Alles über Mineralwasser

Brunnen- und Bädermuseum in Bad VilbelBarbarossa Brunnen Etikett

Einst wurde das Vilbeler Mineralwasser gegen fürstliche „Leibsblödigkeit“ verschrieben. Heute kommt es kistenweise in die Haushalte der Rhein-Main-Region.  Am Bad Vilbeler Marktplatz 3 erfährt man viel über dieses Lebensmittel. Petra Schnelzer aus dem  Landratsamt hat sich dort umgesehen.

Alles über Mineralwasser

„Hier liegt die Quelle des Wissens über die Geschichte der Bad Vilbeler Mineralbrunnen“, beschreibt Claus Kunzmann, Leiter des Bad Vilbeler Kulturamtes, das Brunnen- und Bädermuseum.  Das Gebäude am Marktplatz 3 stammt aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, gehörte früher zum Luisenbrunnen und stand im Zentrum von ehemals 30 Mineralbrunnenbetrieben. Heute gehört das Haus der Volksbank. Und von den 30 Betrieben ist nur noch einer übrig: die Firma Hassia.

Originalflaschen
Vom Lösen der alten Etiketten bis zum Verpacken: Hier in diesem Bottich begann in den 1930er Jahren der Arbeitsprozess, bei dem zuerst das Etikett von der Wasserflasche gelöst wurde. Foto: Schnelzer

„Es gab die Idee, die Geschichte der Bad Vilbeler Mineralbrunnen deutlich und repräsentativ aufzuarbeiten“, erläutert Claus Kunzmann, der auch Vorsitzender des Bad Vilbeler Geschichtsvereins ist. Und so entwickelte er zusammen mit Stefan Kunz, Mitarbeiter bei Hassia und zweiter Vorsitzender des Geschichtsvereins, von 2008 bis 2009 Inhalt und Konzept des Museums. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt von Hassia, vertreten von Seniorchef Günther Hinkel und Stefan Kunz, der Stadt und dem Geschichtsverein.
Auf drei Etagen gibt das Brunnen- und Bädermuseum einen gut verständlichen Abriss über die technik- und wirtschaftsgeschichtlichen Aspekte des Bad Vilbeler Mineralwassers. Von der Geologie und Hydrogeologie über Brunnenbohrung, Abfüllung, Flaschentypen und Verpackung bis hin zu Sortiment, Werbung, Transport und Lagerlogistik. Der Besucher erfährt, dass Wasser nicht gleich Wasser ist und sich das wertvolle Nass von Bad Vilbel bis Bad Nauheim in Inhalt und Zusammensetzung der Mineralstoffe unterscheidet. Auch die Frage, wie das Wasser an den Abfüllort kommt, wenn der eigentliche Brunnen ganz woanders sprudelt, wird geklärt: Per Pipeline von Rosbach nach Bad Vilbel.

Auf wenigen Quadratmetern schlägt der erste Raum einen Bogen über drei Phasen der Wirtschafts- und Technikgeschichte von 1900 bis 1950. Neben Fotos, die in einer Endlosschleife auf einem Bildschirm zu sehen sind, zeigen mehrere originale Maschinen, wie im Jahr 1935 Wasser und Flasche zusammen fanden. „Damals war für jeden Arbeitsgang eine eigene Maschine nötig. Und das alles auf wenigen Quadratmetern, denn früher wurde das Mineralwasser in kleinen Hinterhöfen abgefüllt“, erläutert Kunzmann. Dazu sind Tonkrüge und Originalflaschen zu sehen, aber auch die Schuhe der Beschäftigten, die zum Schutz vor Glassplittern eine Holzsohle hatten. Die Bügelverschlüsse wurden noch in Handarbeit und zumeist in den Wintermonaten an den Flaschen angebracht. Dabei sollte man wissen, dass der Trend zum ganzjährigen Mineralwasserkonsum noch jung ist. In früheren Jahren wurde das meiste Mineralwasser im Juli getrunken.

