Deutsches Rotes Kreuz

DRK Friedberg in schwerem Fahrwasser

Von Klaus Nissen

Der Kreisverband Friedberg des Deutschen Roten Kreuzes hat finanzielle Sorgen und leidet unter Personalmangel. Die Tochterfirma für ambulante Pflege stellte im März 2023 einen Insolvenzantrag.

Kreisverband muss improvisieren

Die letzte frohe Botschaft vom DRK-Kreisverband Friedberg ist schon eine Weile her. Am 11. November 2021 meldete er eine Spendenübergabe. Danach kam nichts mehr. Weder die Facebook-Seite, noch die Homepage der Rotkreuzler wurde seitdem aktualisiert.

Der DRK-Kreisvorsitzende Helmut Wittmann aus Ober-Mörlen (Mitte) verbringt seinen Ruhestand seit 2021 als Vollzeit-Manager in der Friedberger Zentrale der Hilfsorganisation. Seine Stellvertreter sind Karlheinz Weinert aus Bad Vilbel (links) und Simon Stribny aus Münzenberg (rechts). Foto: Nissen

Sie haben dafür schlicht keine Zeit. Jeden Tag kämpfen sie darum, die Funktionsfähigkeit der Friedberger Zentrale zu erhalten, sagen die Vorstände des gemeinnützigen Vereins auf Nachfrage.

Es mangele an Personal, der Krankenstand sei hoch, die Finanzen waren prekär. Der Geschäftsführer Andreas Fieweger ist schon seit 2021 weg. „In der Steuerung hat es Defizite gegeben“, berichtet der Kreisvorsitzende Helmut Wittmann. Aber: „Es hat sich niemand bereichert“.

Ambulanter Pflegedienst im Insolvenzverfahren

Aktuell steckt eine DRK-Tochterfirma in Nöten. Ihr Geschäftsführer Friedrich Wilhelm Durchdewald stellte am 6. März 2023 wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag für die „Gemeinnützige DRK-Wetterau Sozialdienst GmbH“.

Der vorläufige Insolvenzverwalter Franz-Ludwig Danko schickte zwei Tage später einen Beruhigungsbrief an die 70 alten und kranken Kunden des Pflegedienstes. Sie leben in Ober-Mörlen, Bad Nauheim und Friedberg. „Der Betrieb läuft geordnet weiter, alle zu Pflegenden werden ordnungsgemäß betreut“, schreibt Dankos Sprecher Christoph Möller auf Anfrage. Die Sanierer streben die Übertragung des Pflegedienstes auf einen anderen Betreiber an. Die zehn Pflegekräfte und ihre Klienten sollen nicht voneinander getrennt werden. Die Auszahlung der Gehälter ist bis Ende Mai gesichert.

Ein Blick in den Friedberger DRK-Kleiderladen an der Homburger Straße. Foto: Nissen

Sozialdienst-Chef Durchdewald berichtet, seine DRK-Firma sei durch die höheren Tariflöhne und die gestiegenen Kosten für Fahrten und Material in Not geraten. „Ich hoffe, dass es mit der Übernahme klappt. Das wäre für alle Beteiligten die beste Lösung.“

Auch der zweite Geschäftsführer wanderte ab

Der DRK-Kreisverband selber steckte schon Anfang 2021 in den roten Zahlen. Der ehrenamtliche Vorstand rat damals zurück. Im November 2021 wurde Marcus Kinkel Geschäftsführer. Die folgenden Monate waren „eine intensive, interessante Erfahrung“, sagt der frühere Bürgermeister von Weilrod. Er habe gelernt, „dass alles auf Kante genäht ist bei der Notfallversorgung“. Und dass das Rote Kreuz darunter leide, dass „die Bereitschaft einer dauerhaften Mitgliedschaft immer mehr bröckelt.“

Kinkel blieb nicht lange in Friedberg. Im Sommer 2022 ging er als Nothelfer zum insolventen DRK-Kreisverband Hersfeld-Rotenburg. Inzwischen leitet er das Versorgungswerk der hessischen Landestierärztekammer.

Ehrenamtlicher Vorstand schafft die finanzielle Wende

Statt Kinkel managt nun der ehrenamtliche Vorstand den Kreisverband. Er drehte die Finanzen 2022 in den grünen Bereich, so der Kreisvorsitzende Helmut Wittmann. Der 72-jährige Ex-Banker aus Ober-Mörlen verbringt seine Tage in der Friedberger DRK-Zentrale. Unterstützt wird er von zwei Stellvertretern. Der 57-jährige Karlheinz Weinert kommt aus der Autozulieferer-Branche und leitet den DRK-Ortsverband Bad Vilbel. Simon Stribny (33) aus Münzenberg verdient sein Geld bei der Ovag.

Das Vorstands-Trio redet ungern über die Probleme des Kreisverbandes. Nur so viel: „Wir suchen etliche Notfallsanitäter“, sagt Wittmann. Hohe Krankenstände und steigende Personalkosten hätten dazu geführt, dass Rettungsfahrzeuge zeitweise nicht voll einsatzfähig waren. Die Einnahmen des Kreisverbandes schrumpfen mit der Mitgliederzahl. Simon Stribny: „Junge Menschen werden heutzutage nicht mehr Fördermitglied eines Vereins. Sie fragen sich: Was hab ich denn davon?“ Hinzu kam, dass die Kleiderläden des Kreisverbandes während der Corona-Jahre kaum Umsatz machten.

Drei Rettungswachen, rund 150 Angestellte

Doch nun werde es besser. „Aktuell haben wir die Finanzen geordnet“, meint Helmut Wittmann. Man löse gerade den Investitionsstau beim Fuhrpark auf. 2024 sollen drei erneuerte Rettungswagen kommen, drei weitere im Jahr darauf. Der seit 2021 überfällige Jahresbericht mit den guten wie den schlechten Nachrichten für die mehr als 4000 Mitglieder des Kreisverbandes lässt derweil auf sich warten. Man habe dafür noch keine Zeit gehabt, sagt Wittmann.DRK-Kreisverband Friedberg

Die elf Ortsvereinigungen des Roten Kreuzes zwischen Butzbach, Reichelsheim und Bad Vilbel bilden zusammen den DRK-Kreisverband Friedberg. Er betreibt mit rund 150 Angestellten drei Rettungswachen in Butzbach, Friedberg und Bad Vilbel. Pro Jahr gibt es laut Vorstand rund 4000 Einsätze. Die Kosten für eine Rettungsfahrt beziffert der Vorstand auf knapp 800 Euro.

Im Westkreis sammelt der DRK-Kreisverband Altkleider. Die besten Stücke werden in eigenen Läden in Friedberg und Karben verkauft. Der Kreisverband organisiert Erste-Hilfe-Kurse und bietet ein Hausnotruf-System an. Die Beratung von Migranten hat man laut Vorstand aufgegeben. Auch den ambulanten Pflegedienst werden die Rotkreuzler voraussichtlich abgeben.

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