Hessenpark

Vorrang für Zicklein und Ferkel

Von Corinna Willführ

Über die vier Jahreszeiten hat der Landbote die Arbeit hinter den Kulissen der Bio-Landwirtschaft im Freilichtmuseum Hessenpark begleitet. Auch in dem Arche-Betrieb ist jetzt Winter. In dem es viel zu tun gibt für die Mitarbeiter im Bereich historische Landwirtschaft. Ein Großprojekt steht für sie in 2017 an: der Bau eines Gewächshauses. Erster Nachwuchs bei den Tieren des Arche-Betriebs wird im März erwartet: Zicklein werden wohl die ersten sein. Für Ende März kündigen sich Ferkel an. Die Lämmer sind ein wenig spät dran, aber Anfang Mai wird man auch sie zu sehen bekommen.

Nest mit Gipsei

Luis Finke hat ein klares Berufsziel: Der 17-Jährige will Landwirt werden. Seit September 2016 ist der junge Wehrheimer FÖJler: er  leistet ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Hessenpark. Gemeinsam mit dem 14-jährigen Praktikanten Ben Otter aus Obernhain ist er bei minus vier Grad dabei, den Misthaufen gegenüber vom Schweine- und Hühnerstall des Freilichtmuseums zu richten. „Das ist notwendig, damit die Gülle gut abfließen kann“, sagt Luis. Normalerweise wären die Vorwerk-Hühner auch im Winter im Freien, allein: Wegen der Bedrohung durch die Vogelgrippe haben auch sie zurzeit Stallpflicht. Da der Boden ihrer Behausung dringend einer Renovierung bedarf, werden die Federtiere in diesen Tagen umziehen. In der Scheune aus Friedensdorf haben Luis und Ben ihnen schon die Nester bereitet. Samt einem Ei. Das ist allerdings aus Gips. „Das soll den Hühnern zur Motivation dienen“, lacht Volker Weber.

Unweit vom Verwaltungsgebäude, in dem der Leiter des Bereichs Historische Landwirtschaft sein Büro hat, ist das Geräusch einer Elektrosäge zu hören. Zwei junge Frauen, Katrin Engeter und Katrin Schmidt, sind dabei sogenannte Lichtraumprofile frei zu schneiden. Heißt: Büsche und Sträucher links und rechts von überragendem Astwerk zu befreien. Bis Ende Februar muss diese Arbeit abgeschlossen sein, beginnt danach doch die Brutzeit der Vögel. Auch an die Obstbäume wird demnächst Hand – und Maschine – angelegt werden. Volker Weber: „Bei Apfel und Birne müssen wir den Erziehungsschnitt vornehmen.“

Katrin Engeter (links) und Katrin Schmidt kümmern sich um den Schnitt für die sogenannten Lichtraumprofile. (Fotos: Willführ)

Auf der Suche nach dem Leck

Auf dem Weg zu den Ställen von Schafen, Rindern und Eseln ist der Weg versperrt. Albrecht Rehm steht inmitten eines Lochs, umgeben von Pflastersteinen und Baggern. Mit seinen Kollegen „fahndet“ der Fachbereichsleiter Handwerk nach einem Loch in der Wasserleitung. „Während eines normalen Besuchertages wäre das viel schwieriger“, sagt er.

Volker Weber, Fachbereichsleiter Historische Landwirtschaft.

Noch bis zum 1. März ist das Freilichtmuseum nur an den Wochenenden geöffnet. Während dies eine geschäftige Zeit für die Mitarbeiter des Bereichs Landwirtschaft ist, ist es für die Tiere eine eher ruhige. Für Mensch wie Tier indes eine erwartungsvolle. Denn es kündigt sich Nachwuchs an. Der erste wohl bei den Ziegen. Ende März werden die Sauen Ferkel zur Welt bringen, die Schafe ihre Lämmer wohl erst etwa Anfang Mai. Auch wenn sich das nie so ganz genau vorhersagen lässt. Da hilft Volker Weber ein Blick in den Computer. Ist einmal der oder die Tage einer möglichen Befruchtung eingegeben, ermittelt das Programm nach der Zeit der Trächtigkeit den möglichen Geburtszeitraum für den tierischen Nachwuchs. Ob Ziege, Schaf oder Rind: Einen Tierarzt als „Geburtshelfer“ benötigen diese im Hessenpark äußerst selten. Volker Weber: „Die alten Nutztierrassen gebären meist leicht.“ Ob Sepp, der aus einem Zuchtbetrieb für alte Haustierrassen in Cottbus stammende neue Eber, zwei Jahre alt und gut 150 Kilogramm schwer, für viele Ferkel gesorgt hat, lässt sich im Januar noch nicht sagen. Aber alle von ihm befruchteten Sauen – nachdem eine künstliche Befruchtung nicht erfolgreich war – sind trächtig. Ende März wird man dies wissen.

„Saukalt“ finden auch die Deutschen Sattelschweine und. Da hilft nur: Kuscheln.
Neues Gewächshaus

Für das Frühjahr steht im Fachbereich Historische Landwirtschaft noch neben all den Jungtieren, die es besonders zu hegen und pflegen gilt, ein Projekt an, für das es im November 2016 die Baugenehmigung gab: das neue Gewächshaus. Rund 250 Quadratmeter groß soll es werden, rechts vom ehemaligen Eingang stehen. Zunächst der Anzucht von Pflanzen wie unter anderem Tabak und Kohl dienen, doch auch ein Ort für die museumspädagogische Arbeit werden.
Bis das Gewächshaus fertiggestellt, wird Luis Finke sein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Hessenpark längst beendet haben. Aber hoffentlich bei seinem Berufswunsch geblieben sein, „Landwirt zu werden und eine Aufgabe zu erfüllen, die der Gemeinschaft dient.“ Hat sich der 17-Jährige doch vorgenommen, als „Öko-Bauer“ dafür beizutragen, den Beruf des Landwirts wieder mehr Anerkennung zu verschaffen. „Das Bild von diesem Beruf muss sich wandeln“, sagt der 17-Jährige.

Wie es einst bei der Hausschlachtung im ländlichen Raum zuging, ist am bei der Veranstaltung „Von der Sau zur Worscht“ am Sonntag, 29. Januar, von 11 bis 16 Uhr im Hessenpark zu erleben. Zudem gibt es um 15 Uhr eine Schauspielführung unter dem Titel „Allerlei Schweinerei“. Sollten die winterlichen Verhältnisse bis dahin bleiben, ist gutes Schuhwerk für einen Rundgang durch das Freilichtmuseum unbedingt zu empfehlen.

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