Friedberg

Frauen wollen Tempo 30

Ob erst „ein schrecklicher Unfall passieren muss, um der Vernunft und einer menschengerechteren Verkehrsregelung zur Umsetzung zu verhelfen“, fragt das Wetterauer Frauennetzwerk für Demokratie, das monatlich im Friedberger Frauenzentrum tagt. Die Stadt Friedberg musste auf Anordnung der Verkehrsbehörde des Wetteraukreises Tempo-30-Zonen aufheben. Frauennetzwerk für Demokratie wünscht sich, „dass in Friedberg die Diskussion um Tempo 30 weitergeht, damit in Zukunft insbesondere für Friedberger Kinder, Kranke und Schutzbedürftige wieder weniger Reifen quietschen“. Das Frauenzentrum ist direkt betroffen.

Es quietschen wieder die Reifen

Das Frauenzentrum liegt gegenüber der Stadthalle an der Ampelanlage Ockstädter Straße. „Das Verkehrsaufkommen ist hoch und zu Schulbeginn bzw. –ende nutzen dort Schülerinnen und Schüler aus vier Schulen die Wege von und zu den Bushaltestellen, die nur teilweise vorhandenen Fahrradwege und die Bürgersteige. Während der Zeiten der Temporeduzierung auf 30 km/h hatte sich der Verkehr einigermaßen sortiert. Seitdem das Tempolimit aufgehoben wurde, quietschen wieder regelmäßig Reifen von zu schnell fahrenden Autos und das Überfahren der Ampel bei Rot hat drastisch zugenommen“, schreiben die Frauen in einer Pressemitteilung. Sie bitten die Stadt Friedberg, „die gesetzlichen Freiräume nochmals zu prüfen“.

Mit einer Änderung in der Straßenverkehrsverordnung (StVO) im Mai 2017 haben die Kommunen mehr Möglichkeiten erhalten, in sensiblen Bereichen Tempo 30 anzuordnen. Dies habe auch die Stadt Friedberg genutzt, 2018 an vier verkehrssensiblen Stellen wohlüberlegt Tempo 30 einzuführen, berichtet das Frauennetzwerk. In der Bevölkerung sei diese Maßnahmen überwiegend positiv angekommen. Doch die Straßenverkehrsbehörde des Wetteraukreises habe – trotz der Einwände der Stadt – angeordnet, dass die Tempo-30-Bereiche in der Innenstadt bis zum 31.Januar 2020 aufgehoben oder in Einzelfällen zeitlich eingeschränkt werden sollten. Dem sei die Stadt Friedberg nachgekommen.

Stadt will nun freiwllig Tempo 30

Ein Arbeitsgruppe des Frauennetzwerks hat sich mit Tempo 30 befasst. „Streckenbezogene Temporeduzierungen können im Fall besonderer Sicherheitserfordernisse eingerichtet werden. Solche liegen unter anderem vor, wenn sich im unmittelbaren Bereich der Straßen soziale Einrichtungen wie Kindertagesstätten, allgemeinbildende Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheime oder Krankenhäuser befinden. Auch eine hohe Nutzung durch Menschen zu Fuß oder per Fahrrad, hohe Überquerungszahlen oder eine besondere Gefährdungssituation, etwa bei besonders schutzbedürftigen Personen, können eine Grundlage für eine strengere Begrenzung der Geschwindigkeit bilden.Tempo 30 kann auch zur Verringerung von Lärmbelastung und Verkehrsemissionen in Wohngebieten, an Krankenhäusern und Schulen eingesetzt werden“, stellt die Arbeitsgruppe fest. Diese Anforderungen seien an den bis Januar temporeduzierten Stellen in Friedberg erfüllt, so etwa auch an der Ockstädter Straße. Hier liegen vier Schulen, zwei Krankenhäuser, eine Kindertagesstätte und eine Sporthalle im Umfeld. Die Schulen werden von über 2000 Kindern besucht, darunter auch Lernende von der auf Blinde und Sehbehinderte spezialisierten Johann-Peter-Schäfer-Schule. „Damit ist die Ockstädter Straße ein wichtiger Schulweg“, folgert die AG. Auf Anordnung des Kreises behalte aber lediglich der Abschnitt vor dem Krankenhaus eine Geschwindigkeitsreduzierung, und zwar nur 7 bis 19 Uhr. „Warum dies nicht auch auf die Nachtstunden ausgeweitet werden kann, bleibt für Außenstehende unverständlich. Gerade nachts sollten Kranke vor Lärm geschützt werden, vor allem in einem Bereich, in dem bei Messungen im temporeduzierten Zeitraum bereits ein V85-Wert von 62 km/h und ein nächtlicher Spitzenwert von 135 km/h gemessen wurden“, wunderen sich die Frauen.

