Vom Kaiser und Oldtimer-Freaks
Man muss sie mögen, um ihnen Zeit, Geld und nicht zuletzt viel Zuneigung zu widmen, auf dass sie (nicht nur) straßentauglich werden, sondern auch begehrliche Blicke auf sich ziehen: alte Autos, pardon: Oldtimer. Am Wochenende machten sich rund 60 Fahrer der Oldsmobile in Bad Homburg zu einer 220 Kilometer langen Benefiz-Rundfahrt auf den Weg. Start der „Rallye Weißer Turm Klassik 2016“: am Central Garage Automuseum.
Wissenswertes zur Historie des Automobils
Noch bis Mitte des Jahres präsentiert die Ausstellung „Mit dem Auto in die Kurstadt“ im Central Garage Automuseum neben Luxuskarossen viel Wissenswertes zur Historie des Automobils von 1900 bis 1950 aus der Kurstadt – und zur Zeitgeschichte, nicht nur im Taunus
Wie recht „Die Drei von der Tankstelle“ doch hatten, als sie – Heinz Rühmann, Willy Fritsch und Oskar Karlweis – in der Tonfilmoperette gleichen Namens im Jahr 1930 sangen: „Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt.“ Denn ohne Freunde hätte Dieter Dressel seine, wie er selbst sagt „spinnerte Idee“ eines Automobilmuseums in Bad Homburg nicht umsetzen können. In 2007 hat der Vermögensverwalter Gebäude und Gelände eines ehemaligen Opel-Ausstellungshauses gekauft und zu einem privaten Museum für Oldtimer und die Geschichte des Automobils umgebaut: die Central Garage.

Fritz Schmidt ist einer dieser Freunde. Der 52jährige fährt einen Opel Kapitän, Baujahr 1962, Hydramatic, in pastellblau, mit 90 PS. „In einem solchen Wagen haben meine Eltern geheiratet“, sagt er. Seinen Oldtimer – stilgerecht mit Wackel-Dackel, umhäkelter Klopapier-Rolle und Stadtplan von Rüsselsheim aus den 60ern vor der Heckscheibe – fährt er allerdings nur in der Freizeit. In dieser gibt der Mann im Schrauber-Overall auch mal den Tankstellenwart in der Central Garage. Schließlich hat der Rüsselsheimer in einem privaten Schrebergarten das Tankstellenhäuschen entdeckt. „Dort wurde es als Gewächshaus genutzt“, sagt Schmidt. Im Niederstedter Weg 5 ist das Kult-Objekt ein Glanzstück der Central Garage, haben es die Automobil-Fans längst auch um Original-Zapfsäulen von Gasoline erweitert und direkt gegenüber eine Werkstatt errichtet. In der steht ein Lanz-Bulldog, so selbstverständlich als hätte ihn gerade ein Bauer zur Reparatur gebracht.
Blitzblank bis ins kleinste Detail

Die Fahrzeuge indes, die in der Ausstellung „Mit dem Auto in die Kursstadt“ zu sehen sind, bedürfen keiner Reparatur. Die Oldtimer sind bis ins kleinste Detail blitzblank herausgeputzt. Und wären „alle fahrbereit“, wie Ursula Stiehler, Kuratorin der Ausstellung, sagt. 28 PS hat der Mercedes-Simplex aus dem Jahr 1904, „das erste wirklich moderne Automobil, eine Konstruktion aus der Werkstatt von Wilhelm Maybach, das bereits die wichtigsten Konstruktionsmerkmale hatte, die auch ein Auto heute noch aufweist“, erläutert Stiehler.
Zwei Jahre später entstand ein Benz-Tourenwagen, der es mit seinem Vierzylinder-Motor bereits auf 40 PS brachte. Doch die „Pferdestärken“ ohne tierischen Antrieb sind es nicht allein, die Menschen für die Veteranen der Automobilgeschichte begeistern können. Und bei allen technischen Daten, ob nun zum „Erstlings Adler Motorwagen 1900“ oder dem Mercedes Benz 370 S Mannheim Sport von 1931 „mit Blinker“ und einer maximalen Geschwindigkeit von 115 Kilometern pro Stunde, die der Ausstellungsbesucher erfährt: Den Machern geht es auch darum, die Begeisterung für die Fortbewegung auf vier Rädern in einen gesellschaftlichen Zusammenhang zu stellen.
Austragungsort der ersten Automobilrennen