Tabernaemontanus
Jacobus Tabernaemontanus (1522-1590) verordnete seinem Chef, dem Speyerer Fürstbischof Marquard von Hattstein, Bad Vilbeler Mineralwasser. Ob es gegen dessen „Leibsblödigkeit“ half, ist nicht überliefert. Foto: Wikipedia

Wasser gegen die fürstliche Leibsblödigkeit

Ein Güterbuch aus dem Jahr 1552 über den Grundbesitz des Deutsch-Ordens in Vilbel erwähnt das Wasser zum ersten Mal: „Ebenso eine Hofreite bei der Steinbrücke, die sich auf den Sauerbrunnnen zieht und mit einem kleinen Schlüsselstück an die Nidda grenzt.“ Es wird vermutet, dass das Wasser am Niddaufer eigenständig durch den Druck der Kohlensäure aus dem Boden trat. Anno 1581 schreibt Jacobus Theodorus Tabernaemontanus in seinem Buch „New Wasserschatz“ auch über das Fülfeler Wasser: „Er wirdt in grosser mennig ghen Franckfurt mit Kruegen getragen, da inen das Landvolck verkauffet dieweil er dieser Statt am nechsten gelegen ist.“ Übrigens nicht nur Wasser. Die Vilbeler Sand- und Wasserbuben brachten auch Scheuersand nach Frankfurt.

Tabernaemontanus, ein Arzt aus Worms, schreibt von einem Fürstentag, der 1569 in Frankfurt stattfand, und zu dem er seinen adeligen Dienstherrn begleitete. Dieser war unpässlich und konnte wegen „Leibsblödigkeit“ – sprich Magenbeschwerden – die Stadt neun Wochen nicht verlassen. Neben anderen Arzneien und Mittelchen wurden dem adeligen Mann verschiedene Mineralwässer zu trinken gegeben, auch solche aus der Wetterau: „mein gnediger Fuerst und Herr … etlich Sauwerbrunnen hab lassen versuchen, und ihr Fürstlichen Gnaden den Fuellfeller Brunnen bey Friedtbergk hette anfahen zutrincken, deucht mich ime rathsam und fuerderlich seyn.“

Wannenbad
In solch einer Wanne konnten Gäste ein Kohlensäurebad nehmen. Foto: Schnelzer

1872 wird der Sauerbrunnen versteigert und von Franz Guth und Heinrich Vömel erworben. Zur Freude der Vilbeler haben die Bürger auch weiterhin das verbriefte Recht, Wasser kostenlos abzufüllen. Daneben wird es nach Frankfurt und Offenbach verkauft. Zur gleichen Zeit machen sich Vilbeler Familien daran, rund um das Rathaus eigene Brunnen zu erschließen, um die Jahrhundertwende gibt es vier Betriebe: Sauerbrunnen – Ludwigquelle, Hassia Sprudel, Elisabethen-Quelle und Luisen-Brunnen.

Am 21. Juli 1900 schlägt die Stunde des Heilbades. „Carl Brod beginnt 1898 auf seinem Grundstück, Marktplatz 11, mit Bohrarbeiten, die am 21. Juli 1900 mit der Erschließung eines mächtigen Sprudels erfolgreich abgeschlossen werden. Am 13. September 1900 erhält er die Erlaubnis, den Sprudel nach der Großherzogin ‚Viktoria-Melita‘ zu benennen. Nach deren zweiter Heirat musste die Quelle in ‚Brod’scher Sprudel‘ umbenannt werden“, so die Infotafel im Museum. Brod, dessen Sprudel zu den kohlensäurereichsten in Europa gehört, richtet auch Badezellen ein. 1910 wird der Sprudel als Heilquelle anerkannt.
Die 1920er Jahre stehen ganz im Bohrfieber, und in den 1930er Jahren gibt es die meisten Mineralbrunnenbetriebe in der Kernstadt. Der Expansion sind räumliche Grenzen gesetzt – und so ziehen viele an die Peripherie. Übriggeblieben ist nur ein Abfüller: Hassia.

Brunnen- und Bädermuseum, Marktplatz 3, (neben dem alten Rathaus), geöffnet ganzjährig sonntags von 12 bis 18 Uhr, der Eintritt ist frei. Parkmöglichkeiten nebenan bei der Volksbank, an der Parkstraße entlang der Nidda und an der Burg, Friedberger Straße 6.

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