Die Stadt plane nun. „Freiwillig-Tempo-30“-Schilder aufzustellen, um die Autofahrenden auf die Problematik aufmerksam zu machen. „Gerade in Zeiten von Klimadiskussionen und Fridays for Future sollten Temporeduzierungen innerhalb und außerhalb der Städte keine Ausnahme mehr sein, für das Klima, aber auch für die Sicherheit und die Lebensqualität der am Verkehr teilnehmenden großen und kleinen Menschen“, fordert das Wetterauer Frauennetzwerk für Demokratie.

Ein Gedanke zu „Friedberg“

  1. Also aktuell hat ein Ruf nach einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h wohl weniger mit Vernunft als eher mit Dogma zu tun!

    Mir erscheint die Darstellung allerdings etwas übertrieben.

    Im Bereich der Ockstädter Straße ist mir nur ein Krankenhaus bekannt, das Bürgerhospital. Oder wurde verschiedene Abteilungen als einzelnes Krankenhaus gezählt? An Schulen sehe ich nur 2, die Henry-Benrath-Schule und dieJohann-Peter-Schäfer-Schule, die aber beide nicht an der Ockstädter Straße liegen sondern über eine Stichstraße (Am Seebach) erreichbar sind. Inwieweit das Frauenzentrum direkt betroffen ist, ist auch nicht ersichtlich. Denn das Frauenzentrum liegt nicht direkt an der Ockstädter Straße sondern hat die Adresse Wintersteinstraße 3!

    Wo das Problem beim Schulweg über einen Bürgersteig sein soll, erschließt sich mir nicht. Der Bürgersteig trennt doch gerade Fußgänger und Fahrzeuge. Der nur teilweise vorhandenen Radweg kann ja Richtung Stadt durch die Wege Richtung Seewiese ersetzt werden. Damit läßt sich die Ockstädter Straße umgehen.

    Daß die Ockstäder Straße so viel Verkehr hat und Autos mit quietschenden Reifen dort fahren überrascht mich. Die Ockstädter Straße ist die kleinste Straße, die zur B3 führt und ansonsten nach Ockstadt. Da würde ich eher hauptsächlich Anlieger erwarten, die aus der Lindenstraße Richtung Stadtmitte oder B3 fahren wollen. Und quietschende Reifen bloß weil die PKWs wieder 50 km/h fahren dürfen klingt eher nach einer Übertreibung. So etwas erlebe ich normalerweise nicht, wenn ich durch Friedberg fahre. Gibt es denn überhaupt belastbare Messungen? Einzelfälle wie die 135 km/h sind ja wohl weniger geeignet. Der Fahrer wird sich ja sicherlich an ein Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h halten, wenn sie existiert? Obwohl ich das eher nicht glaube. Auch wenn ich Abend nach der Heimfahrt von der Arbeit nochmals Halt an der Sparkasse mache, sehe ich mehr Fahrzeuge auf der Kaiserstraße als auf der Ockstädter Straße.

    Die zusätzliche Verknüpfung der Vorderung nach einer Geschwindigkeitsbegrenzung aus Sicherheitsgünden mit aktuellen Klimadiskussionen gibt der ganzen Forderung noch den schalen Beigeschmack, daß versucht wurde, ein vermeintlich günstiges Klima für Geschwindigkeitsbeschränkungen auszunutzen. Denn Die Sicherheitsfrage bestand ja auch schon die Jahre davor.

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