Gewerbegebiet Limes

Erweiterung droht zu scheitern

Von Klaus Nissen

So gut wie fertig ist die dritte Logistikhalle auf dem interkommunalen Gewerbegebiet „Limes“ neben dem Autobahn-Rasthof Langenbergheim. Nun droht ihr der Abriss. Denn ein neues Gerichtsurteil stuft die längst erteilte Genehmigung für das Projekt als widerrechtlich ein.

Gewerbegebiet Limes juristisch nicht korrekt

Seit Monaten werkeln Konstrukteure an der neuen großen Auslieferungshalle des Elektro-Großhändlers Hager. Kommende Woche soll alles fertig sein, sagt der Investor Wolfgang Dietz. Danach sollen die Hochregale mit Steckdosen, Kabeln, Schaltern aus dem Sortiment des saarländischen Unternehmens Hager bestückt werden, das als Mieter einziehen will. Doch daraus wird womöglich nichts. Denn der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel setzte den Bebauungsplan außer Vollzug.

Das Archivbild macht anschaulich, wie viel Boden im Gewerbegebiet Limes versiegelt wurde. Im Vordergrund steht inzwischen eine Getränke-Auslieferungshalle. Auf dem Acker dahinter, direkt vor der Autobahn, ist eine Halle für einen Elektrogroßhändler entstanden. Deren Genehmigung droht nun zu erlöschen. Foto: Nissen

Wenn sich die Kläger vom hessischen Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) weiter juristisch durchsetzen, droht sogar eine Abrissverfügung für die Halle. Und die gerichtliche Auflage, die mehr als 70 000 Quadratmeter Schotter- und Asphaltfläche wieder in einen Acker zu verwandeln. Das wäre für die Dietz AG verheerend. Vorstandschef Wolfgang Dietz: „Wir haben in das Projekt bis zum heutigen Tage 50 Millionen Euro investiert. Wenn uns ein Schaden entsteht, werden wir diesen selbstverständlich beim Zweckverband und der Gemeinde Hammersbach geltend machen.“

BUND klagt wegen Umweltzerstörung

Das Gewerbegebiet an der A45 wird von einem Zweckverband betrieben, in dem Vertreter der Anliegerkommunen Büdingen, Limeshain und Hammersbach sitzen. Ihre Verbandsversammlung beschloss 2016, den Acker zwischen der Autobahn und dem schon ausgewiesenen Gewerbegebiet ebenfalls zu bebauen. Doch diese Westerweiterung erzürnte Umweltschützer. Sie gründeten die Bürgerinitiative „Schatzboden“. Der BUND legte Widerspruch gegen den Bebauungsplan und die Baugenehmigung für die dritte große Logistikhalle am Limes ein.

Gleichzeitig wurden Fakten geschaffen. Vor gut einem Jahr schälten Maschinen den Erdboden ab. Er wurde auf Muldenkippern fortgeschafft und zur Rekultivierung der Kiesgruben bei Langen verwendet. Seit dem Frühjahr wuchsen die Stahlträger der Logistikhalle für die Firma Hager in den Himmel. Inzwischen sind auch die Fenster und die Außenhaut montiert. Die Halle ist laut Werner Neumann vom BUND allerdings ein Drittel kürzer als ursprünglich geplant, weil ein Landwirt seine Fläche nicht hergegeben hat.

Die fast fertige Halle darf nicht weiter gebaut werden

Am vorigen Mittwoch gaben die Kasseler Verwaltungsrichter Richter gibt den Argumenten des Umweltverbandes eine aufschiebende Wirkung gegen den Großbau. Das gelte auch in diesem fortgeschrittenen Stadium des Projekts, so die Richter. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Frankfurt dem BUND das Einspruchsrecht verweigert.

Seine Gründe für den Widerstand gegen die Hager-Halle nannte der BUND vor Gericht auf zehn Seiten Papier. Da geht es vor allem um die Bodenversiegelung, den gestörten Wasserhaushalt und die negativen Auswirkungen des Logistikzentrums auf die Tier- und Pflanzengesellschaften vor Ort.

Nun wartet man auf das Hauptvrfahren

Der dritte Senat kommentiert das auf Seite 11 der Urteilsbegründung so: „ Dass der Bau einer Logistikhalle, mit der ausweislich der 1. Teilbaugenehmigung eine Grundfläche von 73.174 Quadratmetern versiegelt wird, zumindest Belange des Bodenschutzes beeinträchtigt, liegt auf der Hand.“ All diese Argumente muss nun das Verwaltungsgericht Frankfurt im Hauptverfahren neu abwägen. Dabei wendet sich der BUND gegen den Bebauungsplan und gegen die 2021 vom Main-Kinzig-Kreis ausgestellte Baugenehmigung für die Hager-Halle.

Die obersten Richter in Kassel sehen schon jetzt schwarz für die Westerweiterung des interkommunalen Gewerbegebiets. Sie weisen auf Formfehler bei dessen Geburtsprozedur hin: Als die drei Kommunen anno 2016 die Westerweiterung beschlossen, habe dieses Thema auf der Tagesordnung gefehlt. Und als der Zweckverband den Bebauungsplan beschloss, habe es drei Gegenstimmen gegeben. Dabei sei nach seinen Statuten die Einstimmigkeit notwendig.

„Wir sind über den Beschluss des Gerichts hoch erfreut“, sagte das BUND-Landesvorstandsmitglied Werner Neumann (links). Für den BUND dankte er allen, die die Klage unterstützten – also der BI „Schatzboden“, der CDU und den Grünen in Hammersbach und vielen Bürgern, die Geld für die Prozesskosten spendeten.

Der Hammersbacher Bürgermeister und Zweckverbandsvorsteher Michael Göllner zeigte sich gestern wenig beeindruckt vom Spruch der Richter: „Zunächst einmal handelt es sich nicht um ein Urteil, sondern um einen Beschluss im Eilverfahren und wirkt nicht als Baustopp, weil die Erdbewegungen abgeschlossen sind.“ Allerdings müsste der Zweckverband der drei Kommunen Schadenersatzforderungen fürchten, falls die Firma Hager oder die Dietz AG als Vermieterin die Halle nicht nutzen dürften. Ein Nutzungsverbot wäre ein erheblicher Schaden für die Dietz AG, ergänzte der Vorstandschef Wolfgang Dietz auf Anfrage. Für diesen Fall behalte er sich Schadenersatzforderungen an den Zweckverband oder die Gemeinde Hammersbach vor. In das Gewerbegebiet habe sein Unternehmen rund 50 Millionen Euro investiert.

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