Ein Waldpark mit Toiletten
Von Klaus Nissen
Auch dem 65 Hektar großen Waldpark verdankt Bad Nauheim seine Attraktivität. Zusammen mit der neu angesiedelten Salus-Klinik und der neuen Therme zieht er viele Touristen an, sagt Bürgermeister Klaus Kreß. „Wir haben Bad Homburg überholt!“ frohlockte er vorige Woche vor dem Ausschuss für Bau, Planung und Grünwesen. Die Einnahmen aus der Kurtaxe stiegen so auf zwei Millionen Euro. Dagegen seien die auf jährlich 200 000 Euro gesunkenen Kosten für Waldpflege „ein Schnäppchen“.65 Hektar Landschaft in Bad Nauheim
Schade, dass Oberforstmeister Hugo Kirchner nicht in den Sitzungssaal an der Parkstraße kommen konnte. Er hätte sich gefreut über Peter Heumüllers Sachstandsbericht zum „Waldpark-Pflegewerk“. Doch Kirchner, der Schöpfer der Wald- und Wiesenlandschaft am Johannisberg, ist seit 1934 tot und vergessen. Nur eine verbeulte Kupfertafel hinter dem Mammutbaum zwischen unterer und oberer Skiwiese erinnert an ihn.

Peter Heumüller dagegen ist lebendig und aktiv. Der städtische Bedienstete organisiert die Pflege und Restaurierung des Landschaftskunstwerkes. 2020 stellte die Stadt eine Million bereit, um es binnen zehn Jahren auf Vordermann zu bringen. Inzwischen sind 600000 Euro investiert, und Heumüller konnte Ende Oktober 2025 von den Ausschuss-Mitgliedern großes Lob ernten.
Skiwiese sollte einst Golfplatz werden
Auf Nachfrage lobt ihn auch Martin Lenser vom Vorstand der Bürgerinitiative Skiwiese: „Wir sind total froh, dass es das Pflegewerk gibt. Das macht die Stadt sehr gut!“ Vor 20 Jahren konnte die BI mit politischem Druck verhindern, dass die Stadtverordneten die Skiwiese in einen 18-Loch-Golfplatz verwandelten.

Im Waldpark ist viel zu tun, berichtete Peter Heumüller. Der fast zugewachsene Donnersgraben am Rande der unteren Skiwiese sei freigeschnitten worden. Leider habe Hessenforst dabei im oberen Abschnitt den Weg mit schweren Maschinen zerstört. „Das hätten wir besser erklären müssen“, meinte der Bürgermeister dazu. Der Weg hat auf 700 Metern eine neue Deckschicht bekommen.
Gerade die Pflege des Donnersgrabens sei nicht sachgerecht erfolgt, bemängelt Hartmut Backhaus im Gespräch mit dem Neuen Landboten. Der Bad Nauheimer verdiente sein Geld vier Jahrzehnte lang als selbstständiger Garten- und Landschaftsbauer. Er wohnt nur wenige hundert Meter von der Skiwiese entfernt und engagierte sich auch in der Skiwiesen-BI für den Erhald des Landschaftsparks.
Am Donnersgraben lief einiges schief
Doch am Donnersgraben sei zu viel schief gelaufen. Dieser tief eingeschnittene Pfad sei stark verbreitert worden, damit die Forstmaschinen hindurch fahren können. Dadurch seien die Böschungen so steil und kahl geworden, dass bei Regen Erde in den Graben rutscht. Diese Erosion verstärkten Wildschweine Durchpflügen des Waldbodens. Zudem habe das von der Stadt beauftragte Unternehmen Unterboden auf die fruchtbare Humusdecke gebaggert, die dadurch erstickt worden sei.

Im unteren Abschnitt des Grabens ist Ende 2024 auch der Bach-Durchlauf saniert worden. Dort will die Stadt die längst verschwundene Pilz-Lesehütte rekonstruieren. Außerdem wird dort ein Holzgeländer mit Andreaskreuzen installiert, wie es vor 120 Jahren in Parks modern war. Oben an der Johannisberg-Sternwarte ist dieses Geländer schon montiert.
Manche Sichtachsen werden wieder freigeschnitten
Zwölf hölzerne Hütten stehen im riesigen Waldpark. Vor hundert und mehr Jahren wurden sie von wohlhabenden Kurgästen an Aussichtspunkten finanziert. Später später wuchs der Wald um sie herum. Heumüllers Leute sind seit Jahren beschäftigt, die Hütten wieder frei zu schneiden und zu restaurieren. Wo möglich, sollen Sichtachsen wieder hergestellt werden. 2026 beispielsweise an der Else-Ruh. Das Hüttendach wird dann auch erneuert.

Die Kirchnerhütte wollen die Landschaftsgärter im nächsten Jahr restaurieren. Doch die Sichtachse zur Münzenburg könne man nicht mehr herstellen, so Heumüller. Deshalb werde man dort die in Corten-Stahl eingesägte Silhouette der staufischen Reichsburg aufstellen. Nicht alles könne wieder wie früher werden. So werde das niedrige „Hexenhäuschen“ nicht mehr zweistöckig mit Schornstein aufgebaut. Einst sah es aus wie das Hexen-Domizil im Märchen Hänsel und Gretel“.
Der verbesserte Besucher-Komfort dürfte die Spaziergänger im Park darüber hinweg trösten. Jetzt findet man dort auch Mülleimer und jede Menge stabiler Sitzbänke, die von der Skiwiesen-BI und Sponsoren gestiftet wurden. Es gibt sogar Toiletten-Häuschen. Sie stehen am Eisstadion-Parkplatz und in der Nähe des Skulpturenparks.
Nahe der Wilbrand-Hütte ist eine Lichtung mit hölzernen Liegen zum „Waldbaden“ ertüchtigt worden. An der oberen Skiwiese wurde eine Lindenallee neu angelegt. Die Bäumchen wachsen gut an, berichtete Peter Heumüller. Es sei leider aufwändig, sie im Sommer zu wässern. Unter den jungen Bäumen soll laut Pflegewerk Gras wachsen. Ob das angesichts des „Schattendrucks“ gelingt, wagt Heumüller zu bezweifeln.
Baumkataster ist in Arbeit
Neben Anpflanzungen gehört auch die Dokumentation wertvoller Bäume zu seinen Aufgaben. Etwa 400 von ihnen stehen bereits im Kataster. Sie sind für die Säge tabu. Geplant sei noch die Pflanzung einiger weiterer „Exoten“.

Die Natur stellt sich dem Gestaltungs-Bemühungen der Menschen immer wieder entgegen, meinte Heumüller mehrfach. Aktuell pflügen Wildschweine die Wiesen um. Und in jedem Sommer wächst neues Gebüsch an den gerade freigeschnittenen Wegen und Waldsäumen. Schon deshalb müsse das Waldpark-Pflegewerk spätestens 2030 verlängert und mit weiterem Geld ausgestattet werden, fordert Martin Lenser von der Skiwiesen-BI.