Hessenpark

Arche-Park mit Bio-Zertifikat

Von Corinna Willführhesse5

Seit 2012 ist das Freilichtmuseum Hessenpark als „Arche-Park“ anerkannt, seit vergangenem Jahr ein biozertifizierter Betrieb. In dem es besonders im Frühjahr viel zu tun gibt und Vieles beachtet werden muss. Ein Rundgang.

Nachwuchs bei den Rhön- und Fuchsschafen

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Helena Hild absolviert im Hessenpark ein Freiwilliges Ökologisches Jahr und versucht Kontakt mit den Vorwerk-Hühnern aufzunehmen. (Fotos: Willführ)

Aus dem Stall in der Baugruppe Mittelhessen ist das Blöken der Rhön-Schafe zu hören. Dazwischen immer wieder Hammerschläge. „Wir bauen gerade Ablamm-Boxen auf“, sagt Volker Weber. Der Grund: In Kürze wird Nachwuchs bei den Rhön- und Fuchsschafen erwartet. Für wenige Tage werden die Mutterschafe nach der Geburt mit ihren Lämmern von der Herde – insgesamt 35 Tiere – getrennt. „Das dient zum einen dazu, dass sie in Ruhe eine stärkere Bindung zueinander entwickeln können“, erklärt der Fachbereichsleiter Historische Landwirtschaft und Umwelt. Zum anderen auch der besseren Überwachung der Neugeborenen.
Das große Freigehege vor dem Stall teilen sich die Schafe mit den Gänsen. Die haben bereits Nachwuchs. Fünf Küken nehmen in einem Wasserlauf ein Bad. Unter steter Beobachtung ihrer tierischen Eltern. „Auch wenn ein Zaun zwischen Gans und Ganter ist, empfiehlt es sich, in dieser Zeit Abstand zu halten. Denn Gänse schützen ihren Nachwuchs vehement.“

Zucht alter Sorten im Hessenpark

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Erträgt die ersten Kletterversuche ihrer Zicklein mit stoischer Gelassenheit: die Thüringer Waldziege.

Mit stoischer Geduld indes erträgt die Thüringer Waldziege im Stall aus Fronhausen die ersten Kletterversuche ihrer Zicklein. Auch sie kamen im März zur Welt. Bei den Deutschen Sattelschweinen wird es noch eine Weile dauern, bis es einen neuen Ferkel-Wurf gibt. Volker Weber: „Die beiden Sauen sind jetzt ein Jahr alt. Zwar haben wir auch einen jungen Eber. Aber der kommt für das Decken nicht in Frage. Er stammt nämlich aus dem gleichen Wurf.“ Noch wird nach einem geeigneten Eber aus der Region gesucht. Sollte dies in nächster Zeit nicht geschehen und die Sauen „rauschig“ werden, kommt eine künstliche Befruchtung in Betracht. Ein vom Zuchtverband überwachtes Vorgehen. Dazu müssen Anträge gestellt, Termine vereinbart werden. Auch das gehört zu den Aufgaben des Fachbereichs. Denn ob Rhönschaf, Thüringer Waldziege oder Deutsches Sattelschwein – ihre Fortpflanzung wird streng überwacht. Gehören doch (nicht nur) diese Drei zu den alten Haustierrassen, deren Sorgfalt, Pflege und Zucht sich das Freilichtmuseum verschrieben hat.

Samen des Wunders von Kelvedon
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Umgeben von frischem Grün, das noch gehegt und gepflegt werden muss: Gärtnerin Katrin Schmidt aus Neu-Anspach im Gewächshaus.

Was für die Landwirtschaft ebenso gilt wie für den Gartenbau. Im Herbst werden zwei Gewächshäuser aus dem mittelhessischen Rechtenbach aufgebaut sein – rechts vom alten Eingang. Auf rund 300 Quadratmetern kann dann dort die Einsaat und Aufzucht von Nutz- und Zierpflanzen unter den gestrengen Regeln eines biozertifizierten Betriebs verfolgen. Noch steht Katrin Schmidt aus Neu-Anspach, in einem „gewöhnlichen Gewächshaus“. Vor sich hat die Gärtnerin Dutzende von Keimlingen. In einer Tüte noch die Samen des „Wunders von Kelvedon“, einer Markerbse aus dem Bingenheimer Saatgut. „Unser Ziel ist es“, so Volker Weber, „selbst alte Sorten zu gewinnen, zu vermehren und zu erhalten.“
Wie groß der Reichtum allein an Getreidesorten einst war, zeigt der Nutzpflanzen-Parcours. Er informiert über 30 Getreidesorten. Wie auf diesem gilt auch auf den anderen Ackerflächen die Dreifelder-Wirtschaft: ein Jahr Sommer-, ein Jahr Wintergetreide, ein Jahr lang Brachland. Einkorn, Emmer, Dinkel: Was im Hessenpark von den Getreidefeldern kommt, wird zum Erntefest gedroschen – und als Tierfutter verwertet.

Genetisches Potential muss erhalten werden
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Hat den Überblick über den Fachbereich Historische Landwirtschaft und Umwelt, zu dem auch der Weinberg gehört: Volker Weber.

Beim ersten Blick auf die „Ackerckerwildkräuterfläche“ lässt sich die Begeisterung von Volker Weber nur schwer erfassen. Sie sieht Anfang April einfach nur Grün aus. Indes: Auf dem Areal wurden Pflanzen ausgesät, die auf den heutigen Äckern durch den Einsatz von Herbiziden nicht mehr vorkommen. „Bedrohte Gewächse, deren „genetisches Potential unbedingt erhalten werden muss.“ Denn einmal vernichtet, könne es nicht mehr zurück gewonnen werden.
Von der „Ackerwildkräuterfläche“ hinauf zum Weinberg. „Hier haben wir bereits alles geschnitten und gebunden.“ Auf den Terrassen gedeiht der Riesling. Die Lese im Herbst 2015 brachte einen guten Ertrag: In den Kellern des Hessenparks lagern 135 Flaschen des Jahrgangs. Während der „alte“ Wein ruht, muss in den nächsten Wochen das Gras unter den Rebstöcken für den „Neuen“ gemäht werden. Bis dahin werden sich die Lämmer aus dem Stall in der Baugruppe Mittelhessen bemerkbar machen. Mit ihrem Blöken. Und an anderen Stellen werden Hämmerschläge zu hören sein. Denn es gibt weiter viel zu tun für Volker Weber und sein Team.

Zum Vormerken: Am Wochenende 18./19. Juni können die alten Nutztierrassen bei der Arbeit oder auf der Weide hautnah erlebt werden, wenn es heißt „Tierisch hessisch – das liebe Vieh“.

Ein Arche-Park
Muss mindestens fünf verschiedene Rassen aus drei Tierkategorien der Roten Liste der GEH halten. Die Tierhaltung sollte möglichst in Herdbuchzucht oder durch Teilnahme an einem Zuchtbuch betrieben werden. Von jeder Rasse wird eine vorgeschriebene Mindestzahl an Vater- und Muttertieren gehalten. Alle Tiere werden artgerecht gehalten. Damit Besucher eines Arche-Parks Informationen über sie bekommen, werden sie über Beschilderungen an deren Heimstatt, ob Stall oder Weide, informiert.

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