Der Buchtipp

Norman Ohler:  „Die Gleichung des Lebens“

von Jörg-Peter Schmidt

Noch kein Weihnachtsgeschenk? Dann wird es Zeit. Landbote-Autor Jörg-Peter Schmidt hat einen Tipp. Er empfiehlt Norman Ohlers Buch „Die Gleichung des Lebens“. Es ist ein gründlich recherchierter historischer Roman, wie er findet.

Fischer fürchten um ihre Existenz

Lobenswert: Gleich auf den ersten Seiten ist die im Kiepenheuer & Witsch-Verlag erschienene Erzählung mit Kartenmaterial und einer stichwortartigen Erläuterung historisch verbürgter und erfundener Personen versehen. Das ist wichtig, damit man prompt in den geschichtlichem Hintergrund eingeweiht ist: König Friedrich II. möchte im Jahr 1747 die sumpfigen Regionen östlich von Berlin trockenlegen. Ziel des Regenten ist es, diese Gegend als Ackerland umzufunktionieren, damit Neusiedler (vornehmlich Hugenotten) beispielsweise diese neuartigen Kartoffeln anpflanzen können. Die an diesem Oderbruch lebenden Fischer fürchten um ihre Existenz, da das vielfältige Pflanzen- und Tierleben – darunter zahlreiche Fische wie riesige Hechte, auch Schildkröten und im Wasser und unzählige am Ufer lebende Vögel –  verloren gehen könnte.

Aber Friedrich bleibt bei seinen Plänen und entsendet zur Berechnung der Verwirklichung des Projekts in die Oderbruchgegend Leonhard Euler (1707 – 1783). Das Allroundgenie gab es bekanntlich wirklich. 1741 wurde Euler im Auftrag Friedrichs an die „Königlich-Preussische Akademie der Wissenschaften“ berufen. Mit ihm ist also eine geschichtlich hochinteressante Persönlichkeit in den Roman eingebaut worden: Eulers hervorragender Ruf als Wissenschaftler reichte bis nach Russland,  sodass er in St. Petersburg forschen konnte. Er hat sich nicht nur als Mathematiker einen Namen gemacht (beispielsweise durch wegweisende Differential- und Integralberechnungen) – für die Physik leistete er ebenfalls Außerordentliches (etwa durch die  Stabilitätstheorie). Auch mit der Optik beschäftigte er sich (unter anderem mit der Wellenthorie des Lichts).

Bezug zur Gegenwart

Im Roman reist dieser hoch begabte  Forscher also ins Gebiet der Fischer an die Oder und sieht sich auch noch mit einem Mord konfrontiert: Der Ingenieur Mahistre ist umgebracht worden. Man liest gespannt weiter und man sieht die Fischer mit den Augen Eulers, der nicht ganz im Sinne des Königs arbeitet: Er gewinnt Sympathie für die Anwohner an der Oder. Und er wird angesichts der zu erwarteten Vernichtung von intakter Natur sehr nachdenklich.  Mehr soll über den Weitergang  der Erzählung nicht verraten werden, in der die Frage eine große Rolle spielt, ob der Konflikt zwischen ansässigen Menschen und den Neuankömmlingen gelöst werden kann (es gibt also Bezüge zur Gegenwart).

Der Roman wird von der Kritik zurecht gelobt, zumal Noman Ohler (Jahrgang 1970) gründlich recherchiert hat.  Er hat bereits einige Romane veröffentlicht (unter anderem „Mitte“ und „Stadt des Goldes“) sowie Filmdrehbücher geschrieben (etwa für Projekte mit Wim Wenders und Dennis Hopper). Und jetzt hat er ein Buch hinzufügt, das an sich schon ein Geschenk ist. Es ist – wie erwähnt – bei Kiepenheuer  & Witsch (Köln) erschienen und kostet 22 Euro (als Hörbuch bei Argon für 24,95 Euro)

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