Das Stadttheater spielt „Leonce und Lena“
Georg Büchners Lustspiel „Leonce und Lena“ hat am 23. April 2016 im Stadttheater Giessen Premiere. „Regisseur Malte C. Lachmann hat natürlich etwas zeitlos gültiges gefunden und pointiert“, meint Landbote-Autorin Ursula Wöll in ihrer Vorschau.
Kritik ist heute gefahrloser
Der Säulenheilige dieser Online-Zeitung hat auch ein Lustspiel geschrieben, und zwar 1836. Da war Georg Büchner wegen seines „Hessischen Landboten“ bereits nach Straßburg geflüchtet. Das „landbote.info“ sieht sich bekanntlich in der sozialkritischen Tradition dieses Manifests. Kritik ist ja heute gefahrloser, wenn es nicht gerade gegen türkische Autokraten geht. Büchner hatte unter dem Motto „Friede den Hütten – Krieg den Palästen“ die Zustände wortgewaltig, direkt und schroff angeklagt. Aber auch in seinem Lustspiel „Leonce und Lena“ kann er Kritik nicht lassen. Doch kommt sie nun mit großem Wortwitz, Karikatur und köstlicher Satire daher. Am 23. April hat „Leonce und Lena“ im Stadttheater Giessen Premiere. Zuvor, um 15 Uhr, hält Professor Alfons Glück von der Büchner-Gesellschaft Marburg einen Vortrag über den politischen Kern dieses Lustspiels.
Der Flüchtling was knapp bei Kasse
Das Stück ist nicht allzu lang, die Giessener Aufführung wird etwa 95 Minuten dauern. Genauso kurz ist Büchners Vorrede, sie lautet: ‚Alfieri: „E la fama? Gozzi: „E la fame?“‚ Der Flüchtling war nämlich knapp bei Kasse. Auch aus diesem Grund beteiligte er sich an einem Schreibwettbewerb. Er schrieb „Leonce und Lena“ in wenigen Wochen, wobei er zu sprachlicher Hochform auflief. Trotzdem versäumte er den Einsendeschluss, gedruckt wurde das Schauspiel erst nach seinem frühen Tod von 1837 in Zürich, und zwar durch Karl Gutzkow.
Der Inhalt soll hier ebenfalls in Kürze skizziert werden: Prinz Leonce aus dem Reiche Popo langweilt sich. Nun soll er von seinem königlichen Vater vermählt werden, und zwar mit Prinzessin Lena aus dem Reiche Pipi. Dagegen versucht er durch Flucht zu rebellieren. Auch Lena flieht, unterwegs treffen beide zusammen, verlieben sich, ohne sich zu erkennen. Im Reich Popo wird eine Hochzeit in effigie vorbereitet. Die armen Bewohner sollen klatschen und werden so plaziert, dass sie wenigstens einmal im Leben den Duft von Braten aus der Küche riechen können. Die Verliebten treffen ein, die Hochzeit wird realiter gefeiert. Das junge Paar wird wohl trotz seiner Ausbruchssehnsüchte die Zustände nicht verändern.
„Leonce und Lena“ beschreibt eine übersättigte Jugend
In Giessen spielen Anne-Elise Minetti die Lena und Maximilian Schmidt den Leonce. Regisseur Malte C. Lachmann hat natürlich etwas zeitlos gültiges gefunden und pointiert. Die damaligen Kostüme des Biedermeier/Vormärz mussten aktueller Gewandung weichen. „Georg Büchners Lustspiel von 1836 beschreibt eine übersättigte Jugend, der alle Wege offen stehen und die sich dennoch nur mit sich selbst beschäftigt. Politikmüde und genussorientiert, hip aber inhaltsleer“, so wird der Schwerpunkt auf dem Begleitzettel herausdestilliert. Dem Autor hätte dieser historische Transfer sicher gefallen und seine Meinung über Giessen verbessert. Als Büchner damals in Giessen studierte und im Seltersweg wohnte, bescheinigte er der Stadt eine „hohle Mittelmäßigkeit“. Schon die jeweiligen kostenlosen Einführungsmatineen vor neuen Stücken mit dem Titel „Vorgestellt“ machen dies Urteil obsolet. Für „Leonce und Lena“ fand „Vorgestellt“ am 17. April statt, und wie immer gelungen. Danke, Stadttheater !
Die Premiere ist am 23. April um 19.30 Uhr (Kartentelefon: 0641-795760)
Prof. Dr. Alfons Glück vom Vorstand der Marburger Büchner-Gesellschaft hält seinen Vortrag am 23. April um 15 Uhr in der Ev.Studentengemeinde Giessen, Henselstr. 7. Er wird vom Georg-Büchner-Club Giessen angeboten (www.georg-buechner-club.de)