Hedwig-Burgheim-Medaille

Hohe Auszeichnung für Christel Buseck

Christel Buseck
Die Hedwig-Burgheim-Medaille geht 2022 an Christel Buseck. Die Vergabe der hohen Auszeichnung hat der Magistrat der Universitätsstadt Gießen auf Antrag von Oberbürgermeister (OB) Frank-Tilo Becher beschlossen, teilt die Stadt Gießen in einer Presseveröffentlichung mit.

„Mit ihrem umfangreichen Wirken hat sich Christel Buseck in besonderem Maße um die Verständigung und das Verständnis zwischen den Menschen im Sinne Hedwig Burgheims engagiert. Sie hat sich durch ihre jahrzehntelange Tätigkeit in der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Gießen-Wetzlar nicht nur um den Brückenbau zwischen ehemaligen Gießener jüdischen Bürger und Bürgerinnen und der Gießener Stadtgesellschaft verdient gemacht. Frau Buseck hat als Pädagogin auch maßgeblich dazu beigetragen, die Erinnerungsarbeit an den Holocaust in den Köpfen der jüngeren Generation zu verankern. Das verdient Anerkennung“, erklärt Oberbürgermeister Becher.

Hedwig Burgheim

Die Hedwig-Burgheim-Medaille wird von der Stadt Gießen alle zwei Jahre im Gedenken an die bis heute fortwirkende Tätigkeit der jüdischen Pädagogin Hedwig Burgheim für hervorragende Verdienste um Verständigung und Verständnis zwischen den Menschen verliehen.

Einsatz für christlich-jüdische Zusammenarbeit

Christel Buseck war als Mitglied und seit 1994 als Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Gießen-Wetzlar an der Gestaltung und Umsetzung der vom Magistrat von 1982 bis 2014 alle zwei Jahre durchgeführten Begegnungswoche der ehemaligen Gießener jüdischen Bürger*innen maßgeblich beteiligt. Sie organisierte und begleitete die Programmteile der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und war darüber hinaus für die jüdischen Gäste aus aller Welt ständige Ansprechpartnerin während der Begegnungswoche. Auch zwischen den Begegnungswochen pflegte sie durch Schriftverkehr, persönliche Besuche in Israel oder die Beherbergung von jüdischen Gästen in ihrem Privathaus diese Kontakte.

Einsatz für die Erinnerungsarbeit

Als Lehrerin der Ricarda-Huch-Schule Gießen arbeitete sie von 2005 bis zu ihrer Pensionierung 2015 an Schulprojekten zur Erinnerungsarbeit mit. Beispielhaft werden folgende Projekte genannt: 9. November 1938 – Vom nationalsozialistischen Regime organisierte und gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Juden -, Ausstellung zum Gedenken an deportierte jüdische Schülerinnen der Schule, Lesungen, Stolperstein-Verlegungen am Eingangsportal der Schule, Zeitzeugen-Bericht des Holocaust-Überlebenden Thomas Breuer vor Schülerinnen, Teilnahme am Wettbewerb Trialog der Kulturen und Religionen der Herbert Quandt-Stiftung – Verbindendes und Trennendes in den Religionen Judentum, Christentum und Islam, Schrank der Religionen in der Schulbibliothek.

Mitgestaltung der Schulpartnerschaft

Zudem engagiert sich Frau Buseck seit 2011 – auch im Ruhestand seit 2015 – in der Vorbereitung und Durchführung der mittlerweile sieben projektorientierten Schüler-Austausche zwischen der Richarda-Huch-Schule Gießen und der Partnerschule Eldad High School in der Gießener Partnerstadt Netanya in Israel. Zudem war sie an den Vorbereitungstreffen zur Begründung der Schulpartnerschaft, insbesondere dem Besuch einer Lehrer*innen-Delegation in Netanya, maßgeblich beteiligt.

Buseck hat durch ihre tatkräftige Unterstützung der sieben SchüleraAustausche wesentlich mit dazu beigetragen, dass die teilnehmenden Schüler die jeweils andere Kultur vorbehaltlos kennenlernen und sich mit der geschichtlichen Vergangenheit auseinandersetzen konnten. Noch heute haben viele der daraus entstandenen Freundschaften Bestand.

Immer wieder Arbeit gegen das Vergessen

Christel Buseck hat in der Universitätsstadt Gießen wiederholt Anstöße für eine gelebte Erinnerungskultur gegeben, zum Beispiel die Einrichtung und Erneuerung von Gedenktafeln (unter anderem für Siegmund Heichelheim in der Südanlage und zur Erinnerung an die Orthodoxe Synagoge), oder die Durchführung von Gedenkveranstaltungen (unter anderem zum 75. Jahrestag der Deportation von Gießener Juden).

In vielen Gesprächen mit dem 2018 verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden des Vereins ehemaliger Gießener und der Umgebung, Josef Stern, und dessen Hinterbliebenen hat sich Christel Buseck dafür eingesetzt, dass der von Josef Stern mit ehemaligen Gießener Juden geführte Schriftverkehr (Archiv der Überlebenden) als wertvoller Bestand für das Stadtarchiv Gießen gesichert werden konnte.

Christel Buseck engagiert sich seit 2006 auch als Gründungsmitglied der Koordinierungsgruppe Stolpersteine in Gießen und ist zurzeit deren Sprecherin. Sie recherchiert und organisiert viele Stolperstein-Verlegungen, wobei der Rechercheaufwand zu den Einzelschicksalen vor der Deportation, insbesondere zu bisher unbekannten Opfern, einen hohen Zeitaufwand erfordert.

Mit der Gedenkform Stolperstein-Verlegung wird an die Opfer der NS-Diktatur erinnert, die deportiert und ermordet wurden, und die keinen Grabstein haben. Für überlebende Angehörige der Opfer können ebenfalls Stolpersteine an der letzten frei gewählten Adresse verlegt werden.

Für Christel Buseck ist es auch wichtig, dass sich junge Menschen bei der Spurensuche aktiv mit einbringen: Im Stadtarchiv eine Meldekarte in die Hand nehmen, in Akten blättern, nach Fotografien suchen. Damit trägt sie zum gesellschaftspolitischen Engagement und zur gesellschaftlichen Verantwortung der jungen Generation bei. So begründet die Magistratsvorlage des Gremiums die Entscheidung.

Die Feierstunde zur Verleihung der Hedwig-Burgheim-Medaille ist für
Donnerstag, 8. September 2022, 18 Uhr, im Netanya-Saal des Alten Schlosses in Gießen geplant.

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