Frauenfrühstück

Abschied von der Neumühle

Von Corinna Willführ

Tine Lott, die Singer- und Songwriterin ist da, der Kabarettist und Schauspieler Markus Karger (Foto) alias Frau Kraft, mit Vornamen Ursela. Gudrun Haas, die Organisatorin sowieso. Versteht sich: Auch Alfred und Elisabeth Martini, die Gastgeber mit ihrem Team. Einmal mehr sind rund 90 Frauen zum Frauenfrühstück in die Räume der Neumühle auf der Nidder-Insel im Ortenberger Stadtteil Selters gekommen. Nur an diesem Samstag. Denn bis zum 17. März 2018 treffen sich an vier Wochenenden jeweils Samstag und Sonntag mehrere hundert Frauen aus Nah und Fern aus Anlass des Internationalen Frauentags (8. März) in dem ehemaligen Ausflugslokal. In diesem Jahr allerdings zum letzten Mal. Das Ehepaar Martini kann nicht länger Veranstalter sein. „Wir sind beide voll berufstätig und schaffen das nicht mehr“, sagt Elisabeth Martini. Für 2019 sucht Organisatorin Gudrun Haas nach einem neuen Veranstaltungsort – oder mehrere.

Die Farben der Suffragetten

Röhrt „Big Spender“ von Shirley Bassey und sagt dem Team der Neumühle Servus mit Edith Pias „Non, je ne regrette rien“ („Nein, ich bereue nichts“). (Fotos: Willführ)

Tine Lott hat sich chic gemacht. Trägt einen Glitzer-Smoking. Am Revers drei Bänder in den Farben Violett, Weiß und Grün. „Es gilt 100 Jahre Frauenwahlrecht zu feiern“, ruft die Singer-Song-Writerin den Frauen in der Neumühle zu. Violett, Weiß und Grün: die Farben der Suffragetten-Bewegung, der Vorkämpferinnen für ein Frauen-Wahlrecht in Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Violett steht für Würde, Weiß für Reinheit, Grün für Hoffnung. In den USA erreichten sie ihr Ziel 1919, in Großbritannien 1928. In Deutschland trat das Reichstagswahlgesetz am 30. November 1918 in Kraft. Im Januar 1919 konnten Frauen erstmals das aktive wie passive Wahlrecht für sich in Anspruch nehmen.

Auch Fraa Kraft hat sich in Schale geschmissen. Fraa Kraft ist Kult. Schon bevor sie auf die Bühne kommt, jubeln ihr „Perlhühner, Karrierefrauen, Feministinnen und Landfrauen“ zu. Ein ums andere Mal darauf gespannt, was „die Ursela“, der Schauspieler und Kabarettist Markus Karger, aus mehr als 30 Jahren (Ehe-) Leben mit ihrem Ernst zu erzählen hat. Doch auch wenn es wieder viel zu lachen gibt, alle zusammen „Aber bitte mit Sahne“ von Udo Jürgens singen oder Reinhard Meys „Über den Wolken“: Die Wehmut, dass es die letzten Frauenfrühstücke in Selters sein werden, ist zu spüren. „Hier hat einfach alles zusammengepasst“, findet eine Gruppe, die aus Langenselbold im Main-Kinzig-Kreis gekommen ist. Das gemütliche Ambiente. Der nette Service. Das Kulturprogramm. Auch, dass man sich in der Umbaupause zwischen Frühstück und Bühnenauftritten im Nachbargebäude mit Informationen über Frauenprojekte versorgen konnte. Wie beispielsweise über „FABiS – Ihre Begleitung im Alltag“, das Angebot von Frauen-Arbeit-Bildung in Friedberg. Es unterstützt mit ausgebildeten Haushaltshilfen Familien, wenn die Mutter erkrankt ist. Oder über die Selbsthilfegruppe für Frauen mit Brustkrebs, die „Messe von Frauen für Frauen“ am 18. März in Schotten im Vogelsbergkreis. Die Büdinger Fotografin Gerti Kuhl hat eine kleine Bilderschau beigesteuert. Unter dem Titel „Nicht allein“ zeigt sie Schwarz-Weiß- und Farbaufnahmen. Eine Braut im festlich langen weißen Kleid, die an einer Hauswand ihre Zigarette mit einem blinden Bettler teilt. „Das finde ich schon irritierend“, sagt eine Besucherin. Irritieren? Das mag wohl im Sinne der Fotografin sein.

Eine Bühne braucht es auch

Organisatorin Gudrun Haas sucht neue Räume für das Kultfrühstück.

Das Frühstück, die Auftritte von „Fraa Lott und Frau Kraft“, die Info-Börse: All das möchte Organisatorin Gudrun Haas bei den Veranstaltungen in 2019 beibehalten. Wo ist allerdings noch ungewiss. Leicht wird es für die Schottenerin nicht sein, einen „Ersatz“ zu finden. Denn die Räume werden an vier Wochenenden jeweils samstags und sonntags benötigt. Platz müssen sie für rund einhundert Teilnehmerinnen bieten, die mit einem leckeren Frühstück versorgt werden möchten. Und eine Bühne braucht es auch. „Vielleicht klappt es nicht, dass wir alle vier Wochenenden in einer Location sein werden. Auf jeden Fall wird es aber auch im nächsten Jahr wieder das Frauenfrühstück geben“, sagt sie voller Optimismus. Während von der Bühne „Wer wird denn weinen, wenn wir auseinandergehen, zu hören ist.“

Für das wirklich letzte Frauenfrühstück in der Neumühle am Samstag, 17. März, 10 Uhr bis in den Nachmittag, gibt es noch wenige Plätze. Kontakt: Gudrun Haas 0171/8531120. Die Veranstaltungen zuvor sind ausgebucht.

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