstoff aus. Und ab dem 15. Mai sollen landesweit keine Astrazeneca-Impfungen mehr in den Impfzentren, sondern nur noch bei den Hausärzten stattfinden. Die Landesregierung reagierte am 12. Mai 2021 nicht auf wiederholte Nachfragen nach den Gründen für den teilweisen Impfstopp.
Keine Impfungen in Gemeinschaftsunterkünften
Die Information kam heraus, weil die Grünen-Fraktion per Dringlichkeitsantrag den sofortigen Einsatz mobiler Impfteams in den Wetterauer Gemeinschaftsunterkünften für Flüchtlinge gefordert hatten. Für diese Menschen, die wegen ihrer beengten Unterbringung in der Priorisierungsstufe 2 eingestuft seien, müsse schnell ein Impfschutz her, forderte die neue Grünen-Fraktionschefin Isil Yönter. Das Impfzentrum sei für sie nur schwer erreichbar. Die Flüchtlinge könnten die Formulare kaum verstehen, und die Online-Anmeldung falle ihnen schwer. Dabei wäre die schnelle Impfung im Interesse aller Wetterauer, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu stoppen.
Trotzdem lehnte der Kreistag den Impfteam-Einsatz mehrheitlich ab. Dazu fehle einfach der Impfstoff, sagte Stephanie Becker-Bösch. „Wir können diesen Menschen nicht suggerieren, dass wir sie einer Impfung zuführen können.“
Mehr Frauen im neuen Kreistag- wenige in der Regierung
Das neue Parlament befasste sich am 11. Mai 2021 dann nicht weiter mit dieser folgenschweren Neuigkeit. Man musste erst arbeitsfähig werden. Viele Abgeordnete sind neu, sagte Landrat Jan Weckler zur Begrüßung. Sie kommen aus 22 der 25 Kommunen, die meisten aus Bad Vilbel und Büdingen. Der neue Kreistag besteht laut Weckler aus 34 Frauen und 47 Männern mit einem Durchschnittsalter von 50 Jahren. Der neue 13-köpfige Kreisausschuss, also die Regierung der Wetterau, hat allerdings nur vier Frauen in seinen Reihen.
Den Parlamentsvorsitz übernimmt wieder der Christdemokrat Armin Häuser. Alle Fraktionen außer der AfD wählten ihn. Deren auf sechs Mitglieder geschrumpfte Fraktion enthielt sich, weil Häuser sich „nicht immer unparteiisch“ verhalten habe, sagte der AfD-Fraktionschef Michael Kuger. Nach seiner Wahl versprach Armin Häuser, er wolle auch für den Fall seiner Wahl zum Bundestagsabgeordneten im kommenden September den Kreistag während der nächsten fünf Jahre führen.
Der Kreistag wird wie in den letzten Jahren eine schwarz-roten Mehrheit haben. Sie stützt sich auf 27 CDU- und 17 SPD-Abgeordnete. Die Grünen haben sich auf 15 verdoppelt. Zu ihnen gehört erstmals ein Gehörloser – der Bad Vilbeler Sascha Nuhn bekommt im Kreistag fortan die Debatten von zwei Gebärdendolmetschern übersetzt. Die FDP hat fünf, die Linkspartei drei und die NPD einen Abgeordneten.
Auch im Kreisausschuss stellt Schwarz-Rot die Mehrheit. Neben Landrat Jan Weckler und dem hauptamtlichen Beigeordneten Matthias Walther sandte die CDU gestern erneut den Bad Vilbeler IT-Unternehmer Karl Peter Schäfer in die Kreisregierung. Außerdem die Altenstädterin Sabine Lipp und den Butzbacher Alexander Kartmann – den Sohn des langjährigen Kreispolitikers und früheren Landtagspräsidenten Norbert Kartmann.
Erfahrene Leute im neuen Kreisausschuss
Die SPD stellt neben der Ersten Beigeordneten Stephanie Becker-Bösch nun wieder den früher hauptamtlichen und jetzt pensionierten Kreisbeigeordneten Bardo Bayer im Kreisausschuss. Erstmals sitzt dort auch die frühere Hirzenhainer Bürgermeisterin Elfriede Pfannkuche. Für die Grünen rücken die frühere Bad Nauheimer Stadträtin Brigitta Nell-Düvel in die Kreisregierung ein. Und der Friedberger Carl Cellarius, der bereits anno 1986 mit dem damaligen Landrat Herbert Rüfer (SPD) und dem Grünen Rudolf Schwedes im Kreisausschuss saß. Die FreienWähler stellen den Büdinger Thomas Appel und die FDP erneut den ebenfalls in Büdingen lebenden Wolfgang Patzak. Für die AfD kam Wilfried Repp aus Karben in den Kreisausschuss.
Wolfgang Patzak (Jahrgang 1950) ist auch der Alterspräsident des neuen Kreistages. Er gehört dem Parlament schon seit 1981 an. Und weil er deshalb die Sitzung zu eröffnen hatte, nutzte er sie zu einem Appell an alle 81 Parlamentsmitglieder: „Achten wir mehr auf eine breit angelegte Toleranz!“ Man könne im Kreistag lebhaft diskutieren, aber wichtig sei, auf Schwarz-Weiß-Denken zu verzichten. Der politische Streit müsse immer angemessen bleiben und lieber auf Problemlösungen setzen, als andere Menschen niederzumachen. „Jeder ist jemand“, zitierte Patzak Michel Friedmann.
Die Ausschüsse des Kreistages sind noch nicht gebildet. Gestern beschloss man, wieder vier Ausschüsse zu bilden. Sie sollen am 16. Juni 2021 zum ersten Mal tagen.
Inhaltlich wird das neue Kreisparlament in nächster Zeit über die Erweiterung der Bad Vilbeler John-F-Kennedy-Schule und über den frisch vorgelegten Beteiligungsbericht beraten. Auch die Anlage-Richtlinien für gerade überschüssiges Geld des Kreises werden bald Thema. Die Wetterau hatte nicht wie andere Landkreise Millionen bei der Insolvenz der Greensill-Bank verloren.
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