Und der war in Bad Homburg ein ganz besonderer. „Kaiser Wilhelm II. hatte um die Jahrhundertwende in der Frühzeit des Automobils im Sommer häufig mehrere Wochen in Homburg v.d.H. zugebracht…. Mit Ihm kam alles, was Rang und Namen in Europa in der Welt hatte, um ihn anzutreffen….So kann es als gesichert gelten, dass die Homburger sehr früh Automobile zu Gesicht bekamen. Hinzu kommen die ersten internationalen Automobilrennen auf deutschem Boden, das „Gordon Bennett-Rennen von 1904“ und das „Kaiser-Preis-Rennen von 1907“, die beide im Taunus vor den Toren Homburgs ausgetragen wurden“, so Dieter Dressel im Vorwort des Ausstellungskatalogs.
Ob zu Kaisers Zeiten oder heute: Das Auto war und ist ein Statussymbol. „Die Wagen, die Sie hier sehen, hatten damals sicherlich den Wert eines Eigenheims“, sagt die Kuratorin. Und haben es heute wieder. Die gezeigten Modelle befinden sich alle im Privatbesitz.
Es ist ein Leichtes, sich der Geschichte von „Prunk und Protz“ der einstigen Reichen zu verweigern, steckten da nicht viele Details in den Exponaten, die Auskunft über die Zeitgeschichte geben: Über die Mechaniker, die sich um die Motoren kümmerten, über die Schreiner, die die Aufbauten zu konstruieren hatten, die Textilzeichner, denen es oblag, den Stoffbezügen per Hand eine individuelle Note zu geben. Über das Leben in einer Stadt, in der es Anfang der 1930er Jahre Automobilturniere gab. In der damals die Geschicklichkeitskonkurrenz „nur Damen zugelassen war“. In der in stillgelegten Hotels nach dem Zweiten Weltkrieg Kriegsversehrte untergebracht waren. In der 1951 wieder die Kugel für das Roulette-Spiel wieder rotierte, nachdem die Spielbank seit 1872 geschlossen war. Auch wenn diese Themen in der Ausstellung „Mit dem Auto in die Kurstadt“ nur angeschnitten werden können, könnten sie doch manchem einen Ansatzpunkt zu einer anderen Betrachtung dieser Epoche bieten.
Blick ins Kabinett der Central-Garage
So auch der Blick ins im Kabinett der Central-Garage-Ausstellung. „Autofreaks“ mag sie scheinbar nur Nebensächlichkeiten aus den ersten Tagen zu präsentieren. Die Brillen, Staubtücher, Kappen, Kostüme, getragen von den ersten Automobilistinnen. „Eine Brille ist notwendig. Das Auge ist gefährdet durch Staub und Fliegen. Auch das Staubtuch für Frauen eignet sich dafür. In der Hochsaison sollten Handschuhe getragen werden, denn kalte Luft kann in die Ärmel dringen“, heißt es im Ausstellungsbeitrag „Die Automobilistin“. Dass das in den offenen Wagen notwendige unbeabsichtigte Aussteigen im Falle eines Unfalls dazu führte, dass das Korsett als „nicht mehr zeitgemäß“ empfunden wurde, mag zunächst eine Randnotiz gewesen sein. Die letztlich aber (nicht nur) das körperliche Eingesperrtsein von Frauen aufbrach. Der „Frau am Steuer“ ist übrigens die nächste Präsentation im Auto-Museum in der Central-Garage ab Herbst gewidmet.
Das Central Garage Automuseum im Niederstedter Weg 5 in Bad Homburg ist mittwochs bis sonntags von 12 bis 16.30 Uhr geöffnet. An Feiertagen allerdings geschlossen. Der Eintritt ist frei.